Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 zu der o. g. Entschließung des Bundesrates Folgendes mitgeteilt:
Der Bundesrat hat in seiner 860. Sitzung am 10. Juli 2009 eine Entschließung zur Unterstützung der Landwirtschaft bei der Bewältigung der Auswirkungen der Wirtschaftskrise gefasst.
In der Entschließung verleiht der Bundesrat bestimmten Erwartungen an die Bundesregierung Ausdruck, die aus seiner Sicht geeignet sind, die Landwirtschaft bei der Bewältigung der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu unterstützen. In der beigefügten Anlage finden Sie eine ausführliche Stellungnahme zu der o. g. Entschließung.
Anlage
Stellungnahme zur Entschließung des Bundesrates zur Unterstützung der Landwirtschaft bei der Bewältigung der Auswirkungen der Wirtschaftskrise vom 10.07.2009 (Drucksache 534/09(B)
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Allgemein
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat zum tiefsten wirtschaftlichen Einschnitt der vergangenen 60 Jahre geführt. Zwar sind der Agrar- und Ernährungsbereich weniger krisenanfällig als andere Sektoren, aber auch hier sind die Auswirkungen der Krise und ihrer negativen Effekte insbesondere auf die Nachfrage nach Agrargütern deutlich zu spüren. Die stark gesunkenen Erzeugerpreise und die in deren Folge drastisch zurückgegangenen Erlöse stellen eine Reihe von Betrieben vor ernsthafte Liquiditätsprobleme.
In Reaktion hierauf hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen beschlossen bzw. eingeleitet, um den Betrieben bei der Bewältigung dieser für sie schwierigen Situation zu helfen. Hierzu zählen z.B. die Entlastung bei der Agrardieselerstattung sowie die zusätzlichen Verbilligungen der Liquiditätshilfedarlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Durch die Ausgestaltung des Sondertilgungsrechts der Liquiditätshilfekredite werden die Landwirte wirtschaftlich annähernd so gestellt, als wenn sie einen 70 %igen Abschlag auf die Betriebsprämien bereits bei der Kreditauszahlung, also z.B. im Juli, erhalten hätten. Beide Maßnahmen werden in der Entschließung des Bundesrates ausdrücklich begrüßt.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden verschiedene Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene zur Stabilisierung des Milchmarktes. Auf einzelne dieser Maßnahmen wird im Folgenden noch näher eingegangen werden.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass es der Landwirtschaft nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen Hilfsmaßnahmen gelingen wird, die Folgen der Wirtschaftskrise zu meistern.
Im Folgenden wird zu den einzelnen in der Entschließung des Bundesrates enthaltenen Erwartungen an die Bundesregierung Stellung genommen:
Zu den einzelnen an die Bundesregierung gerichteten Erwartungen des Bundesrates
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2005 eingeführte Reduzierung der Steuerrückerstattung für Agrardiesel, ihre Begrenzung auf 10.000 Liter je Kalenderjahr und vergütungsberechtigten Betrieb sowie den Selbstbehalt von 350 Euro p. a. rückgängig zu machen. Der Bundesrat fordert darüber hinaus, die Befristung dieser Regelung aufzuheben und fordert eine Harmonisierung auf dem Niveau wichtiger Mitbewerber in der EU.
Die 2005 eingeführten und für die Verbrauchsjahre 2008 und 2009 ausgesetzten Einschränkungen bei der Agrardieselerstattung durch Selbstbehalt und Obergrenze sind aufgehoben worden, um die Landwirte angesichts der schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen kurzfristig mit verbesserter Liquidität auszustatten. Die Aufhebung der zeitlichen Befristung wird im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen diskutiert. Darüber hinaus wird auf EU-Ebene zum Abbau bestehender Wettbewerbsverzerrungen eine Harmonisierung der Agrardieselbesteuerung durch die Einführung eines fühlbaren Mindeststeuersatzes angestrebt.
- 2. Der Bundesrat befürwortet ein einheitliches Vorgehen zur Auszahlung der vollen Betriebsprämie zum 1. Dezember 2009.
Die Betriebsprämie kann gemäß geltendem EG-Recht grundsätzlich in dem Zeitraum vom 1. Dezember des Antragsjahres bis zum 30. Juni des Folgejahres in bis zu zwei Tranchen ausgezahlt werden. In den letzten Jahren wurde die Betriebsprämie den Landwirten in Deutschland Ende Dezember als Einmalzahlung gewährt.
