Punkt 2 der 900. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012
Der Bundesrat möge ferner folgende Entschließung fassen:
Der Bundesrat befürchtet, dass die Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU durch Artikel 1 Nummer 57 (§ 72a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, Absatz 1a Nummer 4, 6, 7 und 8 AMG) in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 5 (Inkrafttreten) des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften ab dem 2. Juli 2013 dazu führt, dass pharmazeutische Wirkstoffe aus Ländern außerhalb der EU nicht mehr eingeführt werden können, weil die nach der Neufassung des § 72a AMG erforderlichen Bestätigungen der zuständigen Behörden der Drittländer nicht bei der Einfuhr vorgelegt werden können.
Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, unmittelbar nach Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften an die Kommission heranzutreten und sich dringlich dafür einzusetzen, dass die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2011/62/EU genannte Überleitungsfrist zunächst um mindestens ein Jahr, das heißt auf den 2. Juli 2014 verlängert wird.
Begründung:
Das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften sieht in Umsetzung der genannten EU-Richtlinie vor, dass ab dem 2. Juli 2013 pharmazeutische Wirkstoffe nur noch dann eingeführt werden können, wenn eine von den Behörden des Ursprungslands ausgestellte Bestätigung vorliegt, wonach die im wirkstoffherstellenden Betrieb angewendeten Good Manufactoring Practice (GMP)-Standards denen der EU zumindest gleichwertig sind, der Betrieb regelmäßigen Kontrollen und Maßnahmen, einschließlich wiederholter und unangekündigter Inspektion, unterliegt und festgestellte Verstöße vom Drittstaat unverzüglich an die EU weitergeleitet werden.
Es ist jedoch deutlich abzusehen, dass von einem überwiegenden Teil der Länder außerhalb der EU die Bestätigungen mit dem vorgesehenen Inhalt nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig zum 2. Juli 2013 ausgestellt werden. Schon angesichts der Vielzahl von wirkstoffherstellenden Unternehmen und der Vielzahl von Herstellungsländern außerhalb der EU ist vielmehr davon auszugehen, dass allenfalls für einen geringen Anteil von Unternehmen die Bestätigung ausgestellt sein wird.
Es wird daher eine Einfuhr von pharmazeutischen Wirkstoffen in die EU in bisherigem Umfang nicht mehr möglich sein. Eine Versorgung der in der EU ansässigen Arzneimittelindustrien mit pharmazeutischen Wirkstoffen kann nicht mehr ausreichend gewährleistet werden, denn etwa 80 Prozent der benötigten Wirkstoffe stammen aus EU-Drittländern, nur etwa 20 Prozent werden in der EU selbst produziert. Dies deckt den Bedarf der Arzneimittelhersteller nicht, gefährdet die Marktversorgung mit Arzneimitteln und läuft damit dem Interesse der Patienten zuwider.
Daher ist eine verlängerte Umsetzungsfrist seitens der EU erforderlich, damit sich Behörden und Unternehmen in den Ländern außerhalb der EU auf die neuen Anforderungen hinreichend vorbereiten können, und danach eine entsprechende Anpassung durch künftige erneute Änderung des Arzneimittelgesetzes vornehmen.