A. Problem und Ziel
Vereinigungen, insbesondere im Bereich der kriminellen Rockergruppierungen, können einen Deckmantel für vielfältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität, wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte, bieten. Dem soll durch eine Verschärfung des Vereinsgesetzes entgegengetreten werden. Kennzeichen verbotener Vereinigungen sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, sollen von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht mehr weiter genutzt werden.
B. Lösung
Dies wird durch eine Änderung des Kennzeichenverbotes des § 9 Absatz 3 des Vereinsgesetzes (VereinsG) sowie der Strafvorschrift des § 20 Absatz 1 Satz 2 VereinsG erreicht.
C. Alternativen
Keine
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Der Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Durch die Novellierung des Vereinsgesetzes ist keine Veränderung des Vollzugsaufwands auf Bundesebene zu erwarten. Auf Landesebene kann sich jedoch durch den erweiterten Kreis der zu verbietenden Kennzeichen die Anzahl der durchzuführenden Maßnahmen marginal erhöhen. Durch die einfachere Handhabung der nun klarer gefassten Vorschriften ist mit einer Reduzierung des fallbezogenen Aufwands zu rechnen.
F. Weitere Kosten
Die vorgesehenen Regelungen werden keine wesentlichen Änderungen von Angebots- und Nachfragestrukturen zur Folge haben. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 12. August 2016
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 23.09.16
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Vereinsgesetzes
Das Vereinsgesetz vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), das zuletzt durch [...] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 9 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
"Absatz 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen Vereinen verwendet werden. Ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins wird insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem äußeren Gesamterscheinungsbild das Kennzeichen des verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird."
2. In § 20 Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe " § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2" durch die Wörter " § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 Satz 1" ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Vereinigungen, insbesondere im Bereich der kriminellen Rockergruppierungen, können einen Deckmantel für vielfältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität, wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten. Dem soll durch eine Verschärfung des Vereinsgesetzes entgegengetreten werden. Kennzeichen verbotener Vereinigungen sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, sollen von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht mehr weiter genutzt werden.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Künftig sollen Kennzeichen verbotener Vereine sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, effektiv aus der Öffentlichkeit verbannt werden. Dies wird durch eine Änderung des Kennzeichenverbotes nach § 9 Absatz 3 des Vereinsgesetzes (VereinsG) sowie der Strafvorschrift des § 20 Absatz 1 Satz 2 VereinsG erreicht.
III. Alternativen Keine IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 (Strafrecht) und Nummer 3 (Vereinsrecht) des Grundgesetzes.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Durch den Gesetzentwurf wird das Kennzeichenverbot praxistauglich ausgestaltet, da die Polizei in Bund und Ländern künftig allein anhand objektiver Kriterien feststellen kann, ob ein Verein ein Kennzeichen in wesentlich gleicher Form verwendet wie der verbotene Verein. Dadurch kann das Kennzeichenverbot effektiver durchgesetzt werden. Dies führt zu einer Rechts- und Verwaltungsvereinfachung.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Die Änderungen stehen im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Insbesondere wird der Indikator Nummer 15 umgesetzt, Kriminalität zu bekämpfen und die persönliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiter zu erhöhen.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind für Bund, Länder und Gemeinden durch den Gesetzentwurf nicht zu erwarten.
4. Erfüllungsaufwand
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand. Der Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
Durch die Novellierung des Vereinsgesetzes ist keine Veränderung des Vollzugsaufwands auf Bundesebene zu erwarten. Auf Landesebene kann sich durch den erweiterten Kreis der zu verbietenden Kennzeichen die Anzahl der durchzuführenden Maßnahmen marginal erhöhen (z.B. Sicherstellung von Kennzeichen krimineller Rockergruppierungen und der mit diesen Kennzeichen versehenen Gegenstände durch die jeweils zuständigen Polizei- und Ordnungsbehörden). Durch die einfachere Handhabung der nun klarer gefassten Vorschriften ist mit einer Reduzierung des fallbezogenen Aufwands zu rechnen.
5. Weitere Kosten
Die vorgesehenen Regelungen werden keine wesentlichen Änderungen von Angebots- und Nachfragestrukturen zur Folge haben. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Gleichstellungspolitische und verbraucherpolitische Auswirkungen sowie Auswirkungen auf die demografische Entwicklung sind nicht zu erwarten.
