Der Deutsche Bundestag hat in seiner 227. Sitzung am 18. Juni 2009 zu dem von ihm verabschiedeten Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes - Drucksachen 016/12597, 016/13423 - die beigefügte Entschließung unter Nummer 1b der Beschlussempfehlung auf Drucksache 016/13423 angenommen.
Der Bundestag wolle beschließen:
- 1. Das vom Deutschen Bundestag heute beschlossene Vierte Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes enthält auch eine Ermächtigung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates von den Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen und Munition abzusehen oder zusätzliche Anforderungen an die Aufbewahrung oder die Sicherung der Waffen festzulegen (Artikel 3, § 36 Abs. 5 WaffG n.F.). Danach können unter Berücksichtigung des Standes der Technik, der Art und Zahl der Waffen, der Munition oder der Örtlichkeit sowohl Abweichungen von der Regelanforderung als auch zusätzliche Anforderungen an technische Sicherungssysteme zur Verhinderung einer unberechtigten Wegnahme oder Nutzung von Schusswaffen, die Nachrüstung oder der Austausch der Sicherungssysteme sowie die Ausstattung von Schusswaffen mit Sicherungssystemen festgelegt werden.
- 1.1 Die neue Verordnungsermächtigung in § 36 Abs. 5 WaffG hat folgenden Hintergrund: Am 11. Marz 2009 tötete ein 17-Jähriger in einer Schule im badenwürttembergischen Winnenden mit einer halbautomatischen Kurzwaffe (Kaliber 9 x 19 mm) fünfzehn Menschen und sich selbst. Nach den polizeilichen Ermittlungen gehörte die Schusswaffe dem Vater des Täters, der diese als Sportschütze legal besaß, jedoch nicht in dem vorgeschriebenen Waffenschrank aufbewahrte, so dass der Täter unberechtigt auf die Waffe zugreifen konnte. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Tat nicht möglich gewesen wäre, wenn Waffe und Munition gemäß den strengen waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften getrennt voneinander in den hierfür vorgesehenen Behältnissen eingeschlossen gewesen wären. Deutschland verfügt bereits über eines der strengsten Waffengesetze in der Welt. Auch die schärfsten waffenrechtlichen Vorschriften können den unbefugten Zugriff auf Schusswaffen nicht verhindern, wenn Waffenbesitzer gegen diese Regelungen fahrlässig oder vorsätzlich verstoßen. Insoweit trägt in erster Linie jeder Waffenbesitzer selbst die Verantwortung für die sichere Aufbewahrung seiner Waffe, die in falschen Händen Menschen töten kann. Beratungen einer eigens eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe führten u. a. zu dem Ergebnis, dass - unabhängig von den nicht auszublendenden gesellschaftlichen Faktoren des Phänomens Amoklauf - im Waffenrecht insbesondere weiterreichende Möglichkeiten zur Verhinderung des unbefugten Zugriffs auf Schusswafen ausgeschöpft werden sollten.
- 1.2 Nach geltender Rechtslage hat der Besitzer von Waffen oder Munition die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen, vgl. § 36 WaffG und §§ 13, 14 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV). In der Regel sind diese Sicherheitsbehältnisse mit Doppelbart- Zahlenschlössern (mechanisch oder elektronisch) ausgestattet.
- 1.3 Durch die geänderte Verordnungsermächtigung in § 36 Absatz 5 WaffG wird es dem Verordnungsgeber ermöglicht, detailliert Anforderungen an technische Sicherungssysteme zur Verhinderung einer unberechtigten Wegnahme oder Nutzung von Schusswaffen, die Nachrüstung oder den Austausch vorhandener Sicherungssysteme bei Waffenschränken sowie die Sicherung der Schusswaffe mit mechanischen, elektronischen oder biometrischen Sicherungssystemen in einer Rechtsverordnung zu regeln. Die gewählte Formulierung ermöglicht es dem Verordnungsgeber, nicht nur für Sicherheitsbehältnisse, sondern auch für großkalibrige Schusswaffen die dort genannten Sicherungssysteme (z.B. Blockierungen) vorzuschreiben. Der Deutsche Bundestag erwartet, dass der Verordnungsgeber bei seinen Vorgaben den Stand der Technik der unterschiedlich ausgereiften Systeme (mechanisch, elektronisch oder biometrisch) und die unterschiedlichen Sicherungsmöglichkeiten (Waffe, Sicherheitsbehältnis, Schlüssel) angemessen berücksichtigt und gewichtet.
