Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, den 2. September 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zur Förderung der Stipendienkultur
mit dem Antrag zuzuleiten, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Ich bitte, den Entschließungsantrag unter Wahrung der Rechte aus § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Abs. 2 GOBR in die Tagesordnung der Plenarsitzung des Bundesrates am 18. September 2009 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Rüttgers
Entschließung des Bundesrates zur Förderung der Stipendienkultur
- 1. Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands hängt in entscheidendem Maße davon ab, ob es gelingen wird, in hinreichendem Maße Fachkräfte auszubilden, die in Wirtschaft, Kultur, Verwaltung und Zivilgesellschaft Verantwortung übernehmen. Die Erhöhung der Anzahl der Studienanfänger zählt daher zu den zentralen Herausforderungen für die Bildungspolitik der Zukunft. Mit dem Hochschulpakt II haben Bund und Länder wichtige Voraussetzungen geschaffen, um auch in Zeiten wachsender Studiennachfrage qualitativ hochwertige Möglichkeiten zur Aufnahme eines Studiums vorzuhalten.
- 2. Neben der Bereitstellung von Studienplätzen müssen auch die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Studienfinanzierung weiterentwickelt werden. Der Bundesrat würdigt ausdrücklich die erheblichen Leistungen der Familien und erkennt die Anstrengungen vieler Studierender an, Studium und Erwerbstätigkeit vereinen zu müssen. Gegenwärtig erhalten lediglich ca. zwei Prozent der Studierenden in Deutschland Stipendien, zumeist der Begabtenförderungswerke; oftmals handelt es sich hierbei allerdings nur um ein geringes Büchergeld. Ca. 20 Prozent der Studierenden in Deutschland kommen in den Genuss von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Für den Bereich der staatlichen Ausbildungsförderung sind mit dem 22. BAföG Änderungsgesetz bereits wichtige Schritte erfolgt. Auch der deutliche Ausbau der Förderkapazitäten der Förderwerke während der 16. Legislaturperiode wird vom Bundesrat begrüßt. Allerdings sind die Fördersätze im Rahmen der Hochbegabtenförderung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen.
- 3. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass es erforderlich ist, die Studienfinanzierung auf eine breitere Grundlage zu stellen und neben der Hochbegabtenförderung durch die Förderwerke und dem BAföG elternunabhängige Stipendien für bis zu 10 Prozent der Besten eines jeweiligen Jahrgangs einzuführen. Solche Stipendien sollten in enger Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen dezentral entwickelt und anteilig von Privaten und der öffentlichen Hand finanziert werden. Die dezentrale Organisation ermöglicht es Bürgern, Unternehmen sowie den Hochschulen, eigenständige Schwerpunkte zu definieren und trägt damit auch zur Profilbildung der Hochschulen bei. Unternehmen werden auf diese Weise in die Lage versetzt, frühzeitig mit jungen Nachwuchskräften in Kontakt zu kommen.
- 4. Langfristiges Ziel muss es sein, eine Stipendienkultur zu entwickeln, in der Unternehmen, Verbände, Stiftungen aber auch Privatpersonen ihren Beitrag zur Förderung der jungen Generationen leisten. Deutschland kann hierbei viel von anderen Ländern lernen. Durch eine auf zwei Säulen ruhende Studienfinanzierung kann dazu beigetragen werden, die Studierneigung weiter zu erhöhen und somit einen nachhaltigen Beitrag für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland zu leisten.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in Zusammenarbeit mit den Ländern ein integriertes Konzept zur Studienfinanzierung zu erarbeiten, welches auf institutioneller wie hochschulbezogener Begabtenförderung sowie dem BAföG basiert und langfristig ausgewogene Rahmenbedingungen für die Studienfinanzierung bietet.