In Anbetracht der schwierigen Liquiditätssituation in der Landwirtschaft hat die Europäische Kommission auf Initiative von Bundesministerin Aigner eine Verordnung erlassen, die den Mitgliedstaten ab dem 16. Oktober 2009 Vorschusszahlungen bis zu einer Höhe von 70 % der Betriebsprämie ermöglicht, sofern die Prüfung der Beihilfevoraussetzungen abgeschlossen sind. Die Bundesländer haben insbesondere aus Kosten/Nutzen-Gesichtspunkten entschieden, keine Vorschusszahlungen zu leisten, sondern die Betriebsprämie den Betriebsinhabern als Einmalzahlung bereits am 1. Dezember 2009 - also rund vier Wochen früher als sonst üblich - auszuzahlen.
- 3. Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung sich weiterhin im Rat und bei der Kommission dafür einsetzt, die Deminimis-Grenze der Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 vorerst für zwei Jahre befristet von 7.500 Euro auf 30.000 Euro zu erhöhen und die maximal zulässigen Plafonds für die Mitgliedstaaten bzw. Länder sowie den Rahmen für Bürgschaften entsprechend anzupassen.
Die Europäische Kommission hat am 28. September 2009 einen Vorschlag zur Änderung des Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise vorgelegt. Auf dieser Grundlage können landwirtschaftlichen Unternehmen Kleinbeihilfen in Höhe von 15.000 € gewährt werden. Damit erweitert die Kommission den bis Ende 2010 befristeten Anwendungsbereich des vorgenannten Gemeinschaftsrahmens im Bereich der Kleinbeihilfen auch auf die landwirtschaftliche Urproduktion.
Die von der Kommission vorgeschlagene Änderung des Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens trägt dem Anliegen des Bundesrates, landwirtschaftlichen Unternehmen in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise den Zugang zu Finanzierungsmitteln zu erleichtern, Rechnung.
Von einer Änderung der Deminimis-Verordnung hat die Kommission unter Hinweis darauf abgesehen, dass ein entsprechendes Rechtsetzungsverfahren wegen der zu beachtenden Verfahrensschritte nicht kurzfristig abzuschließen sei und den Rahmen lediglich vorübergehend erforderlicher beihilferechtlicher Erleichterungen überschreiten würde.
- 4. Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung eine unabhängige Markt- und Preisberichterstattung in der Land- und Ernährungswirtschaft, die in erster Linie Sache der Wirtschaftsbeteiligten sein muss, positiv begleitet.
Nach der aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfondsgesetz erfolgten Auflösung der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (ZMP) halten die Agrarminister von Bund und Ländern auch in Zukunft eine unabhängige Markt- und Preisberichterstattung für notwendig, die allen Marktbeteiligten sowie auch Politik und Verwaltung zur Verfügung steht. Dabei soll die Beschaffung von bisher von der ZMP erfassten Daten und erstellten Analysen durch einen privaten Aufgabenträger erledigt werden. Der Entwurf einer Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung, die die gemeinsame Finanzierung bis 2012 regelt, ist inzwischen auf der fachlichen Ebene abgestimmt. Die Unterzeichnung soll alsbald erfolgen.
Im Vorgriff auf die o. g. Vereinbarung haben sich Bund und Länder auf den Inhalt eines Vertragsentwurfs mit einem externen Dritten und auf die Einleitung eines Vergabeverfahrens verständigt. Der Teilnahmewettbewerb wurde im August 2009 durchführt. Die Frist zur Eingabe von Angeboten endete am 1. Oktober 2010; der Zuschlag ist im November 2009 zu erwarten.
- 5. Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung sich auf europäischer Ebene dafür einsetzt, die Absatzmöglichkeiten von Agrarprodukten zu verbessern, indem die Export- und Verarbeitungsbeihilfen weiterhin aufrechterhalten werden und der Ausbau von Exportkreditsicherungssystemen für aufnahmefähige Märkte vorangetrieben wird; die durch das Konjunkturpaket II erweiterten Möglichkeiten der Exportkreditsicherung müssen genutzt werden.
Die EU hat im Rahmen der laufenden WTO-Verhandlungen angeboten, im Rahmen eines erfolgreichen Abschlusses die noch vorhandenen Exporterstattungen bis 2013 abzuschaffen. Deutschland unterstützt dabei nachdrücklich die Forderung der EU, alle Formen handelsverzerrender Exportsubventionen abzuschaffen. Dies betrifft neben Exporterstattungen der EU auch staatliche Exportmonopole (insbesondere angewendet in Australien, Neuseeland, Kanada), subventionierte Exportkredite (insbesondere USA) sowie bestimmte Arten der "Nahrungsmittelhilfe" zur systematischen Beseitigung von Überschüssen außerhalb humanitärer Notlagen (USA).
