Der Bundesrat hat in seiner 891. Sitzung am 16. Dezember 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Kommission, die soziale Verantwortung der Unternehmen (corporate social responsibility = CSR) zu fördern. Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist grundlegend für die nachhaltige und sozial ausgewogene Entwicklung der Wirtschaft. CSR ist im Interesse der Gesellschaft insgesamt; zur Erschließung des Potenzials von CSR bedarf es einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung.
- 2. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass CSR eine wichtige und sinnvolle Form des Engagements von Unternehmen ist, die prinzipiell freiwillig sein muss. In diesem Sinne war CSR von der Kommission bislang definiert worden als "ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren". Diese Definition, die den Aspekt der Freiwilligkeit klarstellt, ist vorzugswürdig gegenüber der von der Kommission neu vorgelegten Definition, wonach CSR "die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft" ist.
- 3. Der Aktionsplan der Kommission für den Zeitraum 2011 bis 2014 umfasst Verpflichtungen für die Kommission selbst sowie Anregungen für Unternehmen, Mitgliedstaaten und andere Interessengruppen. Unter anderem will die Kommission im Jahr 2012 mit Unternehmen und anderen potentiell Betroffenen einen Prozess einleiten, um einen Verhaltenskodex für Selbst- und Koregulierungsprojekte zu erarbeiten. Die Betroffenen sollen klare Verpflichtungen eingehen, die durch objektive Mechanismen überwacht werden. Der Bundesrat betont, dass hierdurch der freiwillige Charakter von CSR nicht untergraben werden darf.
- 4. Der Bundesrat ist mit der Kommission der Meinung, dass die Unternehmen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger brauchen. Er sieht allerdings bei den von der Kommission beabsichtigten regelmäßigen Erhebungen über das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Unternehmen erneut einen erhöhten Berichtsaufwand, ohne dass eine klare Vorgehensweise und der konkrete Nutzen für CSR erkennbar werden.
- 5. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bis Mitte 2012 eigene Pläne zur CSR-Förderung oder Listen mit vorrangigen einschlägigen Maßnahmen zu erstellen oder zu aktualisieren. Gleichermaßen werden alle großen europäischen Unternehmen bis 2014 aufgefordert, bisher nicht verpflichtende Regelwerke bei der Aufstellung ihres CSR-Konzeptes zu berücksichtigen. Die Kommission beabsichtigt weiterhin, zu überprüfen, ob Unternehmen mit über 1 000 Beschäftigten den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen nachgekommen sind, international anerkannte CSR-Grundsätze und Leitlinien zu beachten und die ISO-Norm 26000 zur sozialen Verantwortung bei ihrer Geschäftstätigkeit zu berücksichtigen. Der Bundesrat befürchtet bei diesen Ankündigungen, dass damit der Grundstein für weitere umfangreiche Berichtspflichten gegenüber der EU und - mittelbare oder unmittelbare - Kontrollrechte für die EU gelegt wird.
- 6. Um gleiche Ausgangsbedingungen bei der Offenlegung von sozialen und ökologischen Informationen zu verbessern, kündigt die Kommission einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift über die Transparenz der sozialen und ökologischen Information an. Der Bundesrat betont, dass dies nicht zu zusätzlicher Bürokratie durch Berichtspflichten führen darf. Zusätzliche Bürokratie birgt die Gefahr, dass Unternehmen von freiwilligem Engagement abgehalten werden.