Der Bundesrat hat in seiner 935. Sitzung am 10. Juli 2015 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass trotz einer Einigung im Rat keine Ergebnisse vorliegen, die den Forderungen des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 23. Mai 2014 (BR-Drucksache 113/14(B) ) ausreichend Rechnung tragen und gegenüber den bestehenden Rechtsvorschriften eine bessere Entwicklung der ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft erwarten lassen.
- 2. Er sieht weiterhin die große Gefahr, dass eine unausgereifte Revision der Verordnung die Biobranche schwächen und die notwendige Weiterentwicklung behindern wird.
- 3. Der Bundesrat bestärkt die Bundesregierung in ihrer Haltung, mit der sie insbesondere keine Verordnung unterstützt, die spezifische Grenzwerte für nicht zugelassene Stoffe in ökologischen Erzeugnissen festlegt, und begrüßt die diesbezügliche Einigung. Der Bundesrat erkennt zwar die Teilerfolge bei den Beratungen des Kommissionsvorschlags im Rat für Landwirtschaft und Fischerei an, er sieht aber nach wie vor grundlegenden Änderungsbedarf aus den folgenden Gründen:
- a) Bürokratie und Verwaltungsaufwand werden nicht reduziert,
- b) das Prinzip der Prozessorientierung wird nicht durchgängig beibehalten,
- c) die Produktionsregeln und die Kontrolle ihrer Einhaltung werden nicht klar als eine Einheit angesehen,
- d) die Ermächtigungen zu delegierten Rechtsakten sind nicht deutlich reduziert worden; alle wesentlichen Regelungen sollen unter Einbeziehung von Experten aus den Mitgliedstaaten entwickelt und im Ratsrecht eindeutig festgelegt werden,
- e) der Abbau von Ausnahmen erfolgt nicht praxisnah und mit zeitlicher Abstufung; der Abbau von Ausnahmen muss mit Aktivitäten zur Entwicklung des Angebots an Ökoeiweißfutter, Ökosaat- und -pflanzgut und Ökojungtieren verknüpft werden,
- f) Anforderungen an den Tierschutz werden gegenüber der aktuellen Verordnung abgesenkt,
- g) die Importregelung birgt weiterhin die Gefahr einer Abschottung Europas und Reduzierung der Einfuhren insbesondere aus Entwicklungsländern.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass insbesondere auch durch die Vielzahl an vorgesehenen delegierten Rechtsakten zentrale Fragen noch offen sind. Er ist daher der Auffassung, dass im weiteren Beratungsverfahren auf EU-Ebene Nachbesserungen bei notwendigen Ausnahmen beim Einsatz von Ökosaatgut vorzunehmen sind. Aktuell wäre es nicht möglich, für alle Kulturen Saatgut in Öko-Qualität bereitzustellen. Dies gilt insbesondere für regionale Gemüse- und Obstsorten, deren Erhaltung auch erklärtes Ziel der EU-Öko-Verordnung ist.
- 5. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, im weiteren Verfahren auf Nachbesserungen im Importbereich hinzuwirken. Für Importe aus Drittländern, insbesondere Entwicklungsländern, ist eine 1 : 1-Umsetzung der EU-Öko-Verordnung bedingt durch regionale und strukturelle Unterschiede nur schwer möglich. Wie bisher sollte neben dem Konformitätsprinzip auch das Äquivalenzprinzip anwendbar sein, um einen Marktzugang in die EU zu ermöglichen.
- 6. Er hält es für erforderlich, dass im weiteren Verfahren die Vorgaben für Gemeinschaftsweiden von konventionellen und ökologischen Tieren angepasst werden. Es sollte wie bisher ausreichend sein, dass als Voraussetzung für eine gleichzeitige Beweidung (Bio-Tiere/konventionell gehaltene Tiere) die Flächen mindestens drei Jahre zurückliegend allenfalls mit im Öko-Landbau erlaubten Dünge- und Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden.
- 7. Der Bundesrat hält es für notwendig, im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf eine weitere Reduzierung der Ermächtigungen zu delegierten Rechtsakten hinzuwirken. Er begrüßt in diesem Zusammenhang, dass bisher bereits eine Reihe von Ermächtigungen zu delegierten Rechtsakten zu Durchführungsrechtsakten umgewandelt wurden.
- 8. Der Bundesrat sieht dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung und Beschleunigung der Vernetzung der Kommunikation unter den Mitgliedstaaten, insbesondere für den Zweck der Rückverfolgung bei Schadensereignissen.
- 9. Darüber hinaus bittet er die Bundesregierung, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, dass der von der Kommission angekündigte "Aktionsplan für die Zukunft der ökologischen Erzeugung in der EU" eine entsprechende finanzielle Ausstattung in den Forschungs- und Förderprogrammen der Kommission erhält.
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Länder im weiteren Rechtsetzungsverfahren auf EU-Ebene eng einzubinden.