Der Deutsche Bundestag hat in seiner 171. Sitzung am 3. Juli 2020 zu dem von ihm verabschiedeten Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen - Drucksachen 19/13398, 19/14623, 19/20714(neu) - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe e auf Drucksache 19/20714(neu) angenommen.
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Anpassung des europäischen Beihilferechts zur Schaffung von Investitionsanreizen in den Braunkohleregionen.
Das Gelingen der beabsichtigten EU-weiten Transformation in Richtung einer nachhaltigen, ressourcen- und klimaschonenden Wirtschaft erfordert insbesondere eine aktive Unterstützung der von diesem Prozess besonders betroffenen europäischen Kohleregionen. Für die Strukturentwicklung in diesen Regionen ist es unerlässlich, Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen zu fördern. Hierzu sind gezielte Anreize - beispielsweise in Form von Sonderabschreibungen oder einer Investitions- bzw. Innovationszulage - für Investitionen der gewerblichen Wirtschaft notwendig, um die Attraktivität der Kohlereviere für Unternehmensansiedlungen zu steigern und dadurch neue Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Wertschöpfungsketten zu schaffen und bestehende zu erhalten.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
sich auf EU-Ebene für entsprechende - zeitlich und regional begrenzte - Sonderregelungen für die Braunkohleregionen mit dem Ziel der Förderung von Unternehmensansiedlungen und der Schaffung von entsprechenden Anreizen für Investitionen einzusetzen. Die bestehenden europarechtlichen Regelungen sind auf ihre Passfähigkeit im Hinblick auf dieses Ziel zu überprüfen. Dabei sind insbesondere Änderungen des EU-Beihilferechts und des steuerlichen Gesetzesrahmens sowie eine Verbesserung der Konditionen in den Förderprogrammen der EU für unternehmerische Investitionen in den vom Braunkohleausstieg betroffenen Gebieten in den Blick zu nehmen.
Begründung:
Mit der Bereitstellung von Bundesmitteln für die deutschen Braunkohleregionen im Rahmen des Investitionsgesetzes Kohleregionen wird ein wichtiger erster Grundstein für einen erfolgreichen Strukturwandel in den deutschen Braunkohleregionen gelegt. Aufgrund des im Gesetz angelegten Finanzierungsweges - in Form von Finanzhilfen nach Artikel 104b des Grundgesetzes für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden sowie von eigenen Investitionen des Bundes - ist eine direkte Förderung von unternehmerischen Investitionen jedoch ausgeschlossen.
Dabei bestand im Rahmen der Erarbeitung der Empfehlungen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" zwischen der Bundesregierung, den vom Kohleausstieg betroffenen Ländern und der Wissenschaft ein gemeinsames Grundverständnis, wonach ein erfolgreicher Strukturwandel neben den erforderlichen administrativen, regulatorischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen maßgeblich davon abhängt, dass sich privatwirtschaftliche Unternehmen in den Kohleregionen ansiedeln bzw. sie ihre schon vorhandenen Betriebsstätten erweitern, um den kohleausstiegsbedingten Wegfall von Beschäftigung und Wertschöpfung durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Wertschöpfungsketten zu kompensieren. Hierzu bedarf es der Entwicklung gezielter Anreizinstrumente.
Auf diese Notwendigkeit verweist auch die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung vom 14. Januar 2020 zum Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa und für den europäischen Grünen Deal. In diesem Zusammenhang erwägt die Kommission eine Vereinfachung der Verfahren zur Genehmigung staatlicher Beihilfen für Regionen, die Anstrengungen für einen gerechten Übergang in Richtung der angestrebten Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts unternehmen. Dies bietet die Gelegenheit, für die vom vorzeitigen Braunkohleausstieg in Deutschland betroffenen Regionen die o.g. Instrumente zur Investitionsförderung auf europäischer Ebene zu implementieren.