Empfehlungen der Ausschüsse
Verordnung zur Änderung seeverkehrsrechtlicher Vorschriften

859. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2009

A.

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 24a Absatz 1 SchOffzAusbV),

Artikel 2 Nummer 1 (§ 8c Absatz 1 SportBootFSV)

Begründung

Die für die vorläufige Sicherstellung von Befähigungszeugnissen nach § 24a Absatz 1 SchOffzAusbV zuständige Behörde wird in § 24b Absatz 2 Satz 1 SchOffzAusbV, die für die vorläufige Sicherstellung von Sportbootführerscheinen nach § 8c Absatz 1 SportBootFSV zuständige Behörde wird in § 8d Absatz 2 Satz 1 SportBootFSV konkretisiert.

Die Nennung von zwei zuständigen Behörden in § 24a Absatz 1 SchOffzAusbV bzw. in § 8c Absatz 1 SportBootFSV erscheint aus Gründen der Gesetzestechnik nicht sinnvoll.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 24b Absatz 2 Satz 3 - neu - SchOffzAusbV), Artikel 2 Nummer 1 (§ 8d Absatz 2 Satz 3 - neu - SportBootFSV)

Begründung

Zielrichtung der Verordnung ist die Schließung einer Regelungslücke, wonach bei Feststellung einer Trunkenheitsfahrt im Schiffsverkehr die Sicherstellung des Befähigungszeugnisses bisher nicht möglich war.

Hierzu soll das örtlich zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt über die vorläufige Sicherstellung entscheiden.

Diese Regelung läuft jedoch für das Gebiet des Hamburger Hafens ins Leere. Der Hamburger Hafen ist so genanntes Delegationsgebiet. Das heißt, die Verwaltung des Hamburger Hafens wird - einschließlich der schifffahrtspolizeilichen Aufgaben - nicht durch die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen des Bundes wahrgenommen, sondern durch landeseigene Behörden (vgl. auch § 45 Absatz 5 Bundeswasserstraßengesetz). Somit ist das Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg für den Hamburger Hafen örtlich nicht zuständig.

3. Zu Artikel 2 Nummer 1 (§ 8d Absatz 2 Satz 1 SportBootFSV)

In Artikel 2 Nummer 1 ist in § 8d Absatz 2 Satz 1 nach dem Wort "Sportbootführerscheinen" die Angabe "nach § 8c Absatz 1" einzufügen.

Begründung

In Artikel 1 § 24b wird die Rechtsgrundlage für die vorläufige Sicherstellung von Befähigungszeugnissen ausdrücklich genannt. Aus Gründen der Rechtsklarheit sollte diese Bezugnahme auch in Artikel 2 Nummer 1 § 8d Absatz 2 Satz 1 erfolgen.

B.

C.

Der Bundesrat begrüßt die Einführung von Vorschriften, die für schwerere Fälle von Alkohol und sonstigen Drogen im Verkehr nunmehr auch im Schiffsverkehr vorläufige Maßnahmen, einschließlich der sofortigen Sicherstellung von Befähigungsnachweisen, ermöglichen. Für eine erfolgreiche Anwendung sollten jedoch die Formulierungen im Verordnungstext und der amtlichen Begründung klar und eindeutig sein. Insbesondere sollten die Inhalte der amtlichen Begründung zu dem Verordnungstext passen, dessen Auslegung erleichtern und nicht erschweren.

Der Bundesrat appelliert daher an die Bundesregierung, die nachfolgend dargestellten, durch die Formulierungen in der amtlichen Begründung entstehenden Unklarheiten in geeigneter Weise auszuräumen.

a) Zu Artikel 1 Nummer 5 (hier: § 24 SchOffzAusbV):

Die amtliche Begründung zu Absatz 1 enthält im 3. Absatz, Satz 4 den Hinweis auf "die Formulierung in § 315 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches". Die Formulierung des genannten § 315 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StGB enthält jedoch keinen Hinweis auf den Regelkreis des "Fahrzeugführens" oder auch nur den des "Fahrzeugs", wie durch den Begründungstext suggeriert wird. Die genannte Norm behandelt ferner nicht die Frage der "Fahrunfähigkeit". Der Verweis wirkt daher verfehlt.

Die amtliche Begründung steht an dieser Stelle im Widerspruch zum maßgeblichen Verordnungstext, der in § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 einen Tatbestand formuliert, der - soweit die Schifffahrt betroffen ist - inhaltlich mit § 316 Absatz 1 StGB übereinstimmt. Sie ist insoweit zumindest missverständlich und könnte daher Auslegungsprobleme hervorrufen.

Ein möglicherweise beabsichtigter Hinweis auf § 315a Absatz 1 Nummer 1 StGB wäre jedoch ebenfalls problematisch, da auch diese erste Alternative zwingend mit der Erfolgsqualifizierung einer bereits eingetretenen Gefährdung verbunden ist. Genau dieser Erfolg soll jedoch offenkundig in dem § 24 Absatz 1 Nummer 1 SchOffzAusbV - neu - nicht erforderlich sein. In diesem Fall wäre § 24 Absatz 1 Nummer 2 SchOffzAusbV - neu - einschlägig. Ferner sind für den § 315a StGB (mangels eines Erfordernisses) durch die Rechtsprechung keine Promillegrenzwerte für die absolute Fahruntüchtigkeit (ohne auffällige Ausfallerscheinungen) entwickelt worden. Die im weiteren Erläuterungstext enthaltenen Hinweise auf die rauschbedingte Fahruntüchtigkeit bei hoher Alkoholisierung und zugleich geringen Ausfallerscheinungen (Promillemessung) würden hierdurch nicht hinterlegt werden, sondern sogar eher entkräftet.