VII. Befristung; Evaluierung
Eine Befristung der Gesetzesänderung ist nicht vorgesehen, da die Regelungen wegen der Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung eine dauerhafte Geltung beanspruchen. Eine Evaluierung ist nicht erforderlich, da laufend die Rechtsprechung zu den neuen Regelungen ausgewertet werden kann.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Vereinsgesetzes)
Zu Nummer 1
Mit der Streichung des subjektiven Merkmals des Teilens der Zielrichtung des verbotenen Vereins in § 9 Absatz 3 VereinsG und der zusätzlich eingefügten Erläuterung, wann ein Kennzeichen in im Wesentlichen gleicher Form verwendet wird, wird das Kennzeichenverbot praxistauglich ausgestaltet, da die Polizei in Bund und Ländern künftig allein anhand objektiver Kriterien feststellen kann, ob ein Verein ein Kennzeichen in wesentlich gleicher Form verwendet wie der verbotene Verein. Die angestrebte Gesetzesänderung zielt vor allem auf solche Fälle der Verwendung von Kennzeichen verbotener Vereine durch selbständige "Schwestervereine" ab, bei denen lediglich die jeweilige Orts- oder Untergliederungsbezeichnung ausgetauscht wird. Dieses Ziel sollte bereits mit der Schaffung des § 9 Absatz 3 VereinsG im Jahre 2002 (vgl. Bundestags-Drucksache 014/7386) erreicht werden. Mit der damaligen Gesetzesänderung sollte klargestellt werden, dass auch der im Wesentlichen gleiche Auftritt eines nicht verbotenen Schwestervereins unter Beifügung einer unterscheidenden Ortsbezeichnung ebenfalls unter das Kennzeichenverbot fällt. In der Praxis wurde aber der Zusatz "die Zielrichtung teilenden" von den Gerichten so ausgelegt, dass sich das Merkmal des Teilens auf diejenigen Ziele beziehen muss, die zum Vereinsverbot geführt haben und letztlich auch zum Verbot des Schwestervereins führen könnten (vgl. dazu die Auflistung im Urteil des BGH vom 9. Juli 2015, 3 StR 33/15). Dies wird aber dem vom Gesetzgeber intendierten Zweck der Regelung, die Kennzeichen verbotener Vereine effektiv aus der Öffentlichkeit zu verbannen, nicht gerecht.
Indem nun der Zusatz ("die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden") gestrichen und zugleich näher erläutert wird, wann eine Verwendung in im Wesentlichen gleicher Form vorliegt, kann das Kennzeichenverbot effektiver durchgesetzt und den Gefahren, die aus der Verwendung solcher Kennzeichen erwachsen, die auf strafbare Aktivitäten oder verfassungsfeindliche Bestrebungen hindeuten, wirksamer entgegengetreten werden. Ein Verein, der im Wesentlichen gleiche Kennzeichen wie der verbotene Verein verwendet, erweckt in der Öffentlichkeit zumindest den Eindruck, er stehe gleichermaßen für die strafbaren Aktivitäten oder verfassungswidrigen Bestrebungen des verbotenen Vereins. Das in § 9 VereinsG geregelte Kennzeichenverbot soll somit Gefahren abwehren, die allein mit dem äußeren Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind.
Es ist dabei nicht unverhältnismäßig, einem solchen Verein zur Vermeidung dieses Eindrucks die Weiterverwendung derartiger Kennzeichen zu verbieten, sobald das Vereinsverbot vollziehbar ist. Das mit der Gesetzesänderung angestrebte Verbot der Verwendung ähnlicher Kennzeichen durch selbständige Vereine, die zwar das gleiche Erscheinungsbild, nicht aber auch zwingend die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilen müssen, ist geeignet, die daraus erwachsenden Gefahren zu bekämpfen; ein milderes Mittel um diese Gefahren in gleicher Weise zu bekämpfen, ist nicht ersichtlich. In die Betrachtung einzubeziehen ist, dass es sich bei § 9 VereinsG um eine polizeiliche Vorschrift handelt, die den Polizei- und Ordnungsbehörden die Möglichkeit gibt, zur Gefahrenabwehr einzuschreiten. Wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das vom einzelnen Verein verwendete Kennzeichen doch nicht geeignet ist, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, für die strafbaren Aktivitäten des verbotenen Vereins zu stehen, oder ein polizeiliches Einschreiten aus anderen Gründen unverhältnismäßig wäre, kann die Polizeibehörde von einem Tätigwerden nach der polizeilichen Generalklausel absehen.
Zu beachten ist außerdem, dass unter kriminellen Vereinigungen, insbesondere Rockergruppierungen genau reglementiert ist, wer und zu welchen Bedingungen ihre Kennzeichen in der Öffentlichkeit verwenden darf. Es sind Fälle bekannt, wo Dritten, die unberechtigt ähnliche Kennzeichen verwendet haben, unter Gewaltandrohung die weitere Kennzeichenverwendung untersagt wurde. Es ist damit kaum denkbar, dass ein gesetzestreuer Verein rein versehentlich ein ähnliches Kennzeichen verwendet und in der Folge durch ein Kennzeichenverbot betroffen wäre. Damit ist eine unverhältnismäßige Inpflichtnahme von unbeteiligten Dritten ausgeschlossen.
Zu Nummer 2
Durch die Einbeziehung des § 9 Absatz 3 VereinsG in die Strafnorm des § 20 Absatz 1 Satz 2 VereinsG wird eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Mit der Änderung wird sichergestellt, dass nicht nur die Verwendung von Kennzeichen, die mit denen eines verbotenen Vereins identisch sind oder diesen zum Verwechseln ähnlich sehen, sondern auch das Verwenden von Kennzeichen verbotener Vereine "in im Wesentlichen gleicher Form" der Strafbarkeit nach § 20 Absatz 1 Satz 2 VereinsG unterworfen ist. Künftig sollen damit auch Kennzeichen effektiv aus der Öffentlichkeit verbannt werden, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.