Der Bundesrat hat in seiner 858. Sitzung am 15. Mai 2009 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Für eine zielführende Verhütung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität, insbesondere des internationalen Terrorismus, ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten von wesentlicher Bedeutung.
- 2. Dabei müssen die Grundrechte als hohes Gut eines freiheitlichen Rechtsstaates gewahrt bleiben. Der in dem Abkommen vom 1. Oktober 2008 vorgesehene intensive Austausch personenbezogener Daten setzt insbesondere eine umfassende Auseinandersetzung mit dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf informationelle Selbstbestimmung voraus.
- 3. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen sind vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Datenschutzstandards der Vertragsparteien zu bewerten. Für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union gelten die allgemeinen Grundsätze des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008. Eine vergleichbare Grundlage fehlt im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
- 4. Vor diesem Hintergrund ist Artikel 12 des Abkommens kritisch zu betrachten.
Mit der Regelung sollte eigentlich die Übermittlung von personenbezogenen Daten besonderer Kategorien an strengere Anforderungen geknüpft werden. Die Voraussetzungen sind jedoch nicht hinreichend bestimmt.
- a) Zum einen wird eine "besondere Relevanz" der Daten gefordert, ein unbestimmter Rechtsbegriff, der auch nicht weiter definiert wird. Zum anderen wird der Übermittlungszweck nicht hinreichend präzisiert, sondern pauschal auf "die Zwecke dieses Abkommens" verwiesen.
Außerdem gilt die Sonderregelung des Artikels 12 nicht für Datenübermittlungen nach Artikel 5 und 8 (vgl. Denkschrift des Abkommens, S. 14), sondern bezieht sich ausschließlich auf Spontanübermittlungen nach Artikel 10. Die Spontanübermittlung ist aber wegen ihres besonderen Charakters ausdrücklich nur auf den Zweck der Verhinderung terroristischer Straftaten begrenzt. Diese Zweckbeschränkung geht nicht aus Artikel 12 hervor.
- b) Schließlich sind auch die in Artikel 12 aufgezählten Datenkategorien zu weit gefasst. Diese entsprechen zwar dem Standardkatalog der allgemeinen Datenschutzgesetze (vgl. § 3 Absatz 9 BDSG). Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die Zweckbestimmung dieser Gesetze wesentlich breiter gefasst ist. Artikel 12 zielt dagegen ausschließlich auf einen konkreten Zweck ab, nämlich die Verhinderung terroristischer Straftaten nach Artikel 10.
Insoweit ist festzustellen, dass zu dem konkreten Zweck der Verhinderung terroristischer Straftaten eine Übermittlung von Daten über die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft unter keinem Gesichtspunkt von Relevanz sein kann. Auch die Übermittlung von Daten über die Gesundheit bzw. das Sexualleben ist vor diesem Hintergrund bedenklich.
- a) Zum einen wird eine "besondere Relevanz" der Daten gefordert, ein unbestimmter Rechtsbegriff, der auch nicht weiter definiert wird. Zum anderen wird der Übermittlungszweck nicht hinreichend präzisiert, sondern pauschal auf "die Zwecke dieses Abkommens" verwiesen.
- 5. Darüber hinaus legt das Abkommen keine verbindlichen Löschungs- bzw. Prüffristen fest. Artikel 11 Absatz 2 des Abkommens sieht lediglich vor, die übermittelten Daten nur so lange aufzubewahren, als dies für den jeweiligen Zweck nötig ist. Für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union sind solche Fristen vorgegeben. Nach Artikel 5 des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 sind für die Löschung oder regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung Fristen festzulegen, deren Einhaltung durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen sicherzustellen sind. Dadurch wird eine sachgerechte zeitliche Begrenzung der Datenspeicherung gewährleistet.
- 6. Schließlich fehlt eine verbindliche Definition der schwerwiegenden Kriminalität sowie der terroristischen Straftaten als Grundvoraussetzung für den Datenaustausch auf der Grundlage des Abkommens. Artikel 10 Absatz 3 des Abkommens sieht zwar eine Notifizierung der Straftaten vor. Diese kann jedoch jederzeit einseitig von den Vertragsparteien geändert werden.
- 7. Die Bundesregierung wird gebeten, bei der Durchführung des Abkommens auf die Einhaltung eines hohen Datenschutzniveaus hinzuwirken und die genannten Aspekte bei künftigen Verhandlungen zu berücksichtigen.