891. Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2011
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Verkehrsausschuss (Vk) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Allgemeines
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/126/EG.
- 2. Der Bundesrat sieht in dem Vorschlag, die Fahrerkarte und den Führerschein zusammenzuführen, eine praktikable Lösung, um den betrügerischen Möglichkeiten - insbesondere bei der Fahrerkarte - entgegenzuwirken.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 3)
- 3. Er erkennt die Bestrebungen der Kommission an, durch die Zusammenführung von Fahrerkarte und Führerschein in einem Dokument Betrug und Missbrauch vorzubeugen und Verwaltungsaufwand zu verringern.
- 4. Die Kontrollen können damit auch effektiver durchgeführt werden. Außerdem steht zu erwarten, dass die vorgesehene einheitliche Gültigkeitsdauer beider Karten zu einer Verwaltungsvereinfachung führen wird.
- 5. Die Bundesregierung wird gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass auch bei Zusammenführung der zwei Dokumente und Aufnahme eines Mikrochips in das Führerscheindokument die Funktionalität der Fahrtenschreiber und Prüfgeräte gewährleistet bleibt. Dies sollte gegebenenfalls durch Tests gesichert werden.
- 6. Der Bundesrat ist ebenfalls der Auffassung, dass die Zusammenführung von Fahrerkarten und Führerscheinen es erleichtern würde, zu verhindern, dass Fahrer zwei verschiedene Karten verwenden sowie anderen Fahrern ihren Führerschein zur betrügerischen Verwendung des Fahrtenschreibers überlassen. Allerdings könnte die Gefahr bestehen, dass Fahrer sich in einem anderen Mitgliedstaat einen zweiten Führerschein verschaffen, um z.B. Fahrverbote umgehen zu können. Die Bundesregierung wird daher gebeten zu prüfen, ob weitere Maßnahmen - z.B. eine Sanktionierung des Besitzes zweier Führerscheine - erforderlich sind.
Zu einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 7a Absatz 2:
- 7. Die im neuen Artikel 7a Absatz 2 vorgesehene 1-Monatsfrist ist nicht umsetzbar. Die Ausstellung eines Führerscheins setzt die Erteilung einer Fahrerlaubnis voraus. Diese ist - im Gegensatz zum bisherigen Verfahren bei der Ausstellung einer Fahrerkarte - wiederum an die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gebunden, insbesondere an das in Artikel 4 vorgesehene Mindestalter sowie an das gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a geforderte Bestehen einer Prüfung und Erfüllen der gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie. Zwischen Antragseingang und Erfüllung der Voraussetzungen liegt regelmäßig mehr als ein Monat. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass Artikel 7a Absatz 2 gestrichen wird, oder alternativ um Ergänzung durch die Formulierung:
"Die genannte Frist beginnt erst mit der vollständigen Vorlage aller erforderlichen Antragsunterlagen und Angaben und wenn alle Erteilungsvoraussetzungen vorliegen.".
(bei Annahme entfallen Ziffern 9 und 10)
Zu Artikel 7b Absatz 2:
- 8. Vorgenanntes gilt auch für die Verlängerung einer bestehenden Fahrerlaubnis. Fallen Verlängerung der Fahrerlaubnis und Verlängerung der Fahrerkarte zusammen (was auf Grund der Gebühren die Regel sein dürfte), so kann die Ausstellung eines neuen Führerscheins nur nach Erfüllung aller Voraussetzungen - insbesondere der gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe des Anhangs III der Richtlinie - erfolgen. 15 Werktage sind hierfür zu knapp, wenn nicht bei Antragstellung alle Voraussetzungen erfüllt bzw. nachgewiesen sind. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass Artikel 7b Absatz 2 um eine Formulierung wie z.B. "Die genannte Frist beginnt erst mit der vollständigen Vorlage aller erforderlichen Antragsunterlagen sowie Angaben und wenn alle Erteilungsvoraussetzungen vorliegen." ergänzt wird.
(Bei Annahme entfällt Ziffer 10)
Zu Artikel 7a Absatz 2, Artikel 7b Absatz 1 und Artikel 7c Absatz 4:
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der weiteren Beratungen darauf hinzuwirken, dass die in Artikel 7a Absatz 2, Artikel 7b Absatz 1 und Artikel 7c Absatz 4 vorgesehenen Fristen so bemessen werden, dass eine ordnungsgemäße Bearbeitung bei den zuständigen Behörden, die Ausstellung des Führerscheins und dessen Übersendung an den Antragsteller gewährleistet sind. Die im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Fristen sind viel zu kurz. So sieht beispielsweise die Führerschein-Verwaltungsvorschrift vom 22. Dezember 1998 in der Fassung der Änderung vom 15. Dezember 2010 (BAnz. 2010, S. 4249) allein für Normallieferung eines Führerscheins eine Laufzeit von regelmäßig zehn Tagen vor.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 7)
- 10. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die im Richtlinienvorschlag genannten Fristen erst dann zu laufen beginnen, wenn die Antragsunterlagen vollständig der zuständigen Behörde vorliegen.
(Entfällt bei Annahme von Ziffer 7 oder Ziffer 8)
Zu Artikel 7c Absatz 2 und 3:
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Handlungsverpflichtung konkretisiert wird. Es ist unklar, wer den Diebstahl oder den Verlust melden muss. Angaben hierzu kann aber nur der Fahrer machen. Daher sollte die Verpflichtung zur Anzeige dem Fahrer auferlegt werden.
Zu Artikel 7c Absatz 4:
- 12. Auf die Ausstellung einer Ersatz-Fahrerkarte besteht ein Rechtsanspruch. Die Ausstellung kann aber nur dann erfolgen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass dies durch den Zusatz "soweit die Voraussetzungen hierzu vorliegen" klargestellt wird.
Weiteres
- 13. Außerdem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass in die Richtlinie eine Regelung hinsichtlich der weiteren Gültigkeit der Fahrerlaubnis für den nicht beruflichen Bereich aufgenommen wird, wenn der Führerschein mit integrierter Fahrerkarte aus Gründen, die nur den Bereich der Sozialvorschriften betreffen, vorübergehend oder endgültig einbehalten wird.
B
- 14. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.