912. Sitzung des Bundesrates am 5. Juli 2013
A
- 1. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen Bundestag am 7. Juni 2013 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
B
- 2. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
Zu Artikel 2a Nummer 1 - neu - (§ 35a Absatz 6a - neu - SGB IV)
Der Bundesrat bezweifelt, dass mit der Regelung zum Zustimmungsvorbehalt für Vorstandsdienstverträge ein funktionierendes Verfahren geschaffen wird. Die Verantwortung für die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit für die Vorstandsdienstverträge der genannten Körperschaften wird auf die jeweilige Aufsichtsbehörde verlagert. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bedarf es weiterer Konkretisierungen im Gesetz. Die im Gesetz aufgeführten möglichen Entscheidungskriterien sind zu unbestimmt, als dass sie Maßstab für eine transparente, rechtssichere und objektive aufsichtsrechtliche Bewertung sein können. Es ist absehbar, dass es in Folge der Anwendung dieser Regelung zu einer Vielzahl rechtlicher Auseinandersetzungen kommen wird.
Um dies zu vermeiden, erwartet der Bundesrat von der Bundesregierung eine rasche Konkretisierung in einem kommenden Gesetzgebungsverfahren unter Einbeziehung der Länder.
Begründung (nur für das Plenum):
Das Bundessozialgericht hat den Körperschaften bei der Anwendung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine Einschätzungsprärogative eingeräumt, die die Aufsichtsbehörde zu respektieren hat. Es besteht danach zunächst ein Vorrecht der Selbstverwaltung zur konkretisierenden Anwendung dieser Haushaltsgrundsätze mit einem gehörigen Einschätzungsspielraum; lediglich eindeutige Grenzüberschreitungen dürften von der Aufsichtsbehörde als rechtswidrig beanstandet werden.
Für die Vorstandsdienstverträge mangelt es bisher jedoch an konkreten und vergleichbaren Maßstäben. Nicht nachvollziehbare Erhöhungen der Vorstandsvergütungen und das intransparente Zustandekommen der Vorstandsdienstverträge waren in der Vergangenheit immer wieder Anlass zu Kritik in der Öffentlichkeit. Die Selbstverwaltung, insbesondere die Kontrolle des Vorstandes durch die Selbstverwaltungsorgane, habe solche Fehlentwicklungen nicht effektiv verhindern können. Um dem zu begegnen, sollen die Verträge zukünftig einem Zustimmungsvorbehalt unterliegen.
Mit der Einführung eines Zustimmungsvorbehalts für Vorstandsdienstverträge wird zwar Rechtsklarheit darüber geschaffen, dass diese Verträge der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde bedürfen. Es fehlt jedoch an konkreten und vergleichbaren Maßstäben als Basis für die Entscheidungen der Aufsichtsbehörden. Dass die Vergütung der Mitglieder des Vorstandes in einem angemessenen Verhältnis zum Aufgabenbereich, zur Größe und zur Bedeutung der Körperschaft zu stehen hat und dabei insbesondere die Zahl der Mitglieder der Körperschaft zu berücksichtigen ist, verweist lediglich darauf, welche Parameter bei der Beurteilung heranzuziehen sind.
Der Bundesrechnungshof hatte angeregt, Vergütungsmaßstäbe zu entwickeln, die vom Marktniveau unabhängig sind und eine gesetzliche Obergrenze für Vorstandsvergütungen in Betracht zu ziehen.
Im Gesetz gibt es keinen Hinweis darauf, welche konkreten Maßstäbe unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei den jeweiligen Körperschaften angelegt werden sollen. Folglich fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, welche Vergütungshöhen, Nebenleistungen und Versorgungsansprüche als angemessen gelten können. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere deshalb von Bedeutung, da diese Regelungen auch auf andere Körperschaften, wie Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen, Medizinische Dienste der Krankenversicherung und so weiter Anwendung finden sollen.