Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen
(Hofraumverordnung - HofV)

A. Problem und Ziel

In ehemals preußischen Gebieten der ostdeutschen Länder gibt es noch immer sogenannte ungetrennte Hofräume. Ungetrennte Hofräume sind nur in ihren Außengrenzen vermessen und im Kataster eingetragen. Der im Liegenschaftskataster als eine Einheit ausgewiesene ungetrennte Hofraum besteht aber aus mehreren, rechtlich verschiedenen Grundstücken, die im Einzelnen weder vermessen noch katastermäßig in einer Flurkarte unter einer Flurstücksnummer erfasst sind. Die konkrete Lage in der Natur und die Größe der einzelnen Grundstücke sind somit nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Ehemals diente in diesen Fällen nicht das Kataster, sondern das Gebäudesteuerbuch als amtliches Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Mit der Hofraumverordnung vom 24. September 1993 (BGBl. I S. 1658) wurde deshalb bestimmt, dass das amtliche Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung durch das Gebäudesteuerbuch, hilfsweise den Einheitswert-, den Grundsteuer-, den Grunderwerbssteuer- und den Abwassergebührenbescheid ersetzt wird.

Beim Erlass der Hofraumverordnung 1993 und ihrer Verlängerung im Jahr 2010 wurde davon ausgegangen, dass die Auflösung der ungetrennten Hofräume bis zum Ablauf des Jahres 2015 abgeschlossen sein würde. Es hat sich nunmehr aber gezeigt, dass allein in Nordsachsen noch etwa 570 Anteile an ungetrennten Hofräumen bestehen. Diese werden zwar alle in Flurbereinigungsverfahren bearbeitet. Mit deren Abschluss ist nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde aber nicht vor dem Jahr 2020 zu rechnen. Darüber hinaus bestehen noch in Einzelfällen Anteile an ungetrennten Hofräumen. Mit dem Außerkrafttreten der Hofraumverordnung von 1993 stellen die Anteile am ungetrennten Hofraum keine Grundstücke im Rechtssinne mehr dar. Sie können somit weder veräußert noch beliehen werden. Schwierigkeiten treten auch auf bei dem Versuch, die Zwangsvollstreckung in den Anteil am ungetrennten Hofraum zu betreiben.

Der Bundesrat hat am 10. März 2017 beschlossen, die Vorlage für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Artikel 80 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesregierung zuzuleiten (Bundesratsdrucksache 049/17(B) HTML PDF ). Ein solches Vorgehen ist möglich, wenn - wie hier - die Verordnungsermächtigung (vgl. § 23 des Bodensonderungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2182, 2215) vorsieht, dass für den Erlass der Rechtsverordnung die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.

B. Lösung

Dem Anliegen des Bundesrates soll durch erneuten Erlass der Hofraumverordnung Rechnung getragen werden. Da die Durchführung der Flurbereinigungsverfahren oder einer Einzelvermessung sehr zeitintensiv ist und letztere darüber hinaus auch kostenintensiv ist, soll die formalen Grundbuchfähigkeit der betroffenen Flächen mit dem Erlass der Rechtsverordnung hergestellt werden.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung - HofV)

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, 23. Mai 2017

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu erlassende Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung - HofV) mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Altmaier

Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung - HofV)

Vom ...

Auf Grund des § 23 des Bodensonderungsgesetzes, der durch Artikel 186 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz:

§ 1 Amtliches Verzeichnis bei ungetrennten Hofräumen

§ 2 Bezeichnung des Grundstücks

§ 3 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.(neu)

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Entwurfs

In ehemals preußischen Gebieten der ostdeutschen Länder, jedenfalls in Nordsachsen gibt es teilweise noch immer sogenannte ungetrennte Hofräume. Ungetrennte Hofräume sind nur in ihren Außengrenzen vermessen und im Kataster eingetragen. Der im Liegenschaftskataster als eine Einheit ausgewiesene ungetrennte Hofraum besteht aber aus mehreren Anteilen, die im Einzelnen weder vermessen noch katastermäßig in einer Flurkarte unter einer Flurstücksnummer erfasst sind. Die konkrete Lage in der Natur und die flächenmäßige Ausdehnung der einzelnen Grundstücke sind somit nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Ehemals diente in diesen Fällen nicht das Kataster, sondern das Gebäudesteuerbuch als amtliches Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Nach der Wiedervereinigung traten Zweifel an der Verkehrsfähigkeit der Anteile an ungetrennten Hofräumen auf. Mit der Hofraumverordnung vom 24. September 1993 wurde deshalb bestimmt, dass das amtliche Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung durch das Gebäudesteuerbuch, hilfsweise den Einheitswert-, den Grundsteuer-, den Grunderwerbssteuer- und den Abwassergebührenbescheid ersetzt wird. Die Geltungsdauer der Verordnung war befristet.

