Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305610 - vom 9. April 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. März 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan,
- - unter Hinweis auf die 2004 angenommene Verfassung Afghanistans,
- - unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2007, in der ein weltweites Moratorium für den Vollzug der Todesstrafe gefordert wird (A/RES/62/149),
- - unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis darauf, dass ein regionales Gericht in der nordafghanischen Provinz Balkh am 22. Januar 2008 den 23 jährigen afghanischen Journalisten Sayed Perwiz Kambakhsh wegen Verbreitung eines Artikels über die Rechte der Frauen im Islam, den er aus dem Internet heruntergeladen hatte, zum Tode verurteilte; unter Hinweis darauf dass das Gericht in seinem Urteil zu dem Schluss kamen, dass der Artikel den Tatbestand der "Gotteslästerung" erfülle, und Perwiz Kambakhsh zum Tode verurteilte,
B. unter Hinweis darauf, dass Perwiz Kambakhsh ein Rechtsbeistand verwehrt wurde und ihm sein Urteil ohne angemessene Anhörung verkündet wurde; unter Hinweis darauf, dass er Berichten zufolge geschlagen und mit seiner Hinrichtung bedroht wurde, bis er ein Geständnis unterzeichnete,
C. unter Hinweis darauf, dass eine Delegation des Unabhängigen Journalistenverbandes Afghanistans (AIJA) am 6. Februar 2008 mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai in Kabul zusammentraf, ihm Einzelheiten des Falles mitteilte und ihn ersuchte, zugunsten von Perwiz Kambakhsh zu intervenieren;
D. unter Hinweis darauf, dass Artikel 34 der Verfassung Afghanistan eindeutig das Recht auf freie Meinungsäußerung im Einklang mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verteidigt und bestimmt, "Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unverletzlich jeder Afghane hat das Recht auf Bekundung seiner Gedanken in Rede, Schrift, Darstellungen und mit anderen Mitteln entsprechend den Vorschriften dieser Verfassung",
E. unter Hinweis darauf, dass Journalisten in Afghanistan - vor allem Frauen - in zunehmendem Maße mit Einschüchterung, Todesdrohungen, Entführung und Gewalt konfrontiert sind,
F. unter Hinweis darauf, dass das Todesurteil gegen Perwiz Kambakhsh angesichts der Tatsache verhängt wurde, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen die oben genannte Resolution angenommen hat, mit der ein weltweites Moratorium für den Vollzug der Todesstrafe gefordert wurde, und mittlerweile insgesamt 135 Länder die Todesstrafe auf dem Gesetzeswege oder in der Praxis abgeschafft haben,
- 1. bekräftigt seinen bedingungslosen Widerstand gegen die Todesstrafe und sein Eintreten für die Achtung der Rechtsstaatlichkeit;
- 2. verurteilt die Verhaftung von Perwiz Kambakhsh und den Beschluss des Bezirksgerichts der Provinz Balkh, ihn unter der Anschuldigung der Gotteslästerung zum Tode zu verurteilen; fordert die Freilassung von Perwiz Kambakhsh;
- 3. fordert die afghanischen Regierungsstellen dringend auf, ihr Engagement für die Menschenrechte und die demokratischen Rechte unter Beweis zu stellen, indem sie alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um seine Hinrichtung zu verhindern und für eine rechtliche Überprüfung seines Falles zu sorgen; fordert Präsident Karzai für den Fall, dass das Berufungsgericht das Todesurteil bestätigt, auf, von seinem Recht auf Begnadigung Gebrauch zu machen;
- 4. erinnert an die von Präsident Karzai am 6. Februar 2008 vor einer Delegation des Unabhängigen Journalistenverbands Afghanistans abgegebenen Zusicherungen für die Sicherheit von Perwiz Kambakhsh;
- 5. bekundet seine Solidarität mit all denjenigen, die für unabhängigen Journalismus in Afghanistan eintreten;
- 6. fordert den Präsidenten und das Parlament Afghanistans auf, geeignete Schritte zu unternehmen um die Entwicklung eines funktionsfähigen Strafrechts- und Gerichtssystems voranzutreiben, das auf internationalen Standards und bewährten Praktiken beruht; begrüßt die im Juli 2007 von dem für die Außenbeziehungen zuständigen Mitglied der Kommission auf der Konferenz in Rom zum Thema "Die Rechtsstaatlichkeit in Afghanistan" angekündigte Bereitschaft, unverzüglich finanzielle Unterstützung anzubieten, um Afghanistan Hilfestellung bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Reform seiner Gerichtsbarkeit zu leisten;
- 7. fordert die afghanische Regierung auf, die von den Vereinten Nationen verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte uneingeschränkt zu achten und sicherzustellen dass das Recht auf freie Meinungsäußerung für alle Bürger Afghanistans gewährleistet und aufrechterhalten wird;
- 8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Afghanistan zu übermitteln.