Der Bundesrat hat in seiner 963. Sitzung am 15. Dezember 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt die Arbeiten der Kommission für ein faires Steuersystem im digitalen Binnenmarkt. Auch Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen müssen angemessen besteuert werden. Der digitale EU-Binnenmarkt erfordert ein modernes Steuerrecht für die digitale Wirtschaft, das eine faire Besteuerung sicherstellt. Die geltenden steuerlichen Vorschriften sind im Falle des grenzüberschreitenden elektronischen Handels nicht mehr zeitgemäß. Der Stand der Digitalisierung variiert von Branche zu Branche sowie zwischen Großunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), so dass unzureichende steuerliche Regelungen ungleiche Wettbewerbsbedingungen zur Folge haben können. Die Lösung des Problems drängt. Auch aus Sicht des Bundesrates begünstigt Untätigkeit auf diesem Gebiet die Möglichkeiten der Steuerumgehung, führt zu Wettbewerbsverzerrungen, beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der EU, verhindert eine faire Besteuerung und gefährdet die Nachhaltigkeit der Haushalte der Mitgliedstaaten.
- 2. Er spricht sich wie die Kommission für die Gewährleistung des Grundsatzes aus, dem zufolge alle in der EU tätigen Unternehmen ihre Steuern am Ort der Wertschöpfung zahlen. Der Bundesrat begrüßt, dass in der Agenda der Kommission eine zeitnahe Prüfung der vorliegenden Vorschläge vorgesehen ist. Dazu gehört die bereits eingeleitete öffentliche Konsultation zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Nach Ansicht des Bundesrates bedarf das Problem der Besteuerung digitaler Unternehmen auch einer zeitnahen Lösung.
- 3. Er ist weiter der Auffassung, dass die Besteuerung der digitalen Geschäftsmodelle möglichst global gelöst werden sollte. Unabhängig davon hält er es für entscheidend, dass die EU in diesen Fragen auf internationaler Ebene politische Impulse setzt und gegebenenfalls parallel zu den globalen Überlegungen alle verfügbaren Optionen einschließlich neuer Grundsätze für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft im Binnenmarkt einer Prüfung unterzieht. Das erscheint umso wichtiger, als in vielen Fällen international tätige Unternehmen mit Hauptsitz außerhalb Europas betroffen sind. Doppelbesteuerungen sollten dabei möglichst vermieden werden.
- 4. Der Bundesrat verweist auf die Absicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), im Frühjahr 2018 einen Bericht zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorzulegen, und begrüßt ausdrücklich, dass die EU ihre Überlegungen mit der OECD abstimmen will. Bis zur Vorlage des OECD-Berichts sollten Entscheidungen über rein europäische Maßnahmen zurückgestellt werden.
- 5. Er verweist weiterhin darauf, dass eine Abgrenzung zwischen Unternehmen der digitalen Wirtschaft und "althergebrachten" Unternehmen zunehmend auf Schwierigkeiten stößt. Die Digitalisierung schreitet in allen Bereichen voran. Es ist daher nicht auszuschließen, dass mögliche neue Besteuerungsregeln letztlich für alle Branchen und Unternehmen gelten werden. Es bedarf somit vor der Einführung neuer Regelungen auch einer eingehenden Prüfung der möglichen Lösungen und deren Wirkungen. Insbesondere sollte die Kompatibilität mit den bestehenden bzw. angestrebten Regelungen der internationalen Gewinnaufteilung und dem Prinzip der Besteuerung am Ort der Wertschöpfung im Auge behalten werden.
- 6. Digitale Geschäftsmodelle sind nicht in allen Fällen der Grund für ungerechtfertigte Steuervorteile. Innerhalb der EU haben sich die Mitgliedstaaten auf eine Reihe weitreichender neuer Vorschriften zur Eindämmung aggressiver Steuerplanung und zur Verbesserung der Steuertransparenz verständigt. Zur Lösung der Probleme können auch für alle Unternehmen geltende Maßnahmen beitragen, wie zum Beispiel die zügige Umsetzung der auf europäischer Ebene bereits beschlossenen Maßnahmen gegen Steuervermeidung in allen Mitgliedstaaten.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer und internationaler Ebene für eine zeitnahe Lösung zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft unter Berücksichtigung vorstehender Erwägungen einzusetzen und die Länder bei der Entscheidungsfindung angemessen zu beteiligen.