Beim Erlass der früheren Hofraumverordnung und ihrer Verlängerung im Jahr 2010 wurde davon ausgegangen, dass die Auflösung der ungetrennten Hofräume bis zum Ablauf des Jahres 2015 abgeschlossen sein würde. Es hat sich aber gezeigt, dass in Nordsachsen noch etwa 570 Anteile an ungetrennten Hofräumen bestehen. Diese sind zwar alle Gegenstand von laufenden Flurbereinigungsverfahren, in denen katastermäßig verzeichnete Grundstücke gebildet werden. Allerdings kann mit dem Abschluss der Verfahren nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde nicht vor dem Jahr 2020 gerechnet werden kann. Darüber hinaus bestehen noch in weiteren Einzelfällen Anteile an ungetrennten Hofräumen, zum Beispiel wegen noch nicht abgeschlossener Widerspruchs- oder Klageverfahren im Rahmen von Bodensonderungsverfahren. Seitdem Ende 2015 die Hofraumverordnung vom 24. September 1993 außer Kraft getreten ist, sieht die gerichtliche Praxis die Anteile am ungetrennten Hofraum nicht mehr als Grundstücke im Sinne der Grundbuchordnung an. Eintragungsanträge werden zurückgewiesen. Auch die Rechtsprechung verneint die Verkehrsfähigkeit der Flächen. Die Anteile können somit weder veräußert noch beliehen werden. Schwierigkeiten treten auch auf bei dem Versuch, die Zwangsvollstreckung in den Anteil am ungetrennten Hofraum zu betreiben.

Das Problem wird bei den in Sachsen noch verbliebenen ungetrennten Hofräumen im Rahmen von bereits anhängigen Flurbereinigungsverfahren gelöst. Der Flurbereinigungsplan dient dann bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters als Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde ist jedoch noch mit einer Bearbeitungsdauer von mindestens weiteren fünf Jahren zu rechnen. Es bedarf daher einer Regelung, mit der die formale Grundbuchfähigkeit hergestellt wird.

II. Alternativen

Zu dem Erlass der Verordnung gibt es keine Alternativen. Die Möglichkeiten einer Beschleunigung der Flurbereinigungsverfahren sind nach Darstellung der Landesbehörden ausgeschöpft. Die Durchführung eines Bodensonderungsverfahrens ist während eines anhängigen Flurbereinigungsverfahrens unzulässig ( § 5 Absatz 7 des Bodensonderungsgesetzes). Eine Einzelvermessung ist vielfach aus tatsächlichen Gründen keine realistische Alternative für die betroffenen Eigentümer. Im Rahmen der Trennvermessung müsste eine Vereinbarung aller Eigentümer von Anteilen an dem jeweiligen ungetrennten Hofraum herbeigeführt werden, weil Größe und Lage der einzelnen Grundstücke nicht hinreichend feststehen. Insbesondere bei großen Hofräumen mit einer Vielzahl von zu beteiligenden Grundstückseigentümern stehen somit die Betroffenen vor Schwierigkeiten und wäre die Einzelvermessung unter Umständen mit hohen Kosten verbunden. Den an einer zeitnahen Lösung interessierten Eigentümern wird es daher vielfach kaum gelingen, durch Einzelvermessung schneller ein Ergebnis zu erzielen, als ein solches nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens vorliegen wird.

III. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und den völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

IV. Regelungsfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Die Verordnung stellt sicher, dass die als Anteile an ungetrennten Hofräumen im Grundbuch eingetragenen Grundstücke wieder verkehrsfähig sind und damit insbesondere veräußert und belastet werden können. Die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken ist Grundvoraussetzung für Investitionen.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Für Bund, Länder und Kommunen hat der Erlass der Hofraumverordnung keine Auswirkungen auf die Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.