Derzeit sind Exporterstattungen im Rahmen der im WTO-Recht festgelegten mengen- und budgetmäßigen Grenzen ein noch zulässiges Instrument, das in speziellen Marktausnahmesituationen und zeitlich begrenzt dazu beitragen kann, den Binnenmarkt zu stabilisieren und die infolge der zunehmenden Liberalisierung der Agrarmärkte entstehenden Anpassungsprobleme der europäischen Produzenten zu lindern.
Dabei muss jedoch gleichzeitig gewährleistet werden, dass keine Erstattungen bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in besonders sensible, wenig entwickelte Länder gewährt werden, falls es dadurch in diesen Ländern zu negativen Auswirkungen auf die Produktion kommen kann.
Was speziell die Bewältigung der Krise auf dem Milchmarkt betrifft, hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen in Brüssel stets mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass die vorhandenen Marktordnungsinstrumente konsequent genutzt werden.
So wurden seit Anfang 2009 im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens Exporterstattungen für rd. 146.000 t Magermilchpulver, rd. 51.000 t Butter und rd. 12.000 t Butteröl gewährt (Stand: 17. September 2009).
Darüber hinaus hat die Bundesregierung die Europäische Kommission aufgefordert, den Absatz von Magermilch und Magermilchpulver durch die Gewährung einer Beihilfe für die Verwendung von Magermilch und Magermilchpulver zu Futterzwecken zu fördern. Eine Reaktivierung dieser Beihilfemaßnahmen wird von der Kommission jedoch abgelehnt. Angesichts des derzeit niedrigen Preisniveaus führt eine solche Maßnahme aus Sicht der Kommission lediglich zu zusätzlichen Haushaltsausgaben, ohne dass dadurch ein deutlicher Mehrabsatz zu erwarten wäre. Des Weiteren verweist sie darauf, dass in den Futtermittelrezepturen Magermilchpulver vielfach durch Molkenpulver ersetzt worden ist, und dadurch Molkenpulver einer besseren Verwertung zugeführt werden konnte.
Die rechtlichen Möglichkeiten zur Gewährung einer Verwendungsbeihilfe für Butter sind im Rahmen der Health Check-Beschlüsse mit Wirkung vom 1. Juli 2009 aufgehoben worden. Eine erneute Rechtsänderung wird durch die Kommission und von einer breiten Mehrheit der Mitgliedstaaten abgelehnt.
Zur Absicherung von Exportgeschäften wurden durch das im Rahmen des Konjunkturprogramms II verabschiedete Kredit- und Bürgschaftsprogramm verbesserte Möglichkeiten für die Exportwirtschaft geschaffen. Darüber hinaus ist es seit dem 5. August 2009 zulässig, unter bestimmten Bedingungen kurzfristige Exportgeschäfte in Länder der EU und der OECD über Exportkreditgarantien des Bundes abzusichern.
- 6. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, die Butter- und Magermilchpulverintervention über den 31. August hinaus fortzusetzen, das Verwaltungsverfahren im Rahmen des Schulmilchprogramms zu vereinfachen und die Schulmilchbeihilfe anzuheben.
Die Bundesregierung hat sich in Brüssel für die Fortsetzung der Butter- und Magermilchpulverintervention über den 31. August hinaus eingesetzt. Im Rahmen einer Dringlichkeitsmaßnahme ist die Fortsetzung der Intervention bis Ende November 2009 bereits beschlossen worden. Des Weiteren hat die Europäische Kommission inzwischen einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, wonach die Intervention von Butter und Magermilchpulver bis zum Beginn der nächsten Einlagerungsperiode (1. März 2010) fortgeführt werden soll. Zusätzlich enthält der Vorschlag eine Option für Einlagerungen über den 31. August 2010 hinaus bis 28. Februar 2011. Über den Vorschlag soll zeitnah noch in diesem Jahr im Agrarministerrat entschieden werden.
Das Verwaltungsverfahren im Rahmen des Schulmilchprogramms ist in den letzten Jahren bereits mehrfach vereinfacht worden. Gleichzeitig wurde auf Drängen der Bundesregierung die Attraktivität des Schulmilchprogramms durch Ausweitung der zugelassenen Produktpalette erhöht. Zur weiteren Förderung des Absatzes von Schulmilch setzt sich die Bundesregierung darüber hinaus in Brüssel für eine Erhöhung der Beihilfesätze ein.
- 7. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, die Kennzeichnung von Lebensmitteln, bei denen ganz oder teilweise Imitate verwendet werden, deutlich und nachvollziehbar auszugestalten (Analog-Käse).
