847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008
A
Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf. Er trägt den immer noch bestehenden Defiziten der ostdeutschen Wirtschaft Rechnung und ermöglicht daher auch in den nächsten Jahren noch eine Fortsetzung der intensiven Investitionsförderung. Gleichzeitig aber wird ein Endpunkt für dieses Förderinstrument festgelegt, indem ein degressiver Verlauf der Fördersätze nach 2009 festgeschrieben wird, der das endgültige Auslaufen der Investitionszulage nach 2013 zum Ziel hat.
Der Bundesrat begrüßt des Weiteren das Bekenntnis der Bundesregierung zu der in Artikel 91a Grundgesetz abgesicherten Bund/Länder - Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW), die künftig das zentrale Wirtschaftsförderinstrument für strukturschwache Regionen in Deutschland sein wird.
Der Bundesrat merkt dazu an, dass die GRW für ganz Deutschland eine hohe Bedeutung hat. Dies gilt natürlich vor allem für einen großen Teil der ostdeutschen Regionen, aber auch für Regionen in Westdeutschland - auch hier gibt es viele Städte und Gemeinden, die auf Grund struktureller Umbrüche mit hoher Arbeitslosigkeit und geringen Steuereinnahmen kämpfen. Die Folge sind Haushaltsnotlagen und immer neue Schulden, die keine Spielräume für dringend notwendige Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Infrastruktur, lassen.
Die GRW bietet das in Ost- und Westdeutschland dringend benötigte Instrumentarium für die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und die Schaffung von Anreizen für Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen und damit die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Dies setzt aber auch eine angemessene und dem ausgeweiteten Aufgabenspektrum angepasste Mittelausstattung voraus. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, dass ein überwiegender Teil der durch den vorliegenden Gesetzentwurf entstehenden Steuermehreinnahmen durch eine nachhaltige Aufstockung der GRW für die Instrumente der Regionalen Strukturpolitik wieder zur Verfügung gestellt wird.
Die Mittelausstattung der GRW ist seit 1998 drastisch verringert worden, obwohl sie durch die unmittelbare Abhängigkeit der Förderhöhe von der Anzahl der neu geschaffenen oder gesicherten Arbeitsplätze nachweisbar zielgenaue Effekte erzielt:
Jahr | Ost* | West* | gesamt* |
---|---|---|---|
1998 | 1.502 | 104 | 1.606 |
1999 | 1.317 | 120 | 1.437 |
2000 | 1.171 | 123 | 1.295 |
2001 | 1.018 | 145 | 1.164 |
2002 | 868 | 135 | 1.003 |
2003 | 809 | 135 | 944 |
2004 | 750 | 135 | 885 |
2005 | 604 | 89 | 694 |
2006 | 592 | 101 | 694 |
2007 | 552 | 91 | 644 |
2008 | 552 | 92 | 644 |
- * Angabe in Mio. Euro
Das Finanzvolumen der GRW ist in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 100 Mio. Euro pro Jahr reduziert worden, insgesamt somit um rund 1 Mrd. Euro. In vielen Ländern ist die Grundlage für eine wirkungsvolle nationale Regionalförderung kaum noch gegeben. Daher wird eine bundesweite Stärkung der GRW für unerlässlich gehalten.
Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung mit den Ländern kurzfristig Verhandlungen aufnimmt und die Bereitschaft verdeutlicht, die Mittelausstattung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur substanziell und nachhaltig zu verbessern. Dies kann parallel zum Abschmelzen der I-Zulage-Ost in den Jahren 2011 bis 2014 erfolgen.
Zur Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung auch für Westdeutschland wird eine kumulierende Aufstockung der GRW von mindestens 250 Mio. Euro jährlich über einen Zeitraum von vier Jahren für notwendig erachtet.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Einschränkung der Förderfähigkeit in den sensiblen Sektoren (§ 3 Abs. 2 Satz 2 InvZulG-E) unmissverständlich für das gesamte Fördergebiet gilt.
Begründung
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer begünstigten Investition sind in § 2 Abs. 1 und 2 InvZulG-E festgelegt. Weitere zu beachtende Voraussetzungen sind in § 3 Abs. 2 InvZulG-E geregelt.
So sind nach Satz 1 gewisse Einschränkungen bei der Förderung von Erstinvestitionsvorhaben in bestimmten Teilen des Landes Berlin zu beachten.
Satz 2 regelt die Einschränkung der Förderfähigkeit in sensiblen Sektoren, allerdings ohne gebietsmäßige Nennung.
Daher kann die Formulierung in Satz 2 "darüber hinaus" dahingehend missverstanden werden, dass sich die Einschränkung der Förderfähigkeit in den sensiblen Sektoren auf Satz 1 beziehen und damit nur die dort bezeichneten Teile des Landes Berlin betreffen würde.
Die Vorgaben der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, dass in bestimmten sensiblen Sektoren Investitionszulage nicht oder nur nach Prüfung durch die Kommission oder nur unter einschränkenden Bedingungen gewährt werden darf, gelten aber für das gesamte Fördergebiet. Dies sollte durch eine unmissverständliche gesetzliche Reglung umgesetzt werden.
3. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und wie durch eine Bündelung der Verwaltungszuständigkeit für die Investitionszulagengewährung Synergieeffekte erzielt werden können.
Begründung
Der überwiegende Teil der Investitionszulage wird im Fördergebiet verwaltet, das entsprechende rechtliche und verfahrenstechnische Wissen ist dort umfangreicher und häufiger genutzt als in den übrigen Ländern.
Die in den alten Ländern bereitgestellten Kapazitäten werden dagegen nicht in diesem Maße in Anspruch genommen und konnten sich somit auch nur eine geringere "Verwaltungserfahrung" erarbeiten.
Die Bearbeitung von Investitionszulageanträgen in den Fördergebieten dürfte routinierter und damit sachgerechter und effizienter erfolgen als im übrigen Bundesgebiet.
Die Spannbreite einer Bündelung der Verwaltungszuständigkeit reicht von einer ausschließlichen Zuständigkeit der Finanzämter im Fördergebiet (mit einem entsprechenden Fiskalausgleich in Bezug auf in die nicht im Fördergebiet ansässigen Unternehmen) bis zu einer Ausdehnung des Feststellungsverfahrens in § 8 InvZulG-E um die Fälle, in denen zwar kein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO durchzuführen ist, jedoch Betriebsstätten im Fördergebiet unterhalten werden.
Das verbleibende Gesetzgebungsverfahren sollte dazu genutzt werden, zu untersuchen welche Maßnahmen innerhalb dieser Spannbreite
- . die größten Synergieeffekte aufweist,
- . die Kontinuität im Verwaltungsverfahren weitgehend sicherstellt und
- . die Kontrolldichte in Bezug auf die Überwachung der Verbleibens- und Verwendungsvoraussetzungen nicht beeinträchtigt.
Anmerkung:
Die Investitionszulage soll wie bisher durch Auszahlung aus den Einnahmen der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer finanziert werden (§ 10 InvZulG 2010). Dadurch wird die Investitionszulage weiter nach demselben Maßstab von Bund, Ländern und Gemeinden getragen, nach dem die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer später unter ihnen aufgeteilt werden (entsprechend Artikel 106 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5;
Artikel 107 Abs. 1 GG).
B
- 4. Der Agrarausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.