Der Deutsche Bundestag hat in seiner 133. Sitzung am 5. November 2015 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2015) - Drucksachen 18/6090, 18/6447 - den beigefügten Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/6588 angenommen.
Deutscher Bundestag Drucksache 18/6588
18. Wahlperiode 04.11.2015
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/6090, 18/6447, 18/6580, 18/6581 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2015)
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag begrüßt den gemeinsamen Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik vom 24. September 2015. Mit dem Zweiten Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2015 w erden vor allem die haushaltsmäßigen Voraussetzungen zur Umsetzung dieses Beschlusses geschaffen, sofern Maßnahmen im Jahr 2015 erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für die Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Danach sollen die Länder und Kommunen im Jahr 2015 insgesamt in Höhe von 2 Mrd. Euro entlastet werden. Darüber hinaus wird aus den Haushaltsüberschüssen eine Rücklage gebildet, um die notwendigen Ausgaben im Jahr 2016 möglichst ohne neue Schulden finanzieren zu können.
Das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2015 vollzieht damit zum Teil für das Haushaltsjahr 2015 na ch, w as b ereits m it de m A sylverfahrensbeschleunigungsgesetz (Bundestagsdrucksache 18/6185) vom 20. Oktober 2015 beschlossen wurde. Mit dem Abschluss d es V ermittlungsverfahrens z um R egionalisierungsgesetz wurden darüber hinaus die Voraussetzungen geschaffen, auch in der Zukunft ein Nahverkehrsangebot zu sichern, um vielen Menschen den Weg zur Arbeit zu erleichtern und auch die Naherholung in allen Bundesländern ohne Auto zu ermöglichen.
Beginnend mit dem Bundeshaushalt 2016 werden dann die Mittel, die im Bundeshaushalt durch den Wegfall des Betreuungsgeldes frei werden, den Ländern zur Verfügung gestellt, um Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung umzusetzen.
Mit dem Bundeshaushalt 2016 verdoppelt der Bund die Mittel für die Wohnraumförderung. Bisher erhalten die Länder jährlich 518,2 Millionen Euro, obwohl die soziale W ohnraumförderung Länderaufgabe i st. Zur S chaffung be zahlbaren W ohnraums sollen die Länder in den kommenden vier Jahren 2 Milliarden Euro zusätzlich erhalten. Die Länder haben sich verpflichtet, diese Mittel zweckgebunden für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden. Vielerorts ist bezahlbarer Wohnraum in den letzten Jahren knapper geworden. Die Städte und Gemeinden in Deutschland sind attraktiv, gerade auch für junge Menschen, um Familien zu gründen und eine berufliche Existenz aufzubauen. Es muss mehr bezahlbarer Wohnraum für Alle entstehen. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben deswegen am 24. September 2015 auch beschlossen, dass Bund und Länder unverzüglich mittels geeigneter Anreizinstrumente den Neubau von preiswertem Wohnraum in Gebieten mit angespannter Wohnungslage fördern werden.
Mit diesen Maßnahmen setzt der Bund eine lange Reihe von Maßnahmen zur Entlastung von Ländern und Kommunen fort, ganz im Sinne der verfassungsrechtlichen Zielsetzung, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet herzustellen. Beispielsweise stellt der Bund zur Entlastung der Kommunen in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 1 Milliarde Euro zur Verfügung, im Jahr 2017 dann 2,5 Milliarden Euro und ab dem Jahr 2018 dann 5 Milliarden Euro. Damit die Länder und Gemeinden die großen Herausforderungen bei Bildung und Forschung besser bewältigen können, werden die Länder in der laufenden Legislaturperiode in Höhe von knapp 20 Milliarden Euro entlastet, unter anderem durch die Übernahme der kompletten BAföG-Kosten durch den Bund sowie den Hochschulpakt und die Exzellenzinitiative.
In der Regel sind diese haushaltswirksamen Maßnahmen mit bestimmten Zielsetzungen verbunden, gleich ob es sich um Einnahmeerhöhungen der Länder handelt oder um die Übernahme von Finanzierungsverantwortung: Der Bund verschafft den Ländern und Kommunen größere finanzielle Spielräume, damit diese bestimmte Aufgaben wahrnehmen bzw. besser bewältigen können. Diese Zielsetzungen entspringen immer politischen Vereinbarungen; in vielen Fällen sind sie aber auch als gesetzliche Zweckbindung festgeschrieben.
