Punkt 16 der 926. Sitzung des Bundesrates am 10. Oktober 2014
Der Bundesrat möge anstelle von Ziffer 3 der Ausschussempfehlungen zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung nehmen:
- a) Der Bundesrat begrüßt die auch im Gesetzentwurf (vgl. BR-Drucksache 422/14 (PDF) , Begründung des Gesetzentwurfs, S. 12, 21) dokumentierte Absicht der Bundesregierung, zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit aus Artikel 36 des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (ETS 210 - Istanbul-Konvention) gesetzgeberischer Handlungsbedarf im Hinblick auf die Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen folgt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diese Prüfung zügig voranzutreiben.
- b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob Sachverhalte mit nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen strafrechtlich in § 177 StGB oder anderweitig im Dreizehnten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB zu integrieren sind.
Der Grundtatbestand des § 177 Absatz 1 StGB verlangt die Überwindung eines Widerstands des Opfers zur Vornahme einer sexuell bestimmten Handlung des Täters unter Zuhilfenahme eines der dort aufgeführten Nötigungsmittel, d.h. es wird für die Begründung einer Strafbarkeit nicht auf das fehlende Einverständnis des Opfers abgestellt.
Das dritte, in § 177 Absatz 1 Nummer 3 StGB enthaltene Nötigungsmerkmal "unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist" wurde in die Regelung des § 177 StGB aufgenommen, um auch solche Fälle als strafbares Verhalten zu erfassen, in denen das Opfer wegen der Aussichtslosigkeit von Widerstand oder aus Angst keine Gegenwehr leistet. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung etwaigen weiteren Regelungsbedarf anhand konkreter Fälle prüfen möchte. Einer der Fälle ist, dass das Nötigungsmerkmal des § 177 Absatz 1 Nummer 3 StGB beispielsweise dann nicht erfüllt ist, wenn das Opfer auf Gegenwehr verzichtet, weil es sich in einer schutzlosen Lage wähnt, die objektiv nicht gegeben ist.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, nach Abschluss der Prüfung erkannte Strafbarkeitslücken bei nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen rasch zu schließen.