Empfehlungen der Ausschüsse
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) - Antrag des Landes Hessen -

950. Sitzung des Bundesrates am 4. November 2016

A

Begründung:

Für alle Teilnehmer am Rechtsverkehr stellen überbordete und unübersichtliche AGB besondere Herausforderungen und immer häufiger auch große Schwierigkeiten dar, weil die Rechtsunsicherheit groß ist und weiter steigt. Dies gilt für Verbraucherinnen und Verbraucher in gleicher Weise wie für Unternehmen. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen, also solche, die üblicherweise nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, sehen sich den nicht unerheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt.

Die Anzahl der Verträge, die über das Internet abgeschlossen werden, steigt ständig an. Vor diesem Hintergrund scheint es dringend geboten, das AGB-Recht für alle Rechtsteilnehmer zu reformieren, erheblich zu vereinfachen, anwenderfreundlicher und insgesamt deutlich rechtssicherer auszugestalten.

Laut US-Forschern wäre ein Internetnutzer im Durchschnitt pro Jahr 1 500 Stunden allein mit dem Lesen der AGB beschäftigt (Stuttgarter Zeitung, Printausgabe vom 5. Dezember 2012). Einer Umfrage des Bundesverbandes Verbraucherzentrale vom Oktober 2014 zufolge akzeptieren 53 Prozent der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher die AGB, ohne sie gelesen zu haben (Tagesspiegel online, 13. November 2014). Grund sind die oft seitenlangen und komplizierten Darstellungen der AGB. Dieses Phänomen tangiert nicht nur den Verbraucherschutz, sondern auch den Handel.

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, AGB zukünftig übersichtlicher, kürzer und rechtssicherer auszugestalten, um damit dem tatsächlichen "NichtzurKenntnisnehmen" von AGB entgegenzuwirken. Dadurch sollen vertragliche Unklarheiten oder Missverständnisse verhindert werden, mit der Folge eines effektiveren Verbraucherschutzes und eines vereinfachten und besseren Handels.

Im Einzelnen:

Die Forderung nach brancheneinheitlicher Gliederung soll bezwecken, dass Gliederungsvorlagen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sich die Überschriften der in der jeweiligen Branche üblichen AGB-Klauseln ergeben.

Durch die Schaffung brancheneinheitlicher Gliederungen ist es für den jeweiligen Vertragspartner - sei er Verbraucher oder Unternehmer - leichter, AGB von konkurrierenden Unternehmen zu vergleichen. Unternehmen können zu den vorgegebenen Überschriften individuell ihre Klausel formulieren. Ihnen sollte auch ein gewisser Spielraum gelassen werden, selbst zu entscheiden, ob sie Klauseln zu den vorgegebenen Gliederungspunkten in ihre AGB aufnehmen möchten bzw. gegebenenfalls noch weitere Klauseln für erforderlich halten. Die vorgegebene Reihenfolge sollte jedoch stets eingehalten werden. "Fakultative Klauseln" sollten der in Ziffer 2 genannten Hervorhebungspflicht unterliegen, damit der Vertragspartner direkt den Unterschied zu den AGB des Konkurrenten erkennt. Diese Art von Gliederung stellt für KMU und Startups ohne Rechtsabteilung eine Art Handlungsanleitung dar und gibt Anhaltspunkte, zu welchen Inhalten in den AGB Regelungen getroffen werden sollten.

Besonders wichtige Bedingungen sollen im AGB-Text hervorgehoben werden. Es ist eine konkrete Aufzählung der hervorzuhebenden Inhalte erforderlich, um den Unternehmen Rechtssicherheit zu bieten. Diese müssen in der Lage sein, abmahnsichere AGB zu erstellen. Es empfiehlt sich, hier Regelungen zu nennen, die dem Vertragspartner in irgendeiner Weise Pflichten auferlegen, Fristen enthalten oder die nicht in der branchenüblichen Gliederung enthalten sind.

Das sprichwörtliche Kleingedruckte sollte eine angemessene Schriftgröße haben. Hier bietet sich die Vorgabe einer Mindest-Schriftgröße an. Die Kürzung von AGB durch eine Längenvorgabe sollte geprüft werden. So kann dem entgegengewirkt werden, dass Anbieter wesentliche Klauseln in unnötig lang formulierten AGB verstecken.

Von einem solchen "Knappheitsgrundsatz" profitieren sämtliche Rechtsteilnehmer. Hervorhebungen wesentlicher Punkte und die Kürzung und Straffung von AGB haben Zeitersparnis und ein höheres Maß an Rechtssicherheit zur Folge. Vertragsabschlüsse werden erleichtert, Transparenz und Übersichtlichkeit erhöht, so dass es seltener zu Rechtsstreitigkeiten wegen überlesener Klauseln kommt.

Auch die vergleichende Gegenüberstellung und Erläuterung der Auswirkungen von Änderungen in den AGB trägt zu mehr Transparenz bei und ermöglicht dem Empfänger einen schnellen Überblick über die wesentlichen Änderungen der Vertragsbeziehung.

Etwaige Mehraufwände der Unternehmen zur Implementierung der neuen AGB-Regelungen dürften bereits nach verhältnismäßig kurzer Zeit durch die erzielten Vorteile aufgewogen werden.

Der Bundesrat empfiehlt, die Datenschutzhinweise getrennt von den AGB zugänglich zu machen. Ein gesonderter Link auf der Internetseite des Anbieters führt zu einer besseren Auffindbarkeit. Der Gesetzgeber sollte - wie bei der Musterwiderrufsbelehrung - auch für die Datenschutzerklärung ein Muster (mit auswählbaren Optionen je nach eingebundener Software von Drittanbietern, wie beispielsweise GoogleAnalytics oder Social Media Plugins) bereitstellen. Mit der Umsetzung der europäischen DSGVO kommen viele neue Verpflichtungen auf Unternehmen zu, sodass man diese mit der Bereitstellung einer Musterdatenschutzerklärung bei der Umsetzung unterstützen kann. Für Verbraucherverträge sollte zudem die Einführung der so genannten "Button-Lösung" im Hinblick auf die Freigabe von Daten geprüft werden; vor allem für Verträge bei denen "mit Daten bezahlt wird". Dadurch soll den Verbrauchern vor Klicken des Buttons (der zum Eingang des Vertragsverhältnisses führt) noch einmal vor Augen geführt werden, welche Daten sie zu welchen Zwecken mit dem Klick freigeben.'

B

C