972. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2018
A
1. Der federführende Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 87e Absatz 4 und Absatz 5 Satz 1 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
2.
- a) Der Bundesrat sieht das vorliegende Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich als einen Schritt für eine effizientere und transparentere Planung von Infrastrukturprojekten. Der Bundesrat begrüßt, dass im Gesetzgebungsverfahren einige wichtige Forderungen des Bundesrates aufgegriffen wurden.
- b) Der Bundesrat bedauert zugleich, dass sich die Bundesregierung nicht stärker der Stellungnahme des Bundesrates angeschlossen und der Deutsche Bundestag zahlreiche weitere Forderungen des Bundesrates nicht in den Gesetzesbeschluss aufgenommen hat.
- c) Der Bundesrat begrüßt die Entschließung des Deutschen Bundestages (zu Drucksache 562/18 (PDF) ). Dort finden sich bedeutsame Maßnahmen zur Weiterentwicklung für eine wirkungsvolle Planungsbeschleunigung, insbesondere die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Der Bundesrat nimmt bedauernd zur Kenntnis, dass diese wesentlichen Vorschläge nicht in das Gesetzgebungsverfahren Eingang finden konnten, sondern nur als Prüfbitten formuliert sind.
- d) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine wirksame Planungsbeschleunigung weiterer Maßnahmen bedarf und notwendig mit einer Akzeptanzsteigerung bei den Betroffenen einhergehen muss. Daher fordert er die Bundesregierung auf, zeitnah das Gesetz zu überarbeiten und dabei über die in der Entschließung des Deutschen Bundestages aufgeführten Punkte hinaus mit aufzunehmen:
- - die bestehenden Beteiligungsvorgaben systematisch mit Verfahren der frühzeitigen Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung zu ergänzen und hierfür Qualitätsstandards festzuschreiben;
- - umgehend eine personelle Stärkung der Gerichte sowie der Planungs- und Genehmigungsbehörden mit dem Ziel einer Beschleunigungswirkung für Planungs- und Genehmigungsverfahren sicherzustellen;
3.
- - die Verfahren für Ersatzneubauten wirksam zu beschleunigen, etwa indem Ersatzneubauten von Straßen- und Schienenbrücken ohne Kapazitätserweiterungen grundsätzlich nicht als Neubau, sondern als Instandsetzung aufgefasst werden.
4. Die im Planungsbeschleunigungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen wie Ermöglichung vorzeitigen Maßnahmenbeginns, Verzicht auf den Erörterungstermin, Klagebegründungsfrist, Zusammenlegung von Anhörung und Planfeststellung beim Eisenbahnbundesamt sind als ein erster Schritt positiv zu werten. Allerdings müssen darüber hinaus dringend die Grundprobleme für lange Verfahrensdauern, die auf der Ebene des Völker- und Europarechts liegen, angegangen werden. Daher sind weitere Anstrengungen notwendig, die über das Gesetz hinausreichen. Insbesondere sollte sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für eine Evaluierung der verschiedenen Umwelt-Richtlinien wie die UVP-Richtlinie, die FFH-Richtlinie, die Vogelschutz-Richtlinie und die Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) einsetzen. Dabei sollten Verbesserungen wie eine eigene Projektdefinition, Bestandsschutz für Zulassungsentscheidungen und die Zulässigkeit von temporären Naturentwicklungen eingebracht werden. In diesem Zusammenhang sollte auch das Verschlechterungsverbot der WRRL als strikt verbindlich für die Zulassung kritisch überprüft werden. Die Artenschutzlisten der FFH-Richtlinie und Vogelschutz-Richtlinie sollten nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aktualisiert werden (vgl. die Vorschläge des Innovationsforums Planungsbeschleunigung).
5. Die Bundesregierung wird gebeten, gegenüber der Kommission auf eine Überarbeitung der UVP-Richtlinie hinzuwirken, um dort eine angemessene materielle Präklusionsregelung zu verankern. Sofern dazu eine Neuverhandlung der Aarhus-Konvention erforderlich sein sollte, wird die Bundesregierung aufgefordert, den entsprechenden Prozess umgehend in Gang zu setzen, um die Wiedereinführung des für die Verwirklichung von Infrastrukturmaßnahmen so wesentlichen und praxiswirksamen Instruments der materiellen Präklusion schnellstmöglich zu ermöglichen.
6. Der Bundesrat bittet auch vor dem Hintergrund des Europarechts weiterhin davon abzusehen, Verfahrensregeln vorzusehen, die mit einer gesetzlich vorgesehenen Frist zum Ausschluss von Einlassungen von Beteiligten führen.