Der einzig denkbare sinnvolle Ansatz eines evtl. beabsichtigten Verweises auf § 315a Absatz 1 Nummer 1 StGB könnte darin liegen, dass aus dessen Formulierung (im Sinne einer Legaldefinition) direkt abgeleitet werden kann, dass ein "Schiff" als "Fahrzeug" anzusehen ist, um dann auf die Anwendbarkeit des § 316 StGB zu schließen. Dies wird jedoch durch den Text der amtlichen Begründung der BR-Drucksache 402/09 (PDF) nicht erwähnt und wäre im Übrigen auch nicht erforderlich, da die Anwendbarkeit des § 316 StGB auf Schiffe/Schiffsführer in rechtlicher Hinsicht unstrittig ist.

Zielführender wären nach Auffassung des Bundesrates in diesem Zusammenhang Hinweise auf die Formulierung in § 316 Absatz 1 StGB. In diesen könnte dann auch der Bezug auf die, durch Rechtsprechung entwickelten, Promillegrenzwerte für die Fahruntüchtigkeit nach dieser Norm des StGB deutlicher herausgearbeitet werden.

b) Zu Artikel 3 Nummer 2 (Ergänzung des § 13 SportseeSchV):

Die amtliche Begründung steht im letzten Satz des 3. Absatzes mit der Formulierung "Damit werden jedoch - wie bislang auch - hoheitliche Maßnahmen, insbesondere Sicherstellungen, nach dieser Verordnung nicht auch außerhalb des Küstenmeeres ausgeübt." im Widerspruch zum maßgeblichen Verordnungstext. Sie ist zumindest missverständlich und ruft daher Auslegungsprobleme hervor.

§ 24 SchOffzAusbV - neu - und § 8b SportBootFSV - neu - konkretisieren wortgleich jeweils im Absatz 1 Satz 2 den Verdacht der Unzuverlässigkeit eines Schiffsführers durch das Tatbestandsmerkmal "im Schiffsverkehr". Damit wird eine - von der Örtlichkeit des Verkehrsraums abhängige - räumliche Beschränkung der Anwendbarkeit dieser Norm ausgeschlossen. "Im Schiffsverkehr" bedeutet, dass sich dieser Verdacht grundsätzlich überall dort manifestieren kann, wo Schiffe verkehren (vgl. auch Anwendung des § 316 StGB). Dies gilt zunächst unabhängig davon, ob sich das Führen des Fahrzeugs in einem Hafen, auf einer Seeschifffahrtsstraße, im übrigen Küstenmeer oder z.B. in der ausschließlichen Wirtschaftszone ereignet.

Allein die praktische Durchführung der vorläufigen Sicherstellung nach den §§ 24a und 24b SchOffzAusbV - neu - und §§ 8c und 8d SportBootFSV - neu - wird durch den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Wasser- und Schifffahrtsämter als Schifffahrtspolizeibehörde limitiert. Die Übertragung von schifffahrtspolizeilichen Aufgaben und Zuständigkeiten auf die Wasser- und Schifffahrtsämter erfolgt in der Seeschifffahrtsstraßenordnung (§ 55 SeeSchStrO) sowie in der Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (§ 8 Absatz 1 VO KVR i. V. m. § 55 SeeSchStrO). Damit kann der Vollzug der vorläufigen Sicherstellungen von Befähigungszeugnissen nach SchOffzAusbV - neu - und SportBootFSV - neu - auf Seeschifffahrtsstraßen, im übrigen deutschen Küstenmeer und - für Schiffe unter deutscher Flagge - seewärts des deutschen Küstenmeeres erfolgen. In der Praxis wird sich diese letzte Alternative jedoch in der Regel auf die ausschließliche Wirtschaftszone beschränken.

Die vorgenannten Regelungen der SportBootFSV - neu - machen selbst vor dem Hintergrund Sinn, dass für Sportboote lediglich eine gesetzliche Führerscheinpflicht auf Seeschifffahrtsstraßen und z.B. nicht im übrigen deutschen Küstenmeer besteht. Immerhin geht es bei der Anwendung dieser Normen weniger um den konkret begangenen Verstoß als vielmehr um den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis mit Blick auf die künftige Teilnahme am Verkehr.

Die Regelungen des Artikels 3 zur Änderung der SportseeSchV folgen inhaltlich in vollem Umfang den Regelungen des Artikels 2 zur Änderung der SportBootFSV und unterliegen damit den gleichen Gesetzmäßigkeiten. Der Regelungszweck liegt offenkundig in dem zu unterstützenden Ziel, dass die Befähigungsnachweise nach der SportseeSchV in all den Fällen sofort sichergestellt werden können, in denen auch der Sportbootführerschein-See sichergestellt werden kann. Auf diese Weise werden mögliche Regelungs- oder Vollzugslücken geschlossen.

Die Einschränkung durch den hier in Rede stehenden Begründungstext "Damit werden ... hoheitliche Maßnahmen, insbesondere Sicherstellungen, nach dieser Verordnung nicht auch außerhalb des Küstenmeeres ausgeübt." steht dazu im Widerspruch und wirkt daher verfehlt. Sie ruft Auslegungsprobleme hervor, weil diese Beschränkung nicht aus dem maßgeblichen Verordnungstext abzuleiten ist und damit der örtliche Anwendungsbereich unklar wird.