890. Sitzung des Bundesrates am 25. November 2011
Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat,
zu dem Gesetz gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses aus folgendem Grund zu verlangen:
Zu Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 9 (Inhaltsübersicht und § 34h - neu - GewO)
Artikel 5 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 1 Buchstabe b ist in der Inhaltsübersicht nach der Angabe zu § 34g folgende Angabe anzufügen:
" § 34h Zuständige Behörde".
- b) Nummer 9 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Die Angabe " §§ 34f und 34g" ist durch die Angabe " §§ 34f, 34g und 34h" zu ersetzen.
- bb) Nach § 34g ist folgender § 34h anzufügen:
" § 34h Zuständige Behörde
Zuständige Behörde im Sinne der §§ 34f und 34g ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht."
Begründung:
Nach dem Gesetz sollen Vermögensanlagen im Sinne des neuen Vermögensanlagengesetzes künftig als Finanzinstrumente im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und des Kreditwesengesetzes qualifiziert werden. Damit würde deren Vertrieb durch Banken und Sparkassen unmittelbar den anlegerschützenden Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterfallen. Dieser Ansatz ist zu begrüßen.
Nicht sachgerecht ist es aber, freie Vermittler und Anlageberater (nach dem Gesetzentwurf so genannte Finanzanlagenvermittler) weiterhin einer allein gewerberechtlichen Aufsicht durch die zuständigen Landesbehörden zu unterstellen.
Zum Ersten bestehen erhebliche Zweifel, dass damit ein effektiver Vollzug gewährleistet werden kann. Diese Einschätzung hat der Bundesrat bereits in Zusammenhang mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz geäußert (vgl. BR-Drs. 584/10(B) , Ziffer 1 Buchstabe b). Sie wird auch von vielen Verbraucherverbänden, weiten Teilen der Finanzbranche und der Deutschen Bundesbank geteilt. Für den Vertrieb von Produkten des Grauen Kapitalmarkts sollten vielmehr die gleichen Bedingungen gelten wie für den Vertrieb von Wertpapieren und Anteilen an Investmentfonds. Das bedeutet eine umfassende Überwachung auch der Finanzanlagenvermittler durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Diese verfügt insbesondere über die notwendige fachliche Expertise und könnte zudem einen einheitlichen Vollzug über die Ländergrenzen hinweg sicherstellen. Nicht zuletzt war es auch die Intention des Bundes, mit der Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Jahr 2002 eine Finanzaufsicht "aus einem Guss" zu etablieren. Der vom Bundesministerium für Finanzen im Mai 2010 vorgelegte Diskussionsentwurf für ein Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz sah entsprechend eine umfassende Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vor. Dieser Ansatz wurde jedoch weder in das inzwischen verkündete Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz noch in das nun vorgelegte Gesetz übernommen.
Zum Zweiten wird die vorgesehene laufende Aufsicht über Finanzanlagenvermittler (unter anderem die Auswertung der - nunmehr nach Anwendungsbereich und Prüfungsumfang ausgeweiteten - regelmäßigen Prüfungsberichte) voraussichtlich zu erheblichem Mehraufwand bei den hierfür zuständigen Behörden der Länder führen. Eine Abdeckung dieses Mehraufwands durch
Gebühren wird jedenfalls in den Fällen ausscheiden, in denen die Prüfungsergebnisse zu keinen aufsichtlichen Konsequenzen führen. Damit wird der Mehraufwand in die Haushalte der Länder verlagert, wohingegen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht solche Kosten typischerweise im Wege der Umlage (§ 16 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes) von den beaufsichtigten Unternehmen selbst zu tragen sind.
Gegen eine Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wurde vorgebracht, dass die damit einhergehende Einbeziehung der Finanzanlagenvermittler in den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes und des Kreditwesengesetzes unverhältnismäßig sei. Insbesondere entstünden dadurch erhebliche Kosten, die die wirtschaftliche Existenz der oftmals als Einzelunternehmen operierenden Finanzanlagenvermittler in Frage stellten. Beispielhaft wurden die Kosten für die Einbeziehung in die Entschädigungseinrichtung für Wertpapierhandelsunternehmen oder die Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes angeführt. Diese Kosten fallen aber gerade nicht an, wenn die Finanzanlagenvermittler nicht umfassend in den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes und des Kreditwesengesetzes einbezogen werden, sondern die gewerberechtliche Regulierung mit einer Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kombiniert wird.
Die Argumentation mit den bei den Finanzanlagenvermittlern anfallenden Kosten ist aber ohnehin nicht sachgerecht, da die zumeist mittelständischen Finanzanlagenvermittler nicht ohne die dahinter stehenden, zumeist nicht mittelständischen Finanzdienstleister betrachtet werden können. Die laufende Beaufsichtigung der Finanzanlagenvermittler durch die zuständigen Gewerbebehörden (auf Kosten der Länder) würde folglich solche Finanzdienstleister privilegieren, die ihre Produkte gezielt über Finanzanlagenvermittler vertreiben. Im Übrigen bleibt es dem Bund unbenommen, die Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz mittelstandsfreundlich auszugestalten.
Die Ausnahme vom Grundsatz der Länderexekutive erfolgt auf Grundlage von Artikel 87 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.