900. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Nummer 2.2
- a) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die unter Abschnitt 2.2 genannten Maßnahmen zum intelligenteren Einsatz von IT-Tools zur Information von Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern.
- b) Er stellt fest, dass eine systematische Verpflichtung zur Nutzung von IT-Tools bei der Kommunikation zwischen Behörden auf nationaler Ebene und im internationalen Kontext erwünscht ist. Bei der Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern mit Behörden muss aber ein diskriminierungsfreier Ansatz gelten, also eine Multikanalstrategie, die Bürgerinnen und Bürgern auf verschiedenen Wegen gleichberechtigt Zugang zur Verwaltung gewährt. So ist es auch in nationalen Gesetzesvorhaben vorgesehen, etwa im Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung des Bundesministeriums des Innern. Für Unternehmen sollte es langfristiges Ziel sein, dass diese ihre Verwaltungsformalitäten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Rechte im Binnenmarkt nur noch elektronisch abwickeln. Dabei sind ausreichende Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen für unbillige Härtefälle vorzusehen.
Zu Nummer 2.4
- 2. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die unter Abschnitt 2.4 angestrebte bessere Überwachung, Koordinierung und Kontrolle im Hinblick auf das Funktionieren des Binnenmarktes.
- 3. Die Empfehlung der Kommission zur Einrichtung einer nationalen Koordinierungseinheit, einer sogenannten "Binnenmarktstelle", als einzige Instanz innerhalb der nationalen Verwaltung im jeweiligen Mitgliedstaat begegnet jedoch im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität (Artikel 5 EUV) erheblichen Bedenken. Die Vorschläge greifen in das primärrechtlich verankerte Selbstorganisationsrecht der Mitgliedstaaten ein und lassen die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Mitgliedstaaten außer Acht. Insbesondere berücksichtigt die Mitteilung die föderalen Strukturen in Deutschland nicht, sondern richtet sich eher an einer zentralstaatlichen Ordnung aus. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass die Organisation der durchzuführenden Aufgaben auch im Rahmen des Binnenmarktes den Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung verbleiben muss. Dies stellt keinesfalls eine "künstliche Unterscheidung zwischen der EU-Ebene und der nationalen Ebene" dar, wie es die Mitteilung in der Schlussfolgerung auf Seite 12 formuliert, sondern ist die Basis des Subsidiaritätsgedankens und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
- 4. Die Mitteilung räumt zwar ein, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, "über die institutionelle Form einer solchen Stelle innerhalb der vorhandenen Strukturen zu entscheiden". Dies genügt aber dem Subsidiaritätsgedanken nicht. Vielmehr ist es Sache der Mitgliedstaaten, die nationalen Umsetzungs- und Überwachungsstrukturen für das europäische Binnenmarktrecht selbst aufzubauen.
Die Kommission legt in der Mitteilung nicht dar, dass die Vereinheitlichung der Strukturen sowie die Benennung einer einzigen nationalen Stelle im Sinne eines europäischen Mehrwertes für die Bürgerinnen und Bürger erforderlich seien.
- 5. Allein die Bequemlichkeit für die Kommission, nur einen Ansprechpartner zu haben, kann einen schwerwiegenden Eingriff in die mitgliedstaatlichen Rechte nicht rechtfertigen.
B
- 6. Der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.