Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 107916 - vom 15. Mai 2006.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 27. April 2006 angenommen.
Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 653/05(B)
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Europäischer Indikator für Sprachenkompetenz" (KOM (2005) 0356),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit" (KOM (2005) 0596),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Förderung des Sprachenlernens und der Sprachenvielfalt: Aktionsplan 2004-2006" (KOM (2003) 0449),
- - unter Hinweis auf das Programm "Allgemeine und berufliche Bildung 2010: Der Erfolg der Lissabon-Strategie hängt von raschen Reformen ab" (Ratsdokument 6905/04 EDUC 43),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Entwurf des gemeinsamen Fortschrittsberichts des Rates und der Kommission über die Umsetzung des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010"" (KOM (2005) 0549),
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Lissabon vom 15. und 16. März 2002,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates "Bildung, Jugend und Kultur" vom 24. Mai 2005 zu den neuen Indikatoren im Bereich der allgemeinen und der beruflichen Bildung,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A6-0074/2006),
A. in der Erwägung, dass die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Europäischen Union integraler Bestandteil der europäischen Identität ist,
B. in der Erwägung, dass Mehrsprachigkeit effizientere Kommunikation und besseres gegenseitiges Verständnis ermöglicht,
C. in der Erwägung, dass es für den Erfolg des Europas der Bürger und der wissensbasierten Gesellschaft, beides Ziele der Lissabon-Strategie, von maßgeblicher Bedeutung ist, dass jeder Bürger neben seiner Muttersprache über praktische Kenntnisse in mindestens zwei weiteren Sprachen verfügt, und in der Erwägung, dass das Erlernen einer einzigen Sprache (als Lingua franca) nicht ausreicht,
D. in der Erwägung, dass die Fähigkeit zur Verständigung und Kommunikation in anderen Sprachen als der Muttersprache und die Verbesserung der Sprachkenntnisse wichtige Faktoren zur Verwirklichung des Zieles einer besseren Ausschöpfung des menschlichen Potentials Europas sind, und dass diese Fähigkeiten und Kenntnisse eine Grundfertigkeit darstellen, die alle europäischen Bürger besitzen sollten, weil sie der vollen Ausübung der sich aus der Mobilität ableitenden Rechte und Freiheiten innerhalb der Europäischen Union und dem Aufbau eines wirklich europäischen Arbeitsmarktes förderlich ist,
E. in der Erwägung, dass die Verbesserung und Erweiterung der Sprachkenntnisse ein Qualitätsmerkmal der europäischen Systeme für die allgemeine und berufliche Bildung und zwei Kriterien für die Bewertung der Fortschritte darstellen mit dem Ziel, die Europäische Union als Teil einer einen stärkeren Zusammenhalt aufweisenden, in Vielfalt geeinten politischen Union zum weltweit dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen,
F. in der Erwägung, dass der Europäische Rat von Barcelona im März 2002 in Ermangelung von Daten über die Sprachkenntnisse und die Kommunikationsfähigkeit der Bürger der Europäischen Union die Einführung eines Indikators für Sprachenkompetenz gefordert hat,
G. in der Erwägung, dass der Aktionsplan "Förderung des Sprachenlernens und der Sprachenvielfalt" zwar einen positiven Schritt zur Erreichung des Ziels von Barcelona (Muttersprache + zwei) darstellt, dass aber eindeutig der Bedarf besteht, dass die Europäische Union ihre Bemühungen in diesem Bereich verstärkt,
H. in der Erwägung, dass in der Europäischen Union bei der Bescheinigung von Sprachkenntnissen eine große Vielfalt besteht, was den Vergleich der Sprachkenntnisse, die der Inhaber eines Zertifikats tatsächlich besitzt, erschwert und es unmöglich macht, vom Austausch bewährter Praktiken zu profitieren, und somit auch die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Studenten innerhalb der Europäischen Union beeinträchtigt,
I. in der Erwägung, dass zuverlässige Daten über die tatsächlichen Sprachkenntnisse - vor allem der jüngeren Menschen - zusammengetragen werden müssen, um die notwendigen Informationen für die Politikgestaltung mit dem Ziel, einen qualitativ hochwertigen Sprachunterricht anzubieten, zur Verfügung zu stellen,
J. unter Hinweis auf die Eurobarometer-Umfrage vom September 2005, wonach durchschnittlich nur 50 % der Bürger der Europäischen Union erklären, dass sie sich an einem Gespräch in einer anderen Sprache als ihrer Muttersprache beteiligen können, wobei von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat allerdings enorme Unterschiede bestehen,
K. in der Erwägung, dass gemäß den der Kommission vorliegenden Daten die durchschnittliche Zahl der in den Sekundarschulen erlernten Sprachen weit hinter der Zielvorgabe des Europäischen Rates von Barcelona, nämlich der Verbesserung der Grundkompetenzen, insbesondere durch die Unterrichtung von mindestens zwei Fremdsprachen vom jüngsten Kindesalter an, liegt,
