803. Sitzung des Bundesrates am 24. September 2004
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der nunmehr vorliegende Entwurf von "Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union zur Stärkung der Gesamtkapazitäten der Europäischen Union für den Katastrophenschutz" (Ratsdok. 11549/04) steht in direktem sachlichen Zusammenhang mit der Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Mai 2004 (BR-Drucksache 280/04(B) ).
- 2. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den vorgelegten Entwurf von "Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union zur Stärkung der Gesamtkapazitäten der Europäischen Union für den Katastrophenschutz" (Ratsdok. 11549/04), die Gesamtkapazitäten der Europäischen Union für den Katastrophenschutz unter Beachtung der vorrangigen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten auszubauen und die Zusammenarbeit zu stärken. Dies gilt insbesondere für das Ziel, ein gemeinsames Kommunikations- und Informationssystem in Notfällen (Nr. 6) einzurichten, die Ausarbeitung von exemplarischen Reaktionsszenarien (Nr. 7) zu erarbeiten, die Erleichterung der Koordinierung von Hilfsteams aus den verfügbaren Katastrophenschutzkapazitäten der Mitgliedstaaten (Nr. 8) voranzutreiben sowie die gemeinsame Schulungsarbeit (Nr. 9) zu intensivieren.
- 3. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der unter Nr. 2 des Entwurfs enthaltene Hinweis auf die Bestandteile der von mehreren Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Initiative "European First Aid support team" - EU-FAST - (Europäisches Erste Hilfeleistungs-Unterstützungsteam) insbesondere im Hinblick auf Ziffer 3 des Bundesratsbeschlusses vom 14. Mai 2004 problematisch ist.
Die Initiative zielt darauf ab, dass
- - Ausbildung und Interoperabilität von Mannschaften entwickelt werden sollten
- - entsprechend der Aufforderung durch das Europäische Parlament eine bessere Kennzeichnung des Europäischen Adhoc-Zivilschutzteams gewährleistet werden sollte, und zwar insbesondere durch die Einführung gemeinsamer Abzeichen und der Bezeichnung EU-FAST,
- - die Datenbank über die potenziell zur Verfügung stehenden Ressourcen auf der Grundlage von Szenarien entwickelt wird und diese Ressourcen in Übungen, an denen alle betroffenen Akteure der Union beteiligt sind, einbezogen werden sollten, und zwar insbesondere im Rahmen der dem Verfahren zur Verfügung stehenden militärischen Ressourcen,
- - eine Kombination von zivilen und militärischen Hilfeleistungen herbeigeführt wird.
Die Auffassung der Bundesregierung, die Erwähnung der EU-FAST-Initiative als Hinweis in den Erwägungsgründen sei nicht von erheblicher Bedeutung, ist angesichts der Bedeutung dieses Vorhabens nach Auffassung des Bundesrates nicht frei von Bedenken. EU-FAST ist zwar bislang nur eine Initiative einzelner Mitgliedstaaten. Ob und wie dieser Vorstoß weiter verfolgt wird, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar. Die beabsichtigte Festlegung von Einheiten, die zur Hilfe von Nachbarstaaten entsandt werden sollen, ist zu begrüßen und entspricht dem im Beschluss des Bundesrates vom 14. Mai 2004 genannten deutschen Forderungen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass verschiedene Staaten den Hinweis auf die Initiative in den Erwägungsgründen als Befürwortung eigener EU-Einheiten verstehen könnten, zumal Dokumente zu EU-FAST teilweise diesbezügliche Aussagen enthalten. Der Ländervertreter hatte deshalb in der "Ratsgruppe Katastrophenschutz" vorsorglich für einen Parlamentsvorbehalt votiert.
Der Bundesrat hält an seiner Auffassung fest, dass einsatzleitende operative Befugnisse der EU, EU-eigene Einheiten und einheitliche EU-Uniformen (abgesehen von Kennzeichnungen wie z.B. Armbinden) von deutscher Seite abgelehnt werden müssen. Die Einsatzleitung muss stets der jeweils betroffene Mitgliedstaat selbst ausüben. Ferner müssen die von anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Einheiten der jeweiligen Einsatzleitung vor Ort unterstellt werden.
- 4. Der Bundesrat geht gleichwohl davon aus, dass mit der Aufnahme des Hinweises auf die EU-FAST-Initiative keine grundsätzliche Entscheidung über EU-Einsatzkräfte verbunden ist. Er erhebt daher gegen den Entwurf sowie die Absicht der Bundesregierung, den Parlamentsvorbehalt aufzuheben, keine Einwände. Die Bundesregierung wird jedoch gebeten, bei einer weiteren Behandlung von EU-FAST darauf hinzuwirken, dass die in diesem Beschluss und die im Beschluss vom 14. Mai 2004 dargelegte Haltung des Bundesrates Berücksichtigung findet.