Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, 9. August 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, im Bundesrat die Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Verzinsung nach der Abgabenordnung* beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes zu beantragen sowie die begleitende Entschließung zu fassen.
Ich bitte Sie, gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die Beratung der Vorlagen in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier
Entschließung des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Verzinsung nach der Abgabenordnung
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat sieht in dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Verzinsung nach der Abgabenordnung einen ersten und kurzfristig umsetzbaren Schritt hin zu einer realitätsgerechteren Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis.
- 2. Der Bundesrat hält perspektivisch einen variablen Zinssatz für erforderlich, der sich stets nahe am aktuellen Marktzinsniveau orientiert.
- 3. Im Zuge der Entwicklung des KONSENS-Erhebungsverfahrens BIENE wird es künftig möglich sein, einen marktreagiblen Zinssatz anzuwenden. Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit einen Vorschlag hierzu vorlegen. Er bittet die Bundesregierung, dieses Vorhaben konstruktiv zu begleiten.
Begründung:
Der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Verzinsung nach der Abgabenordnung (BR-Drs. 396/18 (PDF) ) senkt den Zinssatz in § 238 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung unter Berücksichtigung der derzeitigen EDV-technischen Gegebenheiten ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Im derzeitigen IT-Verfahren zur Verzinsung muss der anzuwendende Zinssatz für alle Steuernachzahlungen und Steuererstattungen eines Veranlagungsjahres einheitlich sein. So ist es z.B. nicht möglich, die Einkommensteuernachzahlung des Veranlagungsjahres 2016 (Zinslauf beginnt am 1. April 2018) für die Zinsmonate im Jahr 2018 mit jeweils 0,5 Prozent zu verzinsen und ab dem Jahr 2019 mit einem anderen Monatszinssatz.
Dieser "Soforthilfe" soll jedoch ein moderneres und realitätsgerechteres Vorgehen zur Festlegung des maßgeblichen Zinssatzes folgen. Im Rahmen des KONSENS-Verfahrens BIENE wird es künftig - voraussichtlich ab dem Jahr 2022 - möglich sein, die Zinsen für die einzelnen Zinsjahre anhand unterschiedlicher, jahresspezifischer Zinssätze zu berechnen. Dies lässt es zu, die Verzinsung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis künftig marktreagibel auszugestalten. Die Akzeptanz bei den Betroffenen wird gefördert und Diskussionen hinsichtlich der zutreffenden Typisierung der Zinssatzhöhe vermieden.
Geeigneter Ansatzpunkt für einen marktreagiblen Zinssatz für die Verzinsung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis könnte der Basiszinssatz nach § 247 BGB sein. Der Bundesrat wird einen Vorschlag zur Ausgestaltung vorlegen, sobald die technischen Voraussetzungen hierfür in Sicht sind.