Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 6. Juli 2006 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte jeder das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung hat und dass dieses Recht die Freiheit einschließt, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten,

B. unter Befürwortung der Erklärung des Weltgipfels vom 16. bis 18. November 2005 in Tunis zur vorrangigen Bedeutung der Informationsgesellschaft für Demokratie und Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit sowie des Rechts, Informationen zu erhalten und sich Zugang dazu zu verschaffen,

C. in der Erwägung, dass der Kampf für das Recht auf freie Meinungsäußerung sich heute weitgehend auf das Internet verlagert hat, da dieses zum bevorzugten Ausdrucksmittel für politische Dissidenten, Demokratieverfechter, Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Journalisten weltweit geworden ist,

D. in der Erwägung, dass der Internetzugang die Demokratie stärken und zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eines Landes beitragen kann und dass die Beschränkung eines solchen Zugangs mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung unvereinbar ist,

E. in der Erwägung, dass Beschränkungen nur im Fall einer Nutzung des Internets für illegale Aktivitäten wie Anstiftung zu Hass, Gewalt und Rassismus, totalitäre Propaganda und Zugang von Kindern zu Pornografie oder ihre sexuelle Ausbeutung existieren sollten,

F. in der Erwägung, dass Reporter ohne Grenzen zufolge autoritäre Regime und Regierungen an immer weitreichenderen Methoden zur Kontrolle des Internets arbeiten wobei sie hauptsächlich eine immer raffiniertere Filtertechnologie sowie die Überwachung der elektronischen Kommunikation und den Aufbau einer Cyberpolizei nutzen G. in der Erwägung, dass laut Menschenrechtsorganisationen eine Vielzahl von Cyberdissidenten inhaftiert ist, die meisten von ihnen in China, darunter Hao Wu, ein chinesischer Blogger und Dokumentarfilmer, Yang Zili, ein chinesischer Cyberdissident, Shi Tao, ein chinesischer Journalist der Tageszeitung Dangdai Shangbao, Motjaba Saminejad, ein iranischer Blogger, Mohammed Abbou, ein tunesischer Anwalt, Pham Hong Son, ein vietnamesischer Arzt, und Habib Saleh, ein syrischer Online-Journalist, sowie in der Erwägung, dass die jüngsten Fälle die ägyptischen Blogger Mohamed Sharkawy und Karim Lelshaer betreffen,

H. in der Erwägung, dass dem jüngsten Bericht von Reporter ohne Grenzen zufolge mehrere Länder als Feinde des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet betrachtet werden können, darunter China, Belarus, Burma, Kuba, Iran, Libyen, die Malediven, Nepal, Nordkorea, Usbekistan, Saudi-Arabien, Syrien, Tunesien, Turkmenistan und Vietnam,

I. in der Erwägung, dass in demokratischen Staaten ansässige Unternehmen diesen Ländern teilweise die Mittel verschaffen, das Internet zu zensieren und die elektronische Kommunikation zu kontrollieren,

J. in der Erwägung, dass die chinesische Regierung erfolgreich Unternehmen wie Yahoo, Google und Microsoft überzeugt hat, die Zensur ihrer Dienste auf dem chinesischen Internetmarkt zu erleichtern, sowie in der Erwägung, dass weitere Regierungen Mittel zur Zensur von anderen Unternehmen angefordert haben,

K. in der Erwägung, dass von westlichen Unternehmen wie CISCO Systems, Telecom Italia und Wanadoo, einer Tochtergesellschaft von France Telecom, gelieferte Ausrüstungsgüter und Technologien von Regierungen zur Zensur des Internets und somit zur Verhinderung der freien Meinungsäußerung genutzt werden,

L. in der Erwägung, dass US-Gesetzgeber im Februar 2006 einen Gesetzentwurf, den Global Online Freedom Act, einbrachten, der darauf abzielt, die Tätigkeit von Internetunternehmen zu regulieren, wenn sie in repressiven Ländern operieren,

M. in der Erwägung, dass die Europäische Union demonstrieren sollte, dass die Rechte der Internetnutzer im Mittelpunkt ihrer Interessen stehen und dass sie bereit ist, tätig zu werden um das Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet zu fördern,