Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher KOM (2008) 794 endg.; Ratsdok. 16658/08

Europäische Kommission Brüssel, den 29. April 2009
Vizepräsidentin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Kommission begrüßt Ihren Beitrag zum Grünbuch über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher (KOM (2008) 794).*

Die Kommission stellt mit Genugtuung fest, dass der deutsche Bundesrat ihre Initiative unterstützt, Optionen anzubieten, um etwaige Lücken für eine effektive Durchsetzung von Verbraucherrechten in Fällen von Streu- oder Bagatellschäden zu schließen. Die Kommission misst den Standpunkten der nationalen Parlamente, die die unterschiedlichen Rechtstraditionen in den Mitgliedstaaten widerspiegeln, große Bedeutung bei und weiß die sehr detaillierte und ausgewogene Stellungnahme des Bundesrates zu schätzen. Die zahlreichen Bemerkungen und Anregungen des Bundesrates werden für die Kommission in ihrem Entscheidungsprozess sehr hilfreich sein.

Die Kommission möchte dem Bundesrat versichern, dass EU-Vorschriften zur Regelung von Streu- oder Bagatellschäden nur ins Auge gefasst werden, wenn hinreichend nachgewiesen wird, dass ein Tätigwerden auf EU-Ebene tatsächlich erforderlich ist. Verdeutlicht wird dies durch die breite Palette der vorgeschlagenen Optionen, zu denen auch die vom Bundesrat favorisierte Option gehört, vorerst auf EU-Maßnahmen zu verzichten. Jede künftige Initiative braucht eine solide Rechtgrundlage und wird im Lichte der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität einer eingehenden Prüfung unterzogen.

Die Kommission begrüßt die detaillierten Ausführungen des Bundesrates zu den verschiedenen Optionen und deren Elemente; die Erläuterungen und Anregungen werden in die Überlegungen über etwaige künftige Maßnahmen einbezogen. Wie im Grünbuch betont, ist sich die Kommission dessen bewusst, dass mit Mechanismen zur Förderung einer Prozesskultur, wie sie in einigen nichteuropäischen Ländern bestehen, erhebliche Risiken verbunden sind. Die Kommission wird stets darauf achten, dass eine künftige Initiative nicht zu einer Zunahme der Prozessfreudigkeit beiträgt.

Zur Forderung des Bundesrates nach einer sorgfältigen Analyse der Defizite bei kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren, die es bereits in 13 Mitgliedstaaten gibt, stellt die Kommission fest, dass sie eine umfassende Studie zur Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz solcher Verfahren in der EU in Auftrag gegeben hat. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Studie findet sich im Grünbuch (Ziff. 12-15). Zwar könnte sich eine weitere Überwachung der bestehenden nationalen kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren als notwendig erweisen, wie unter Option 1 des Grünbuchs erläutert, doch möchte die Kommission festhalten, dass bereits eine gründliche Analyse stattgefunden hat.

Zum Erfassungsbereich des Grünbuchs möchte die Kommission klarstellen, dass sich die identifizierten Probleme nicht auf Forderungen von sehr geringem und geringem Streitwert beschränken, sondern auch Forderungen von mittlerem und hohem Streitwert einbezogen sind. Deshalb werden im Grünbuch unter Option 3 als Alternative zu einem kollektiven Gerichtsverfahren andere Lösungsansätze vorgeschlagen, wie die Zusammenarbeit nationaler Durchsetzungsbehörden (Ziff. 33-36).

Die Kommission setzt den Bundesrat davon in Kenntnis, dass sie alle Stellungnahmen zum Grünbuch und die Antworten darauf zu gegebener Zeit veröffentlichen wird. Jede etwaige künftige Initiative wird sich auf eine eingehende Bewertung der Konsultationsergebnisse stützen.


Mit freundlichen Grüßen
Margot Wallström