- 1.4 Der Deutsche Bundestag begrüßt das von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe dargestellte Anliegen, das Abhandenkommen oder den unberechtigten Zugriff auf Schusswaffen und Munition durch zusätzliche Sicherheitsanforderungen weiter zu erschweren.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Wirksamkeit der getroffenen Regelungen zur sicheren Aufbewahrung und zum Schutz vor unberechtigten Zugriff bis Ende 2011 zu evaluieren.
- 1.5 Die Bundesregierung wird aufgefordert,
- .. sich kurzfristig einen Überblick über bereits bestehende und noch realisierbare technische Möglichkeiten zur verbesserten Sicherung von Waffen und Munition gegen Abhandenkommen oder unberechtigten Zugriff zu verschaffen,
- .. möglichst zeitnah mit den betroffenen Kreisen (u.a. Herstellern und Verbänden) effektive zu beraten und Lösungsmöglichkeiten zur verbesserten Sicherung von Waffen und Munition
- .. zügig eine praktikable Umsetzung im Wege der Verordnung herbeizuführen.
- 2.1 IPSC versteht sich als dynamische Schießsportdisziplin, bei der ein Schießparcours mit einem möglichst guten Trefferbild in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren ist. Schon nach geltender Rechtslage ist IPSC nur im Einklang mit geltendem Waffenrecht möglich und erfolgt nach einer vom Bundesverwaltungsamt genehmigten Schießsportordnung. Es handelt sich hierbei nicht um unzulässiges kampfmäßiges Schießen, das bereits nach § 7 AWaffV verboten ist. Zur deutlichen Abgrenzung muss das IPSC-Schießen nach geltender Rechtslage auf bestimmte Schießübungen in Deutschland verzichten, die in anderen Staaten zulässig waren. Dynamische Schießsportdisziplinen enthalten jedoch auch Übungen, die zumindest den Anschein erwecken können, deliktsrelevante Schießelemente zu enthalten (z.B. Aufbauten, die den Schützen zwingen, beim Schießen eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen, werden als "Deckung" oder "Häuserkampf" interpretiert).
- 2.2 Der Deutsche Bundestag erinnert die Schießsportverbände an ihre Verantwortung, bei der Ausgestaltung des Schießsports auch innerhalb gesetzlicher Vorgaben gewisse Grenzen nicht zu überschreiten und hierbei auch zu berücksichtigen, welchen Eindruck die Ausübung gerade noch zulässiger Schießsportdisziplinen in der Öffentlichkeit hinterlassen können.
- 2.3 Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die Schießsportverbände die Ausgestaltung von Schießsportdisziplinen, die Bewegungselemente enthalten, mit Vertretern der Länder und der Bundesregierung im hierfür zur Verfügung stehenden Expertengremium, dem Fachbeirat Schießsport, kritisch hinterfragen. Überpruft werden soll insbesondere, inwieweit durch rechtliche oder verbandsinterne Vorgaben das Schießen aus der Bewegung weiter eingeschränkt werden kann, um es weiter vom "kampfmäßigen" Schießen zu distanzieren. Zu erwägen ist auch, ob jugendliche Sportschützen von dynamischen Schießsportdisziplinen ausgeschlossen sein sollten.
- 2.4 Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Schießsportverbänden und unter Nutzung des Sachverstandes des Fachbeirates Schießsport Lösungsmöglichkeiten zu erörtern und diese zeitnah umzusetzen.
- 3.1 Der Deutsche Bundestag bestätigt die Auffassung der Bundesregierung, dass die Veranstaltung bestimmter gewaltverherrlichender Spiele, bei denen das Töten oder Verletzen von Menschen realitätsnah simuliert wird, menschenverachtend ist und nicht mit der Werteordnung des Grundgesetzes im Einklang steht.
Der Deutsche Bundestag ist besorgt, dass durch Teilnahme an so genannten Laserdrome- oder Paintball-/Gotcha-Spielen, soweit diese gegen die Menschenwürde verstoßende Spielregeln enthalten, das Verletzen oder Töten von Menschen realitätsnah trainiert und damit die Hemmschwelle zur bewaffneten Konfliktlösung herabgesenkt werden könnte.
- 3.2 Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, das Gefahrenpotential solcher Spiele auch unter Einbeziehung von kriminologischen, psychologischen oder soziologischen Sachverständigen zu untersuchen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, inwieweit Möglichkeiten bestehen, reale Spiele mit Tötungs- oder Verletzungssimulation bei Bedarf zu unterbinden oder zumindest - etwa durch Altersgrenzen oder Vorgaben zur Gestaltung des Spiels - sinnvoll einzuschränken. Die bestehenden Möglichkeiten, solche Spiele auf der Grundlage des Polizei- und Ordnungsrechts der Länder, des Gewerberechts, des Ordnungswidrigkeitenrechts oder des Waffenrechts zu unterbinden, werden als unzureichend erachtet.