Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 307653 - vom 14. Mai 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. April 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Genfer Konventionen und insbesondere Artikel 27 des Vierten Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten,
- - unter Hinweis auf die Genfer Konvention von 1951 über die Rechtsstellung von Flüchtlingen und das Zusatzprotokoll von 1967,
- - unter Hinweis auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Truppen (SOFA), welches im November 2008 von der US-amerikanischen und der irakischen Regierung unterzeichnet wurde,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zur humanitären Lage der irakischen Flüchtlinge1 und seine Entschließung vom 4. September 2008 zu Hinrichtungen im Iran2, in denen unter anderem auf die Tatsache verwiesen wird, dass die Bewohner des Lagers Ashraf nach der Vierten Genfer Konvention als geschützte Personen gelten,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das im Nordirak gelegene Lager Ashraf in den 80er Jahren für Mitglieder der iranischen Oppositionsbewegung Organisation der Volksmudschaheddin Irans (PMOI) eingerichtet worden war,
B. in der Erwägung, dass die US-amerikanischen Truppen in Irak die Bewohner des Lagers Ashraf im Jahr 2003 entwaffneten und ihnen Schutz boten, nachdem sie nach den Genfer Konventionen zu "geschützten Personen" erklärt worden waren,
C. in der Erwägung, dass der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte die irakische Regierung mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 nachdrücklich aufgefordert hat, die Bewohner des Lagers Ashraf vor Abschiebung, Ausweisung oder zwangsweiser Rückführung, die einen Verstoß gegen den Grundsatz des Non-Refoulement darstellen würde, zu schützen und auf jegliche Maßnahme zu verzichten, die ihr Leben oder ihre Sicherheit gefährden würde,
D. in der Erwägung, dass die Kontrolle über das Lager Ashraf nach dem irakisch-US-amerikanischen Abkommen über die Rechtsstellung der Truppen mit Wirkung vom 1. Januar 2009 den irakischen Sicherheitskräften übertragen wurde,
E. in der Erwägung, dass sich die staatlichen Stellen jüngsten Erklärungen des irakischen nationalen Sicherheitsberaters zufolge angeblich mit der Absicht tragen, die weitere Anwesenheit der Bewohner des Lagers Ashraf allmählich "untragbar" zu machen, und in der Erwägung, dass er angeblich auch ihre Ausweisung/Auslieferung und/oder ihre zwangsweise Umsiedelung innerhalb Iraks erwähnt hat,
- 1. fordert den irakischen Ministerpräsidenten mit Nachdruck auf, dafür Sorge zu tragen, dass die irakischen Staatsorgane keine Maßnahmen ergreifen, die die Menschenrechte der Bewohner des Lagers Ashraf verletzen, und die Absichten, die die Regierung ihnen gegenüber verfolgt, klarzustellen; fordert die irakischen Staatsorgane auf, das Leben sowie die körperliche und seelische Unversehrtheit der Bewohner des Lagers Ashraf zu schützen und sie im Einklang mit den Verpflichtungen nach den Genfer Konventionen zu behandeln, insbesondere sie nicht zwangsweise umzusiedeln, abzuschieben, auszuweisen oder rückzuführen, was einen Verstoß gegen den Grundsatz des Non-Refoulement darstellen würde;
- 2. respektiert die persönlichen Wünsche der im Lager Ashraf lebenden Menschen in Bezug auf ihre Zukunft und vertritt die Auffassung, dass diejenigen, die im Lager Ashraf leben, und andere iranische Staatsangehörige, die derzeit in Irak wohnen, nachdem sie Iran aus politischen Gründen verlassen haben, Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen werden könnten, wenn sie unfreiwillig in den Iran zurückgebracht würden, und weist mit Nachdruck darauf hin, dass niemand direkt oder über ein Drittland rückgeführt und einer Lage ausgesetzt werden sollte, in der ihm Folter oder andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen könnten;
- 3. fordert die irakische Regierung auf, ihre Blockade des Lagers zu beenden und die Rechtsstellung der Bewohner des Lagers Ashraf, die nach den Genfer Konventionen als "geschützte Personen" gelten, zu respektieren und von jedweder Maßnahme Abstand zu nehmen, die ihr Leben oder ihre Sicherheit gefährden würde, und ihnen vor allem uneingeschränkten Zugang zu Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung und Bedarfsmaterial, Brennstoff, Familienmitgliedern und internationalen Hilfsorganisationen zu gewähren;
- 4. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam mit der irakischen und der US-amerikanischen Regierung, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz auf eine zufrieden stellende langfristige Rechtsstellung für die Bewohner des Lagers Ashraf hinzuarbeiten;
- 5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, der Regierung der Vereinigten Staaten und der Regierung und dem Parlament des Irak zu übermitteln.
- 1 ABl. C 175 E vom 10.7.2008, S. 609.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2008)0412.