- 1. begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Einführung eines Europäischen Indikators für Sprachenkompetenz, der einbezogen werden soll in die Reihe der Indikatoren, die die Mitgliedstaaten im Rahmen des Programms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" anwenden;
- 2. unterstreicht bei dieser Gelegenheit die wichtige Rolle, die die europäischen Indikatoren für die Bewertung der Fortschritte bei der Verwirklichung der gemeinsamen Ziele der Lissabon-Strategie im Rahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung spielen, sowie die Bedeutung des Programms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" für den Vergleich und die Gestaltung der nationalen Politiken sowie einer Rahmenstrategie für den Übergang zu einem wissensbasierten Wirtschaftsraum durch die Förderung und den Austausch bewährter Praktiken;
- 3. betont, dass der genannte Indikator dazu dienen soll, auf der Grundlage objektiver Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen eine genaue und zuverlässige Messung der gesamten Fremdsprachenkenntnisse in allen Mitgliedstaaten durchzuführen;
- 4. in der Erwägung, dass Sprachtests zweisprachig oder mehrsprachig aufgewachsenen Kindern ebenfalls Rechnung tragen sollten;
- 5. teilt die Auffassung der Kommission, dass der Indikator in einer ersten Phase die Kenntnisse in den fünf Sprachen messen soll, die in den allgemein- und berufsbildenden Systemen der Europäischen Union am häufigsten gelehrt werden (Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch); ersucht die Kommission und den Rat jedoch, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um diese Prüfung später so rasch wie möglich auf ein breiteres Spektrum von Amtssprachen der Union auszudehnen, ohne dass dies den Unterricht und die Entwicklung der übrigen - mit dem Indikator nicht bewerteten Sprachen - beeinträchtigt;
- 6. ist der Auffassung, dass das Vorhandensein objektiver Kriterien für die Ermittlung des Niveaus der Sprachkenntnisse sowie die Festlegung eines gemeinsamen Referenzrahmens die Wahl- und Organisationsfreiheit der einzelnen pädagogischen Einrichtungen der Mitgliedstaaten nicht einschränken und unterstützt daher den Vorschlag der Kommission, beim Europäischen Indikator den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen des Europarats zu verwenden;
- 7. ersucht die Mitgliedstaaten, sich aktiv am Verfahren der Anwendung und Entwicklung des Indikators zu beteiligen und dem Sprachunterricht neue Impulse zu geben, und zwar einschließlich durch Durchführung erfolgreicher Intensivsprachprogramme;
- 8. fordert die Mitgliedstaaten dringend dazu auf, die Verbreitung der Mehrsprachigkeit durch die Verbesserung der Politiken zu fördern, die auf das Erlernen eines breiteren Spektrums von Sprachen, als sie bislang unterrichtet werden, abzielen, und die Prioritäten ihrer Politiken gemäß den gemeinsamen Zielen der Lissabon-Strategie festzulegen;
- 9. ersucht die Kommission, die Information über die Vorteile des Sprachenlernens vom jüngsten Kindesalter an aktiv zu fördern, und vertritt die Auffassung, dass Initiativen, die über den Nutzen von Fremdsprachenkenntnissen informieren, wie z.B. der vom Europarat ins Leben gerufene Europäische Sprachentag am 26. September jedes Jahr und das Sprachensiegel der Europäischen Union, stärker zur Förderung der Mehrsprachigkeit beitragen sollten;
- 10. stimmt, was die Unterstützung der Mitgliedstaaten und regionaler Behörden mit Kompetenz für die Sprachenpolitik bei der umfassenden Auswertung des Indikators betrifft, mit dem Vorschlag der Kommission überein, ein aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetztes Gremium einzurichten, das die Kommission in Politik- und Fachfragen und bezüglich technischer Unterstützung berät und die Fortschritte bei der Anwendung des Indikators in den Mitgliedstaaten und den Regionen mit Kompetenz für die Sprachenpolitik überwacht;
- 11. betont, dass der von der Kommission vorgeschlagene Indikator den EU-Haushalt nicht mit zusätzlichen Ausgaben belastet, und dass die vorgesehenen operativen Ausgaben im Rahmen der bestehenden Programme Sokrates und Leonardo da Vinci und des neuen integrierten Programms im Bereich des lebenslangen Lernens getätigt werden;
- 12. ersucht die Kommission und den Rat daher, im Rahmen des neuen integrierten Programms im Bereich des lebenslangen Lernens die notwendigen Ressourcen zur Förderung des Sprachenlernens zur Verfügung zu stellen;
- 13. ersucht den Rat und die Kommission, die ausreichende Finanzierung der Maßnahmen zur umfassenden Anwendung des Indikators innerhalb des Rahmens der kommenden Finanziellen Vorausschau zu gewährleisten;
- 14. ersucht den Rat, der Konzeption, den Parametern und dem Zeitplan der Kommission für die Erstellung und Anwendung des Europäischen Indikators für Sprachenkompetenz zuzustimmen, damit die Vorarbeiten so rasch wie möglich abgeschlossen werden können und der Indikator wegen seiner besonderen Bedeutung für die Politikgestaltung möglichst schnell eingeführt werden kann;
- 15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.