980. Sitzung des Bundesrates am 20. September 2019
A
- 1. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- a) Der Bundesrat unterstützt das Ziel des Gesetzentwurfs, durch Schaffung bzw. Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) auf eine Verbesserung der Entlohnungsbedingungen in der Pflege hinzuwirken. Er sieht darin einen Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs. Um den Fachkräftebedarf in der Pflege decken und gute Pflege sicherstellen zu können, muss die Tätigkeit als Pflegefachkraft auch finanziell angemessen gewürdigt werden.
- b) Der Bundesrat hebt jedoch die Notwendigkeit hervor, mit Augenmaß sowie Blick auf die Tarifautonomie (Artikel 9 Absatz 3 GG) und die besonderen Bedingungen der Pflegebranche vorzugehen. Einerseits muss sichergestellt sein, dass die verfassungsrechtlich geschützten Freiräume der Sozialpartner gewahrt bleiben. Andererseits gilt es, die Strukturen im Pflegemarkt angemessen zu berücksichtigen und insbesondere der Bedeutung privater Träger, die einen Großteil der Beschäftigten in der Pflege repräsentieren, hinreichend Rechnung zu tragen.
- c) Nach Auffassung des Bundesrats muss bei der Erstreckung tariflicher Entgelte sowie der Festsetzung von Mindestlöhnen durch die Pflegekommission deshalb insbesondere Folgendes gewährleistet sein:
- aa) Im Verfahren zur Erstreckung eines Tarifvertrags in der Pflege (§ 7a AEntG-E) muss sichergestellt sein, dass der Erlass einer Rechtsverordnung auch weiterhin nur erfolgen kann, wenn die Erstreckung im öffentlichen Interesse geboten ist, um die in § 1 AEntG genannten Gesetzesziele zu erreichen und dabei insbesondere einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenzuwirken. Dies muss in Bezug auf den zu erstreckenden Tarifvertrag vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gesondert und sorgfältig geprüft werden. Keinesfalls darf die Erfüllung der neuen verfahrensrechtlichen Anhörungs- und Zustimmungserfordernisse zugunsten von Kommissionen im Sinne von § 7a Absatz 1a AEntG-E von der Prüfung dieser materiellen Voraussetzungen entbinden und insbesondere dazu führen, dass ein Tarifvertrag, der nur von einer Minderheit der Arbeitgeber geschlossen wurde, auf alle Träger in der Pflege erstreckt wird. Dies wäre verfassungsrechtlich sehr bedenklich (Artikel 9 Absatz 3 GG) .
- bb) Für den Fall, dass bei der Besetzung der Pflegekommission (§ 12 AEntG-E) die Zahl der Vorschläge von weltlicher Arbeitgeberseite die Zahl der auf sie entfallenden Sitze übersteigt, muss sichergestellt sein, dass die dann zu treffende Auswahlentscheidung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Ziel hat, freigemeinnützige, öffentliche und private Träger ihrem Gewicht für die Pflegebranche entsprechend in der Pflegekommission abzubilden. Die Vorgabe der ermessenslenkenden Kriterien der Trägervielfalt und der Repräsentativität darf nicht zu einer Verschiebung der Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten zulasten der privaten Träger in der Pflegekommission führen. Um eine Überrepräsentation der freigemeinnützigen zulasten der privaten Träger zu vermeiden, ist insbesondere beim Kriterium der Trägervielfalt (§ 11 Absatz 2 Satz 1 SGB XI) zu berücksichtigen, dass freigemeinnützige Träger über die Gruppe der kirchlichen Dienstgeber bereits mit zwei eigenen Sitzen in der Pflegekommission vertreten sind.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Familie und Senioren und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.