Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, den 4. Dezember 2012
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat am 4. Dezember 2012 beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte Entschließung des Bundesrates - Schaffung eines Bundespräventions- und Gesundheitsförderungsgesetzes zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz
Entschließung des Bundesrates - Schaffung eines Bundespräventions- und Gesundheitsförderungsgesetzes
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass angesichts des demografischen Wandels, längerer Lebensarbeitszeiten, einer Zunahme chronischer Krankheiten und der ungleichen Verteilung von Gesundheitschancen eine Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland dringend erforderlich ist. Wirkungsvolle Prävention und Gesundheitsförderung sind geeignet, die Lebenserwartung und die Zahl der gesunden Lebensjahre zu steigern und die Lebensqualität zu erhöhen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, ein Bundespräventions- und Gesundheitsförderungsgesetz vorzulegen.
- 2. Der Bundesrat betont, dass für eine wirkungsvolle Gesundheitsförderung und Prävention, Bund, Länder, Kommunen und alle Sozialversicherungszweige sowie die private Krankenversicherung auf gesetzlicher Grundlage zusammenarbeiten müssen. Dafür notwendig sind eine verstärkte und verbindliche Koordinierung und Vernetzung in abgesicherten und angemessen ausgestatteten Strukturen sowie eine klare Definition der jeweiligen Aufgaben
- 3. Ein umfassendes Bundespräventions- und Gesundheitsförderungsgesetz sollte folgende inhaltliche und strukturelle Vorgaben erfüllen:
- - Alltagsnahe Gestaltung und Intensivierung von langfristig angelegten Prozessen der Gesundheitsförderung und primärer Prävention insbesondere in den Lebenswelten (z.B. Familie, Kindertagesstätte, Schule, Betrieb, Senioreneinrichtung); - Förderung von Gesundheitskompetenzen von Menschen und von Organisationen;
- - Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen;
- - Verbesserung der Steuerung und Koordination der Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialversicherungsträgern und weiteren Einrichtungen;
- - Stärkung der Evaluation und Qualitätssicherung von Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen
- 4. Der Bundesrat sieht es als notwendig an, auf der Bundesebene folgende Festlegungen vorzunehmen:
- - Definition nationaler Gesundheits- und Präventionsziele, die gemeinsam von Bund und Ländern und den Sozialversicherungen abgestimmt und entwickelt werden. Dabei kann an der bisherigen Arbeit von "gesundheitsziele.de" als ein bewährtes, von allen Beteiligten gemeinsam getragenes Konsensgremium angeknüpft werden;
- - Qualitätssicherung und Entwicklung
Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen sind nur zu rechtfertigen, wenn sie erfolgversprechend und qualitätsgesichert sind. Qualitätssicherung umfasst sowohl die Art und Weise der, als auch Zielkriterien zum Nachweis der Wirksamkeit. Für die Sicherstellung der Qualität soll in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein nationales Kompetenzzentrum für Qualitätssicherung aufgebaut werden;
- - Die Gesundheitsförderungs- und Präventionsforschung ist eine nationale Aufgabe. Ziel ist es, die konkreten Wirkungen eingeleiteter Interventionen auf die Verbesserung der Gesundheit, der gesundheitlichen Chancengleichheit, von Gesundheitskompetenzen und Gesundheitsverhalten nachzuweisen.
- - Der Bund unterhält aus eigenen Mitteln in Abstimmung mit den Ländern langfristige, themenspezifische nationale Förderprogramme zur Prävention und Gesundheitsförderung.
- 5. Der Bundesrat hält es für erforderlich, die operative Ebene für die Umsetzung von Prävention und Gesundheitsförderung auf der Landesebene mit ihren regionalen und kommunalen Strukturen anzusiedeln:
- - sollen auf der Grundlage der nationalen - und, ggf. ergänzt durch landesweite Schwerpunkte in eine mehrjährige programmatische Struktur in Kooperation mit den Sozialversicherungsträgern, Leistungserbringern und anderen umgesetzt werden. Kommunen werden auf geeignete Weise in diese durch Landesgesetzgebung eingebunden.
- - Die Länder werden durch den Bund ermächtigt, einzurichten. Darin fließen die Mittel der Sozialversicherungsträger und der Länder ein, die für Maßnahmen im Rahmen der verwendet werden. Die Länder betonen damit auch ihre eigene Verpflichtung, sich in bisherigem Maße für die Prävention und Gesundheitsförderung zu engagieren.
- - Einbindung der Sozialversicherungsträger Die beteiligten Sozialversicherungszweige werden durch das Gesetz veranlasst, auf Länderebene an der Entwicklung und Umsetzung der teilzunehmen. Die Beteiligung erfolgt einerseits durch eine Mitfinanzierung der und andererseits in eigener Verantwortung der Sozialversicherungen, soweit individuelle Leistungen zur Förderung von Gesundheitskompetenzen und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung eigenständig durchgeführt werden sollen.
- 6. Gerade angesichts der Entwicklung ist eine Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung notwendig, um Ausgaben für Krankenbehandlung und andere soziale Folgekosten zu vermeiden. Deshalb werden alle Sozialversicherungsträger und die private Krankenversicherung verpflichtet, eine deutliche Steigerung ihrer bisherigen Aufwendungen für diesen Bereich vorzunehmen und in der Zukunft zu dynamisieren.
Die aktuell von der GKV aufgebrachten Mittel pro Versicherten sind mindestens zu verdoppeln und um die Beträge der anderen Sozialversicherungen zu ergänzen. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung haben die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Pflegeversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung sich proportional mit insgesamt rund 25 % der aufzubringenden Summe an der Finanzierung zu beteiligen. Die private Krankenversicherung hat ergänzende Zahlungen zu leisten. Die Mittel sollen zu 50 % in die Länderpräventionsfonds fließen für gemeinsame Präventionsmaßnahmen in Lebenswelten. 50 % verbleiben in Eigenverantwortung der Sozialversicherungsträger u.a. für Maßnahmen der Verhaltensänderung und der betrieblichen Gesundheitsförderung.
- 7. Der Bundesrat hält nur eine gesamtgesellschaftliche und umfassende Präventionsstrategie für erfolgversprechend, insbesondere wenn als Interventionsebene Lebenswelten in den Mittelpunkt gestellt werden. Er betont, dass berufsgruppenübergreifende, nicht nur medizinisch ausgerichtete Präventionsmaßnahmen notwendig sind, um den genannten Zielen Rechnung zu tragen.
- 8. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregierung zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegt, der intensiv mit den Ländern erörtert und abgestimmt wird.