Die Bundesregierung misst dem Schutz der Verbraucher vor irreführenden Kennzeichnungen und Aufmachungen von Lebensmitteln große Bedeutung bei, damit Verbraucher eindeutig erkennen können, was sie essen.
Da die Vorschriften für die Kennzeichnung von Lebensmitteln zum großen Teil EU-weit einheitlich festgelegt werden, hat sich die Bundesregierung gemeinsam mit der österreichischen und der luxemburgischen Regierung an die Europäische Kommission gewandt und eine gemeinschaftsweit verbindliche spezifische Kennzeichnung für Käseimitat und Schinkenimitat gefordert, bei der der Verbraucher auf Anhieb erkennen kann, um welche Art von Produkt es sich handelt.
Die Kommission wurde gebeten, im Rahmen der Verordnung zur Information der Verbraucher über Lebensmittel, die derzeit auf Gemeinschaftsebene beraten und ausgearbeitet wird, eine Lösung zum Schutz vor Verbrauchertäuschung zu finden.
Die Kommission hat das deutsch/österreichisch/luxemburgische Anliegen nicht unterstützt, da sie keinen Handlungsbedarf sieht. Für Käse sei der bestehende Bezeichnungsschutz ausreichend, da er es nicht erlaubt, dass ein Produkt, bei dem ein oder mehrere Milchbestandteile ganz oder teilweise ersetzt wurden, den Begriff "Käse" in seiner Bezeichnung führt. In Bezug auf Schinken seien die Festlegungen, die in der Etikettierungsrichtlinie hinsichtlich Verkehrsbezeichnung, Täuschungsschutz und Zutatenverzeichnis getroffen sind, ausreichend.
Das BMELV hat einer deutschen Abgeordneten eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zugeleitet, der die Ergänzung des Anhangs der Verbraucherinformationsverordnung um die Verkehrsbezeichnungen "Käseimitat" und "Schinkenimitat" für entsprechende Ersatzprodukte zum Ziel hat.
- 8. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, für landwirtschaftliche Betriebe die Möglichkeit zu schaffen, steuerfreie Rücklagen zur Glättung der zukünftig auf Grund der Marktliberalisierung noch stärker schwankenden Gewinne zu schaffen.
Die Landwirtschaft befindet sich derzeit in einer besonderen Situation. Die Vorsorge gegen die gestiegenen Wetter- und Marktrisiken wird immer wichtiger. Die Einführung einer Risikoausgleichsrücklage wird gegenwärtig im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen diskutiert.
- 9. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, die Regelungen des Wettbewerbs- und Kartellrechts zu prüfen und ggf. anzupassen, um insbesondere auf Ebene der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte die Voraussetzungen für eine engere Zusammenarbeit und eine Stärkung der Marktstellung der Unternehmen zu schaffen.
An das BMELV wurden bislang keine Fälle herangetragen, in denen das bestehende Kartellrecht geplanten Fusionen oder Kooperationen zur Stärkung der Marktposition entgegensteht. So hat z.B. das Bundeskartellamt jüngst (Juni 2009) die beabsichtigte Gründung einer gemeinsamen Vermarktungsgesellschaft der Humana Milchindustrie GmbH und der Nordmilch AG freigegeben. Nach derzeitiger Auffassung erscheinen deshalb die im Kartellrecht enthaltenen Möglichkeiten, insbesondere die Verhandlungsposition der Erzeugerebene (einschließlich der Molkereien) gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel durch Fusionen oder Kooperationen zu stärken, nicht ausgeschöpft. Sollten sich jedoch tatsächlich Anzeichen ergeben, dass bestehende Regelungen des Kartellrechts der gewünschten stärkeren Bündelung von Aktivitäten von Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft in konkreten Fällen entgegensteht, wird BMELV dies prüfen und ggf. initiativ werden.
- 10. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, nationale Forschungseinrichtungen im Agrarsektor zu stärken und die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Wirtschaftsbeteiligten zur Entwicklung neuer Produkte und zur Erschließung attraktiver Märkte zu fördern.
Mit der Neuordnung seiner Ressortforschung hat das BMELV seine Einrichtungen gestärkt. Damit sind die Voraussetzungen für fruchtbare Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen geschaffen worden. Die neuen Möglichkeiten werden von den Ländern wahrgenommen. So wurde eine Rahmenvereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg zur Zusammenarbeit zwischen Max Rubner-Institut (MRI) und den Universitäten des Landes bereits abgeschlossen. Eine gemeinsame Absichtserklärung zur stärkeren Zusammenarbeit von MRI und der Universität Kiel wurden vom BMELV und dem Wissenschaftsministerium Schleswig-Holsteins abgegeben.
