859. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2009
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Kulturfragen (K) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat sieht in der Mitteilung der Kommission die Fortsetzung des bereits begonnenen Dialogs, den die Kommission in den vergangenen Jahren mit den Mitgliedstaaten und akademischen und wissenschaftlichen Gruppierungen eingeleitet hat.
- 2. Hinsichtlich aller von der Kommission vorgeschlagenen Aktivitäten verweist der Bundesrat auf Artikel 149 EGV. Der Bundesrat begrüßt jede Initiative innerhalb des Kompetenzrahmens der EU, die zur Verwirklichung des Ziels beiträgt, dass sich Partnerschaften zwischen Hochschulen und Wirtschaft entwickeln können.
- 3. Der hier vorgeschlagene allgemeine Rahmen für die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen und die Herstellung der Interdisziplinarität durch die Hochschulen greift jedoch in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten, die Kompetenzen der Länder der Bundesrepublik Deutschland und die Autonomierechte der Hochschulen ein und wird deshalb abgelehnt. (bei Annahme entfällt Ziffer 4)
- 4. Der hier vorgeschlagene allgemeine Rahmen für die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen und die Herstellung der Interdisziplinarität durch die Hochschulen darf jedoch nicht in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten, die Kompetenzen der Länder der Bundesrepublik Deutschland und die Autonomierechte der Hochschulen eingreifen.
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine Teilnahme am EU-Forum in der Hauptsache Angelegenheit der Hochschulen ist. Aus Sicht der deutschen Länder ist der wesentliche Prozess zur internationalen Reform im Hochschulbereich der zwischenstaatliche Bologna-Prozess. Bereits durch die Umsetzung der Reformen des Bologna-Prozesses wurden die angestrebten Fortentwicklungen in den Studienplänen angestoßen. Die Umstellung der Studienpläne im Rahmen des Bologna-Prozesses wurde weitgehend erst in den letzten fünf Jahren vollzogen, so dass die Auswirkungen auf die Hochschulen und deren Absolventen sich in der Breite erst im Laufe der kommenden Jahre zeigen können. Vorsorglich stellt der Bundesrat fest, dass das EU-Forum aus seiner Sicht den Charakter der Diskussion und Kommunikation hat.
- 6. Eine Ausweitung der Aktivitäten des EU-Forums auf den Bereich der schulischen und beruflichen Bildung wird vom Bundesrat mit Verweis auf Artikel 149 EGV abgelehnt.
- 7. Forschung und Lehre an den Hochschulen haben nicht nur das Ziel der Verwertung von wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Wirtschaft, sondern die erkenntnisleitenden Interessen, die darüber hinausgehen, sind vielmehr ein wesentlicher Beitrag, mit dem die Hochschulen ihrer gesellschaftlichen und sozialen Rolle gerecht werden.
- 8. Der Bundesrat weist darauf hin, dass weitere Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen in den Ländern bereits erkannt und eingeführt wurden. Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) sowie der in Erarbeitung befindliche Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) bilden für die Erlangung der notwendigen Transparenz der Bildungsabschlüsse eine gute Grundlage. Alle Länder Deutschlands haben in den letzten Jahren rechtliche Voraussetzungen geschaffen, um die vertikale Durchlässigkeit der Bildungssysteme zu erhöhen.
- 9. Die Einbeziehung von Vertreterinnen und Vertretern der Lernenden, der Unternehmen und anderer Bereiche der Gesellschaft in die Arbeit der Akkreditierungsagenturen wird vom Bundesrat für sinnvoll erachtet. Die Einflussnahme auf die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien der Akkreditierungsagenturen von außerhalb ist aufgrund ihrer privatwirtschaftlichen Organisationsstrukturen allerdings in Deutschland nur im Rahmen konsensualer Prozesse möglich.
- 10. Zur Forderung der Kommission nach Verankerung des Konzepts zum Lebenslangen Lernen an den deutschen Hochschulen weist der Bundesrat darauf hin, dass mit der Annahme der Europäischen Hochschulcharta für Lebenslanges Lernen durch den Europäischen Hochschulverband (EUA) dieser sein großes Interesse daran bekundet, dass die Hochschulen sich intensiv an Programmen für das Lebenslange Lernen beteiligen wollen. Zahlreiche Hochschulen bieten schon jetzt - in Rückkoppelung zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen - zertifizierte Weiterbildungsmöglichkeiten an, mit denen durch den Erwerb zusätzlicher Kompetenzen die Beschäftigungschancen der Absolventen gesteigert werden.
- 11. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf die Autonomie der Hochschulen und Ziffer 3 bzw. 4 dieser Stellungnahme.
- 12. Die EU fördert die Mobilität von Studierenden und Absolventen bereits jetzt wesentlich durch das Erasmus-Programm. Die Förderung der Mobilität in Europa ist zudem ein zentrales Ziel des Bologna-Prozesses. Die Länder der Bundesrepublik Deutschland verfolgen die Entwicklung der nationalen und internationalen Mobilitätsraten aufmerksam. Sie stellen dabei fest, dass Deutschland im Bereich der Mobilität der Studierenden und Absolventen sowohl für hereinkommende wie für ins Ausland gehende Studierende einen führenden Platz einnimmt. Sie sind weiterhin bestrebt, die Mobilität zu fördern. Dies kam auch im jüngsten Communiqué von Leuven zur Fortführung des Bologna-Prozesses zum Ausdruck.
- 13. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, seine Stellungnahme gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 EUZBLG maßgeblich zu berücksichtigen, weil die Angelegenheit im Schwerpunkt die internen Strukturen der Hochschulen, deren Finanzierung und die inhaltliche Gestaltung von Studiengängen an Hochschulen betrifft und damit in die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder fällt.
B.
- 14. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.