Allerdings ist die zweckentsprechende Verwendung der überwiesenen Bundesmittel und finanziellen Entlastungen oft nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Nicht immer sind Nachweis- und Berichtspflichten etabliert. Dort, wo es sie gibt, fehlt es mitunter an einheitlichen Standards und Transparenz in der Berichterstattung.
Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung stellt in seinem Bericht zu den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vom Januar 2015 dazu kritisch fest:
"Die fehlenden Prüfungsund Kontrollrechte bei der Gewährung von Finanzhilfen lassen es im Ergebnis offen, ob die vom Bund gewährten Mittel zweckentsprechend und wirtschaftlich verwendet werden." Die Vielfalt von Leistungen und Verflechtungen der staatlichen Ebenen erschwere eine transparente Darstellung. In bestimmten B ereichen führe dies zu Fehlanreizen, Reibungsverlusten und unwirtschaftlichem Verhalten.
Dies liegt weder im Interesse des Bundes, noch im Interesse von Ländern und Gemeinden. Die Mittel müssen dort ankommen, wo sie den jeweiligen Vereinbarungen entsprechend gebraucht werden, und die Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen können, ob die Mittel zweckentsprechend eingesetzt werden.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
- 1. ihn jeweils nach Ende eines Haushaltsjahres zum 31. Mai darüber zu unterrichten,
- a) wie sich der Bund in Umsetzung des von Bund und Ländern am 24. September 2015 beschlossenen Konzepts an den gesamtstaatlichen Kosten beteiligt hat, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen;
- b) wie die Länder die Mittel eingesetzt haben, die da rauf zurückzuführen sind, dass der Bund sie
- aa) von Kosten für Asylbewerber und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entlastet,
- bb) bei der weiteren Verbesserung der Kinderbetreuung entlastet;
dabei darzustellen, wie die Länder die vom Bund erhaltenen Mittel an die Kommunen weitergegeben haben in den Fällen, in denen die Kommunen Kostenträger sind, sowie eine Verständigung mit den Ländern herbeizuführen, damit diese nach einheitlichen und na chvollziehbaren Kriterien berichten;
- 2. ihn jeweils nach Ende eines Haushaltsjahres zum 31. Mai darüber zu unterrichten, wie die Länder die Mittel eingesetzt haben, die darauf zurückzuführen sind, dass der Bund sie von den Ausgaben für das BAföG entlastet hat;
- 3. ihn jeweils nach Ende eines Haushaltsjahres bis spätestens zum 31. Mai eines Jahres darüber zu unterrichten, wie die Länder die Kompensationsmittel für den Bereich der sozialen Wohnraumförderung verwendet haben, die auf Grundlage des Beschlusses vom 24. September 2015 für die Jahre 2016 bis 2019 jeweils um 500 M illionen Euro erhöht werden und z weckgebunden für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden sollen;
- 4. sich gegenüber den Ländern dafür einzusetzen,
- a) dass die zur Verfügung gestellten Kompensationsmittel vorrangig für die Schaffung von neuem Wohnraum, d.h. insbesondere den Neubau von sozialem Wohnraum, verwendet werden;
- b) dass die Länder die vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel mit eigenen Mitteln deutlich aufstocken;
- c) dass die Länder verstärkt Zuschüsse im Rahmen ihrer Förderprogramme der sozialen W ohnraumförderung gewähren, um schnell wirksame A nreize für den Bau von Sozialwohnungen zu setzen;
- 5. ihm im ersten Quartal des Jahres 2016 darzulegen, mit welchen geeigneten Anreizinstrumenten der Bund und die Länder den Neubau von preiswertem Wohnraum fördern werden;
- 6. insgesamt gemeinsam mit den Ländern darauf hinzuwirken, dass bei haushaltswirksamen Maßnahmen des Bundes, die zu Entlastungen der Länder und Gemeinden führen und die mit bestimmten Zielsetzungen und Verwendungszwecken verbunden sind, Nachweis- und Berichtsverfahren etabliert werden, die Aufschluss über eine zweckentsprechende Mittelverwendung geben;
- 7. die Empfehlungen des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zu Verbesserungen in der Verteilung von Verantwortung, Aufgaben und (Finanzierungs-)Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in die Überlegungen z ur a nstehenden Neuregelung d er B und-Länder-Finanzbeziehungen einzubeziehen.
III. Der Deutsche Bundestag bittet die Länder,
der Bundesregierung die für die Erstellung der Unterrichtungen erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Berlin, den 3. November 2015
Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion Thomas Oppermann und Fraktion