840. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2007
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel einer Modernisierung des rechtlichen Rahmens der europäischen Statistik. Allerdings enthält der Verordnungsvorschlag einige Regelungen, die so nicht unterstützt werden können. Deshalb wird die Bundesregierung gebeten, im weiteren Verfahren auf möglichst eindeutige Formulierungen im Verordnungstext zu drängen und vor allem in folgenden Bereichen für Klarstellungen bzw. Änderungen einzutreten:
Die statistischen Prinzipien sollten sich aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit an Artikel 285 EGV ausrichten. Verweise auf andere Quellen - wie z.B. den "Code of Practice" oder die rechtlich unbestimmten "vorbildlichen internationalen Verfahren" - sollten im Verordnungstext unterbleiben.
- 2. In der Verordnung sollte das Prinzip der "fachlichen Unabhängigkeit" nicht vorgesehen werden. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung bereits mit Beschluss vom 7. November 2003 auf, bei der Verhandlung zum EU-Verfassungsvertrag jeder Änderung des Statistikartikels (Artikel 285 EGV) entgegenzutreten (vgl. BR-Drucksache 771/03 (PDF) ). Damals war in der Diskussion, bei der aktuellen Fassung des Artikel 285 Abs. 2 EGV die Begriffe der "Objektivität" und der "wissenschaftlichen Unabhängigkeit" durch den neuen unbestimmten Rechtsbegriff der "fachlichen Unabhängigkeit" zu ersetzen. Dem widersprach der Bundesrat.
- 3. Der Verordnungsvorschlag entspricht in einigen Punkten nicht den Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Dies gilt z.B. für die Artikel 4 und 5, die Regelungen zur internen Koordination enthalten. Die Regelung solcher Fragen ist nicht Sache der EU, sondern ist den Mitgliedstaaten zu überlassen.
Die im Ergebnis vorgesehene Trennung des seitherigen Ausschusses für das Statistische Programm (ASP) in zwei Gremien, eine ESS-Partnerschaftsgruppe (Artikel 4) und einen Ausschuss für das Europäische Statistische System (ESS-Ausschuss - Artikel 27), die insgesamt weniger Einfluss haben würden als der derzeitige ASP, ist abzulehnen. Es ist darauf hinzuwirken, dass die bestehenden Kompetenzen des ASP nicht reduziert werden. Zudem ist eine weitere Ausdehnung der Zahl der Gremien im ESS auch unter Bürokratiegesichtspunkten abzulehnen.
- 4. Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen, das ESS so zu gestalten, dass es für die Länder weitgehend kostenneutral ist und keine neuen Belastungen für die Auskunftspflichtigen erzeugt. Dies sollte durch eine Messung des gesamten Programms nach dem Standardkostenmodell sichergestellt werden (vgl. BR-Drucksache 869/06(Beschluss) vom 16. Februar 2007). Hierzu enthält Artikel 11 keine klaren Aussagen. Zudem ist kein klares Gebot zur Kostensenkung enthalten. Deshalb ist Artikel 11 in der genannten Weise zu ergänzen.
- 5. Die Regelungen zu den zeitlich begrenzten Direktmaßnahmen der Kommission (Eurostat) in Artikel 15 sehen keine finanzielle Kompensation durch die Kommission vor. Zusätzliche Kosten, die in den Mitgliedstaaten durch solche Maßnahmen entstehen, sollten aber von der Kommission im Rahmen ihrer vorhandenen Ressourcen getragen werden.
Die Regelungen zum Thema statistische Geheimhaltung sind zum Teil vage und gehen auf den ersten Blick über die bestehenden Regelungen hinaus (Artikel 18, 19, 22). Daher sollten diese Regelungen noch im Detail geprüft werden.
Das Thema Prioritätensetzung/Entlastung sollte noch stärker in der Verordnung verankert werden. Die Formulierungen im Verordnungsvorschlag zur Entlastung der Befragten gehen hier nicht weit genug. Außerdem dürfen die in der Verordnung vorgesehenen Regelungen nicht zu neuen Belastungen für die Statistischen Ämter führen.
- 6. Die Definition des Statistischen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit (Artikel 2) sollte ausdrücklich auch eine möglichst geringe Belastung der Auskunftgebenden einschließen, so wie dies im Wortlaut der geltenden Verordnung der Fall ist.
Eine Analyse der Wirtschaftlichkeit (Artikel 12) sollte nicht erst bei der Durchführung statistischer Einzelmaßnahmen erfolgen, sondern analog Artikel 4 der geltenden Verordnung im Rahmen einer Vorab-Prüfung des Statistischen Programms.