Das BMELV hat zudem zugesagt, den Aufbau einer Agrarforschungsallianz finanziell zu unterstützen. Die Allianz geht auf eine gemeinsame Initiative des Fakultätentages für Agrarwissenschaften, der Leibniz-Gemeinschaft und des Senats der Bundesforschungsinstitute des BMELV zurück. Die Mitglieder dieser Vereinigungen stellen den allergrößten Teil der Agrarforschungsinstitute in Deutschland dar. Die Allianz hat zum Ziel, der Fragmentierung der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung durch eine Bündelung der Kompetenzen entgegenzuwirken. Mit der Einführung des Forschungs- und Informationssystems Agrar (FISA) als gemeinsame Initiative von BMELV und Ländern können außerdem vorhandene Ressourcen in den Forschungseinrichtungen effizienter genutzt und die Agrar- und Ernährungsforschung in Deutschland stärker vernetzt werden.
Mit seinem Programm zur Innovationsförderung verfügt das BMELV über ein geeignetes Instrument, innovative Vorhaben von Wirtschaft und Wissenschaft weiter voranzutreiben. Dazu dienen auch die in diesem Zusammenhang veranstalteten Innovationstage.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in Abstimmung mit dem BMELV die Förderinitiative "Kompetenznetze in der Agrarforschung" mit dem Ziel einer stärkeren Vernetzung von Universitäten mit anderen Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen. Sie soll dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung langfristig zu sichern.
Die Bundesregierung fordert auch die Länder auf, das Notwendige auf ihrer Seite zu unternehmen, um zu einer Stärkung der Forschungseinrichtungen und zu einer besseren Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsbeteiligten zu kommen.
- 11. Insbesondere sieht der Bundesrat die Lage auf dem Milchmarkt mit großer Sorge.
In den letzten Monaten wurde versucht, auf verschiedenen Wegen Abhilfe zu schaffen. Mit vorfristig begonnener privater Lagerhaltung, Intervention und Exporterstattungen ist es zwar gelungen, den Milchpreis etwa auf Höhe des Interventionspreises zu stoppen. Eine grundsätzliche Änderung der Marktlage ist jedoch bisher nicht erkennbar. Nachteilig wirkt sich in diesem Zusammenhang auch aus, dass die Milchbauern versuchen, ihre durch den niedrigen Milchpreis bedingten Mindereinnahmen mit Hilfe erhöhter Produktionsmengen zu kompensieren.
Der Bundesrat stellt fest, dass zusätzliche staatliche Regelungsvorgaben zur Begrenzung der Angebotsmengen von Milch - Quotenkürzungen, Rücknahme der beschlossenen Quotenerhöhungen, Abschaffung der Saldierungsmöglichkeiten - trotz mehrfacher Initiative der Bundesregierung auf europäischer Ebene offenbar nicht mehrheitsfähig sind.
Der Bundesrat fordert die Akteure innerhalb der Wertschöpfungskette Milch auf, gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln, die ein zügiges und wirksames Reagieren auf Marktschwankungen ermöglichen. Dazu gehört insbesondere die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen der Marktpartner.
Insgesamt zeichnet sich am Milchmarkt seit einigen Wochen eine leichte Erholung ab. Hinweise hierauf sind ein Anstieg der Weltmarktpreise, erhöhte Preisforderungen auf dem so genannten Spotmarkt für Verarbeitungsmilch, ein Anstieg der Butter- und Milchpulverpreise und eine Befestigung der übrigen Preise für Milch und Milcherzeugnisse. Auch die Einlagerungen von Butter und Magermilchpulver in die Intervention sind nahezu zum Erliegen gekommen. Die Milchlieferungen haben von Januar bis August dieses Jahres im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum zwar um rd. 4,5 % zugenommen. Dies ist jedoch auch auf den milchstreikbedingten Ausfall der Milchlieferungen in den Monaten Mai und Juni des Vorjahres zurückzuführen.
Die Bundesregierung unterstützt die an die Akteure der Wertschöpfungskette gerichtete Forderung zur Entwicklung geeigneter vertraglicher Beziehungen auf privatwirtschaftlicher Ebene, um der zunehmenden Volatilität des Milchmarktes besser begegnen zu können. Darüber hinaus begrüßt die Bundesregierung die Einsetzung einer Sachverständigengruppe, die sich mit Fragen der Lebensmittelkette Milch und Möglichkeiten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des EU-Milchsektors intensiv beschäftigen soll.