Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Vierten Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 10. Februar 2014 zu der oben genannten Entschließung des Bundesrates Folgendes mitgeteilt:

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. November 2013 die o.g. Entschließung gefasst. Damit fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich für ein grundsätzliches Verbot der Anwendung von Glyphosat zur Abreifebeschleunigung von Getreide (Sikkation) einzusetzen und allenfalls klar begrenzte Ausnahmen zuzulassen.

Weiter bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die rechtlichen Grundlagen für ein Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Herbizide im Haus- und Kleingartenbereich zu schaffen.

Die Prüfung sowohl der rechtlichen als auch fachlichen Aspekte hat Folgendes ergeben:

Rechtliche Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Die Verordnung sieht dabei vor, dass Pflanzenschutzmittelwirkstoffe europaweit genehmigt werden. Die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels mit einem genehmigten Wirkstoff erfolgt dann national auf der Basis EU-weit geltender Regeln. Bei Glyphosat handelt es sich um einen derzeit genehmigten Wirkstoff.

Zur Sikkation

Gemäß Artikel 31 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ist bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Einklang mit der EU-weiten Genehmigung des Wirkstoffs festzulegen, für welche Verwendungszwecke das Pflanzenschutzmittel verwendet werden darf, wobei der Verwendungszweck zuzulassen ist, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind.

Da es sich um eine Entscheidung im Rahmen der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels handelt, liegt die Zuständigkeit hierfür gemäß § 33 Absatz 1 Nr. 1 PflSchG bei dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als Zulassungsbehörde, das im Benehmen bzw. Einvernehmen mit den Bewertungsbehörden Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Julius Kühn-Institut (JKI) und Umweltbundesamt (UBA) entscheidet. Bei der Verwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zur Abreifebeschleunigung handelt es sich um ein zugelassenes Anwendungsgebiet.

Seitens der Bundesregierung besteht keine Möglichkeit, durch Verordnung eine Verwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel zur Abreifebeschleunigung zu verbieten, da § 14 Absatz 3 PflSchG ausdrücklich festlegt, dass ein mit der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels festgesetztes Anwendungsgebiet nicht durch Rechtsverordnung ausgeschlossen werden darf.

Seitens BVL ist vorgesehen unter Berücksichtigung der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 der Kommission vom 10. Juni 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich einheitlicher Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln aber die Beschreibung der Anwendung "Sikkation" und die Erforderlichkeit noch einmal überprüft werden. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dann grundsätzlich auf alle zur Sikkation zugelassenen Pflanzenschutzmittel in Deutschland anzuwenden.

Im Rahmen der derzeit anstehenden Überarbeitung der Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz ( § 3 Pflanzenschutzgesetz) soll außerdem die Frage der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zum Zweck der Sikkation deutlicher aufgegriffen werden.

Die regelmäßige Anwendung von Glyphosat zur Arbeitserleichterung (Druschoptimierung) entspricht nicht der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz. Die aktualisierten Grundsätze der guten fachlichen Praxis sollen hierzu künftig entsprechende Aussagen treffen.

Es obliegt den Ländern, zusätzlich Anordnungen gemäß Pflanzenschutzgesetz zur Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz zu treffen, deren Nichteinhaltung bußgeldbewehrt und Cross-Compliancerelevant wäre.

Zur Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich

In Bezug auf ein Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel zur Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich stellt sich die rechtliche Situation zur Zeit wie folgt dar:

Gemäß § 12 Absatz 3 Satz 2 PflSchG dürfen im Haus- und Kleingartenbereich nur Pflanzenschutzmittel angewendet werden, die für die Anwendung durch nichtberufliche Verwender zugelassen sind oder die für berufliche Verwender zugelassen sind und für die das BVL die Eignung zur Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Absatz 2 PflSchG unter Berücksichtigung der EU-Wirkstoffgenehmigung festgestellt hat.

Gemäß Artikel 31 Absatz 4 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ist bei der Zulassung auch die Festlegung von Verwenderkategorien (beruflich /nichtberuflich) vorzunehmen, woraus sich die Zuständigkeit der jeweiligen Zulassungsbehörde, in Deutschland des BVL, für diese Entscheidung ergibt.

Durch die Bezugnahme auf die Einstufung eines Pflanzenschutzmittels durch das BVL in § 12 Abs. 3 Satz 2 PflSchG hat der Gesetzgeber letztlich auch die Entscheidung über die zulässige Anwendung eines Pflanzenschutzmittels im Haus- und Kleingartenbereich dem BVL übertragen.

Wollte man die Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln im Hausund Kleingartenbereich untersagen, könnte dies nur durch eine Verordnung, gestützt auf § 14 Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a PflSchG erfolgen. Voraussetzung für eine solche Verordnung ist jedoch, dass sie zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier oder zum Schutz vor Gefahren, insbesondere für den Naturhaushalt erforderlich ist. Bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels wird die Zulassungsfähigkeit anhand strenger, in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegter Kriterien geprüft. Geprüft werden ebenfalls die Fragen, welche Anwendungsgebiete und welche Verwender für ein Pflanzenschutzmittel in Betracht kommen. Hat die vom Gesetzgeber bestimmte Zulassungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen unter Berücksichtigung der Bewertung der an der Zulassung beteiligten Bewertungsbehörden positiv festgestellt, lässt sich nicht begründen, warum eine Gefahr für die in § 14 Abs. 1 PflSchG genannten Schutzgüter besteht.

In Bezug auf einen möglichen Fehlgebrauch ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung jedes Pflanzenschutzmittels auf befestigten Freilandflächen ohne Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Behörde bereits durch § 12 Abs. 1 PflSchG untersagt ist und entsprechend bußgeldbewehrt ist, so dass die Erforderlichkeit eines zusätzlichen Verbotes zweifelhaft ist. Der Vollzug dieser Vorschriften und deren Überwachung obliegt den zuständigen Behörden der Länder.

Die Möglichkeit eines Fehlgebrauchs besteht grundsätzlich, ohne dass dies zum Verbot von Anwendungen führen darf, die mit der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 oder dem Pflanzenschutzgesetz vereinbar sind.