3. Erfüllungsaufwand

a) Bürgerinnen und Bürger

Durch die Verordnung wird für Bürgerinnen und Bürger kein Erfüllungsaufwand eingeführt, abgeschafft oder verändert.

b) Wirtschaft

Für die Wirtschaft wird durch die Verordnung kein Erfüllungsaufwand eingeführt, abgeschafft oder verändert.

c) Verwaltung

Die Verordnung führt für die Verwaltungen des Bundes und der Länder nicht zu einer Änderung des Erfüllungsaufwands. Die anhängigen Flurbereinigungsverfahren werden unabhängig von dieser Verordnung ohnehin zu Ende geführt.

4. Weitere Kosten

Für die sozialen Sicherungssysteme entstehen keine Mehrkosten. Sonstige direkte oder indirekte Kosten für die Wirtschaft, insbesondere mittelständige Unternehmen sind durch die Verordnung ebenfalls nicht zu erwarten.(neu)

5. Weitere Regelungsfolgen

Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten. Gleiches gilt für verbraucherpolitische und demografische Auswirkungen.

V. Befristung; Evaluierung

Die Verordnung erweitert das bestehende Überleitungsrecht für die ostdeutschen Länder. Dieses Recht soll möglichst zeitnah wieder außer Kraft treten. Die Geltungsdauer der Verordnung soll daher auf einen Zeitraum beschränkt werden, innerhalb dessen zuverlässig mit der Beendigung der bereits eingeleiteten Flurbereinigungsverfahren gerechnet werden kann.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 (Amtliches Verzeichnis bei ungetrennten Hofräumen)

Zu Absatz 1

§ 1 Absatz 1 bestimmt, dass die Gebäudesteuerbücher bei Anteilen an ungetrennten Hofräumen das amtliche Verzeichnis im Sinne des Grundbuchrechts darstellen. Sind die Gebäudesteuerbücher nicht oder nicht mehr vorhanden, tritt an deren Stelle der zuletzt erlassene Einheitswertbescheid. Der Einheitswertbescheid ist ein geeigneter Ersatz für das Gebäudesteuerbuch, weil er die gleichen Individualisierungswirkungen hat. Herangezogen werden können auch Einheitswertbescheide aus der Zeit vor dem Beitritt. Die Ersetzungswirkung ist jedoch zeitlich begrenzt bis zur Aufnahme des Grundstücks in das amtliche Verzeichnis. Die Ersetzungswirkung steht zudem unter dem Vorbehalt anderer bundesgesetzlicher Regelungen (z.B. § 81 Absatz 1 des Flurbereinigungsgesetzes, § 7 Absatz 2 des Bodensonderungsgesetzes). Damit wird rechtlich abgesichert, dass bei den ungetrennten Hofräumen, die Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens zur Grundstücksbildung (Flurbereinigungsverfahren, Bodensonderungsverfahren, Umlegungsverfahren) sind, das amtliche Verzeichnis nicht doppelt ersetzt wird.

Zu Absatz 2

Ist ein Einheitswertbescheid nicht vorhanden, sieht Absatz 2 einen Katalog von Ersatzbescheiden vor, die ebenfalls eine Individualisierung des Grundstücks erlauben. Auch hier endet die Ersetzungswirkung mit der Aufnahme des Grundstücks in das amtliche Verzeichnis.

Zu Absatz 3

Stimmt die Bezeichnung im Grundbuch (Lagebezeichnung) nicht mit der Bezeichnung in dem anstelle des Gebäudesteuerbuches maßgeblichen Bescheid überein, muss dem Grundbuchamt die Identität nachgewiesen werden. Dies soll durch eine der Form des § 29 Absatz 3 der Grundbuchordnung genügende Bescheinigung der Behörde geschehen, die den Bescheid erlassen hat.

Zu § 2 (Bezeichnung des Grundstücks)

Die Nummer des Gebäudesteuerbuches oder die Bezeichnung des Bescheides, des Aktenzeichens und der Behörde sind in das Grundbuch aufzunehmen. Die Bezeichnung kann das Grundbuchamt von Amts wegen nachholen.

Zu § 3 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Satz 1 bestimmt, dass die Verordnung unmittelbar nach ihrer Verkündung in Kraft tritt. Nach Satz 2 tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft. Es kann angenommen werden, dass zu diesem Zeitpunkt die bereits laufenden Verfahren zur Grundstücksbildung (Flurbereinigungsverfahren) abgeschlossen sein werden und auch die Eigentümer anderer Anteile die Grundstücksbildung im Wege der Einzelvermessung oder eines Verwaltungsverfahrens betrieben haben.