Punkt 48 der 992. Sitzung des Bundesrates am 3. Juli 2020
Der Bundesrat möge gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung nehmen:
Der Bundesrat unterstützt das Ziel der Wahrung oder Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, hält jedoch eine Ausweitung der "streng geschützten" Gebiete von 3 auf 10 Prozent der gesamten EU-Landfläche (das heißt + 30 Millionen Hektar) für nicht geeignet und daher für nicht notwendig, den tatsächlichen Ursachen spezifischer Arten- und Habitatgefährdungen wirksam, effizient und mit hoher Akzeptanz bei den Bewirtschaftern und Eigentümern zu begegnen. Ein reiner Prozessschutz würde erhebliche Auswirkungen auf den ländlichen Raum und die Versorgung mit dem klimafreundlichen Rohstoff Holz haben. Auswirkungen auf die Wirtschaft bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern wären nicht auszuschließen. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass die Folgen umfassend abgeschätzt und abgewogen werden, freiwillige Ansätze weiterhin möglich sind und es bei der Umsetzung nicht zu unkalkulierbaren Verfahrensrisiken für die Länder sowie unverhältnismäßigen Einschränkungen für die Landnutzung kommt.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Erhalt der biologischen Vielfalt erfordert in gewissem Umfang auch Nutzungsverzicht, der jedoch die Verhältnismäßigkeit bewahrt. Die vorgesehene EU-weite Verdreifachung "streng geschützter" Gebiete auf 10 Prozent der Landflächen würde dem nicht gerecht und zu erheblichen, kaum absehbaren Auswirkungen führen. So wäre von dem strengen Schutz zum einen in Europa eine Fläche von ungefähr der Größe Italiens betroffen, zum anderen ist fraglich, ob mit einem obligatorischen Prozessschutz dem Artenrückgang in der Kulturlandschaft und im Siedlungsbereich begegnet werden kann. Eine Zielerreichung erscheint eher erfolgsversprechend, wenn ein gemeinsamer Weg mit den betroffenen Eigentümern und Bewirtschaftern gefunden wird.
Auch für Deutschland wäre der strenge Schutz eine kaum zu bewältigende Herausforderung, wenn auf 3,6 Millionen Hektar ein Prozessschutz erfolgen müsste, der "natürliche Prozesse im Wesentlich ungestört [lässt], um den ökologischen Erfordernissen der Gebiete gerecht zu werden" (vergleiche BR-Drucksache 279/20 (PDF) , Abschnitt 2.1., Seite 6, Fußnote 24). Die dortige Formulierung legt einen vollständigen Verzicht auf Land- und Waldnutzung nahe.
Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Strategie bereits Meilensteine zur obligatorischen Umsetzung enthält, wonach "Die Kommission darauf hinarbeiten [wird], die Kriterien und Leitlinien für zusätzliche Anweisungen bis Ende 2021 mit den Mitgliedstaaten zu vereinbaren. Die Mitgliedstaaten werden dann bis Ende 2023 Zeit haben, erhebliche Fortschritte bei der gesetzlichen Ausweisung neuer Schutzgebiete und der Integration ökologischer Korridore nachzuweisen. Auf dieser Grundlage wird die Kommission bis 2024 bewerten, ob die EU auf dem richtigen Weg ist, ihre Ziele für 2030 zu erreichen, oder ob strengere Maßnahmen, einschließlich EU-Rechtsvorschriften, erforderlich sind." (vergleiche BR-Drucksache 279/20 (PDF) , Abschnitt 2.1., Seite 7, Absatz 3).