Der Bundesrat hat in seiner 928. Sitzung am 28. November 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Zukunft der Verkehrsfinanzierung
- 1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung angesichts des seit Jahren aufgrund erheblicher Unterfinanzierung zunehmenden Substanzverlusts der Verkehrsinfrastruktur auf, zeitnah - auf Grundlage der durch die Verkehrsministerkonferenz vorgelegten Maßnahmenvorschläge - eine tragfähigen finanz- und verkehrspolitische Strategie zu entwickeln, die geeignet ist, spätestens bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine zuverlässige Ausweitung der Verkehrsinfrastrukturinvestitionen des Bundes im erforderlichen Umfang zu sichern. Dabei müssen den Ländern Möglichkeiten eröffnet werden, unter anderem durch bessere Beteiligung an den bundesweiten Einnahmen aus Steuern und Gebühren, ihre jeweiligen Pflichten zur Erhaltung der Verkehrswege materiell überhaupt tragen zu können.
- 2. Das Rückgrat der Mobilität in Deutschland sind die Verkehrswege des Bundes: Autobahnen, Bundesstraßen, das Eisenbahn-Netz der Deutschen Bahn AG und die Wasserstraßen. Diese Verkehrsträger - wie auch die Verkehrswege der Länder und Kommunen - sind seit vielen Jahren hinsichtlich ihrer Instandhaltung sowie bezüglich der Belastungen aus dem prognostizierten Verkehrswachstum erheblich unterfinanziert. Ein gravierender Substanzverzehr ist vielerorts offenkundig. Nach den allgemein anerkannten Erhebungen und Erkenntnissen der "Daehre-Kommission" beträgt der jährliche Mehrbedarf auf allen staatlichen Ebenen (Bund, Länder, Städte, Kreise, Gemeinden) 7,2 Milliarden Euro, wenn der aufgelaufene Investitionsstau in den nächsten 15 Jahren abgebaut werden soll; davon allein 3,2 Milliarden Euro für die Bundesverkehrswege (Straße, Schiene, Wasserstraße). Dabei stehen Erhalt und Sanierung im Vordergrund. Eine nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung und nachhaltige Mobilitätspolitik gehören gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Ressourcenknappheit zusammen und bedingen sich.
- 3. Ohne ausreichende Finanzierungsgrundlage wird der Substanzverzehr der Verkehrsinfrastruktur anhalten mit negativen Folgen für Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Mobilität in Deutschland. Bund, Länder und Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Verkehrswege sachgerecht zu sanieren und zu erhalten sowie bedarfsgerecht und umweltverträglich auszubauen.
- 4. Einhergehend mit einer Ausweitung der Investitionsmittel muss die Verteilung, Verwaltung und Verwendung der Mittel spürbar effizienter und transparenter werden.
- 5. Die Verkehrsminister der Länder haben zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung mehrfach einstimmig Beschlüsse gefasst. Diesen Beschlüssen und Forderungen der Verkehrsministerkonferenz schließt sich der Bundesrat noch einmal ausdrücklich an:
- - Feststellung einer erheblichen Unterfinanzierung
- - Erhalt vor Neubau als prioritäres Prinzip
- - Feststellung eines dringenden Nachholbedarfs, um das Bestandsnetz funktionsfähig zu erhalten
- - Bedarf an zusätzlichen Haushaltsmitteln
- - Erstellung von Netzzustands- und Leistungsberichten
- - Bedarfsgerechte Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur, Einführung von Anreizsystemen
- - rechtlich abgesicherte Finanzierungsstrukturen und Finanzierungsinstrumente
- - zügige bundesweite Erprobung von Pilotprojekten und Best Practice
- - schrittweise Sicherung einer auskömmlichen, dauerhaften und rechtssicheren Finanzierung von Erhalt und Betrieb, Nachholbedarf und Neu- und Ausbau
- - überjährige und zugriffssichere Bindung zusätzlicher Haushaltsmittel für das Bestandsnetz
- - Nutzung von Fonds (Infrastrukturfonds Schiene, Infrastrukturfonds Straße) und vergleichbaren Strukturen (Sondervermögen, Infrastrukturkonten)
- - Einrichtung einer Steuerungsgruppe für Verkehrsinfrastrukturfinanzierung von Bund und Ländern
- - Nachfolgeregelung für die Entflechtungsmittel sowie das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz über 2019 hinaus
- - Revision der Regionalisierungsmittel mit dem Ziel angepasster Mittelausstattung inklusive einer höheren Dynamisierung
- - Mehr Haushaltsmittel aus den Steuereinnahmen des Verkehrsbereichs (unter anderem Kfz-Steuer, Mineralölsteuer) sowie Ausweitung der Nutzerfinanzierung
- - Optionen der Nutzerfinanzierung:
- - Ausweitung der entfernungsabhängigen Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen - Einbeziehung von Lkw ab 7,5 t auf diesem Netz
- - Ausweitung der Lkw-Maut auf das nachgeordnete Netz, beginnend mit den Landesstraßen
- - Ausweitung der Lkw-Maut ab 7,5 t auf das nachgeordnete Netz
- - Realisierung der Maßnahmen in einem Stufenplan in den Jahren 2014 bis 2019.
- 6. Zwar enthält die Koalitionsvereinbarung der die Bundesregierung tragenden Parteien im Grundsatz ein Bekenntnis zur Notwendigkeit der Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und die Ankündigung einer entsprechenden Mittelanpassung. Doch ist zurzeit nicht erkennbar, mit welchen Maßnahmen des Bundes die Probleme der Infrastrukturfinanzierung tatsächlich gelöst werden sollen.
- 7. Daher erwartet der Bundesrat von der Bundesregierung, dass sie nunmehr die von der Verkehrsministerkonferenz mehrfach geltend gemachten dringenden Anliegen aufgreift.