Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich das Anliegen der Kommission, die horizontalen Defizite entsprechend dem neuen Rechtsrahmen (NLF-New Legislative Framework) als Teil des Binnenmarktpakets auch für elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen zu beseitigen.
- 2. Er begrüßt es, dass mit diesem Vorschlag harmonisierte Definitionen der Begriffe eingeführt werden, die in allen Harmonisierungsrechtsvorschriften der EU einheitlich verwendet werden und deshalb eine übereinstimmende Bedeutung in allen diesen Vorschriften erhalten sollten.
- 3. Der Bundesrat unterstützt auch das Anliegen, durch die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit der Produkte und durch ein wirksameres Vorgehen gegen Produkte, bei denen die Rechtsvorschriften nicht eingehalten wurden, für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.
- 4. Der Bundesrat befürchtet bei entsprechender Auslegung von Artikel 19 Absatz 1 einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Marktüberwachungsbehörden verpflichtet würden, alle auffällig gewordenen Produkte dahingehend zu beurteilen, ob sie alle in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllen, wenn sie den hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass dieses Produkt die Sicherheit von Personen oder Nutztieren oder die Erhaltung von Sachwerten gefährdet.
Diese Auslegung würde zu unnötigen Belastungen und Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch für die Behörden führen, da in jedem Fall eine umfängliche Produktprüfung durchgeführt werden müsste, die weitgehend einer Baumusterprüfung entspricht, um die Übereinstimmung mit allen Anforderungen der Richtlinie beurteilen zu können. Dies bringt keinen entscheidenden Vorteil, da ein Produkt, das die Sicherheit von Personen oder Nutztieren oder die Erhaltung von Sachwerten gefährdet, ohnehin nicht auf dem Markt bereitgestellt werden darf.
- 5. Er bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die Formulierung in Artikel 19 dahingehend klarer gefasst wird, dass die Notwendigkeit der Beurteilung aller Anforderungen der Richtlinie nicht im Sinne einer vollständigen Prüfung des Produkts interpretiert werden kann.
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass im Anhang IV (Konformitätserklärung) die Vorgabe unter Punkt 4 (Gegenstand der Erklärung, also das konkrete Produkt) von der ursprünglichen Formulierung des Beschlusses Nr. 768/2008 abweicht. Die ursprüngliche Formulierung im Rahmen der EU-Konformitätserklärung benennt ein Foto des Produkts als mögliche Kennzeichnung zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit eines Produkts. Im aktuellen Richtlinienvorschlag wird hingegen eine Farbabbildung des Produkts in der Konformitätserklärung als "Muss" gefordert.
Diese strengere Vorgabe ist nicht notwendig, da alle relevanten Betriebsmittel über eine eindeutige alphanumerische Kennzeichnung und ein Typenschild verfügen und somit eine Rückverfolgbarkeit ohnehin gesichert ist. Zudem können elektrische Betriebsmittel unterschiedlicher Hersteller ein identisches Erscheinungsbild haben, insbesondere bei genormten Bauteilen. Das bedeutet, dass diese elektrischen Betriebsmittel durch äußerliche Merkmale nicht zu unterscheiden und einem Hersteller zuzuordnen sind. Eine Farbabbildung trüge demnach nicht wesentlich zur Identifikation für die Produktrückverfolgung bei. Eine Verschärfung der EU-Konformitätsrichtlinien ist in diesem Zusammenhang ohne zusätzlichen Nutzwert und daher nicht sinnvoll und verursacht lediglich zusätzliche Kosten beim Hersteller bzw. Einführer.
Der Bundesrat regt daher an, zur ursprünglichen Formulierung des Beschlusses Nr. 768/2008 im Anhang III unter Punkt 4 für die EU-Konformitätserklärung zurückzukehren.