Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail"

C(2014) 3119 final
siehe Drucksache 808/13(B) HTML PDF

Brüssel, den 15.5.2014
C(2014) 3119 final

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsident
Stephan Weil
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin
DEUTSCHLAND

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

Die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" (COM (2013) 922 final).

Die Kommission nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat ihre Initiative zur Förderung von Forschung und Innovationen im Eisenbahnsektor begrüßt und in der Gründung eines Gemeinsamen Unternehmens durch die EU und den Sektor einen sinnvollen Weg zur Erreichung der Ziele der Union sieht, die den einheitlichen europäischen Eisenbahnraum vollenden und die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs in der EU gegenüber anderen Verkehrsträgern und gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten steigern will.

Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrates, dass Governance und Funktionsweise eines solchen Gemeinsamen Unternehmens Transparenz, den Schutz der finanziellen Interessen der Union und ein solides Finanzmanagement gewährleisten müssen. Dem Verordnungsvorschlag zufolge wird die Kommission über ihre Vertreter im Verwaltungsrat und über den bevollmächtigten Anweisungsbefugten sicherstellen, dass die interne Kontrolle des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" den Anforderungen an die Rechenschaftspflicht in vollem Umfang genügt und dass das Risiko von Interessenkonflikten innerhalb des Gemeinsamen Unternehmens in angemessener Weise gemindert wird. Deshalb würde der interne Kontrollrahmen für "Shift2Rail" folgende Elemente umfassen: 1) Anwendung interner Kontrollstandards, die mindestens gleichwertige Garantien wie die internen Kontrollstandards der Kommission bieten; 2) unabhängige und transparente Bewertung der Mitglieds- und Projektanträge auf der Grundlage veröffentlichter Auswahlkriterien, einschließlich Einspruchsverfahren und vollständiger Erklärungen über etwaige Interessen; 3) Präventivmaßnahmen zur Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen; 4) detaillierte Vorschriften für Monitoring und Berichterstattung, einschließlich Expost-Prüfungen und wissenschaftlicher Bewertung der Projektergebnisse.

Zudem würde der Rechnungshof selbstverständlich Rechnungslegung sowie Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Transaktionen des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" prüfen.

Die Kommission kann auch das Anliegen des Bundesrates nachvollziehen, dass Governance und Funktionsweise des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" durch Offenheit gekennzeichnet sein sollten, so dass eine Beteiligung verschiedenster Akteure ermöglicht wird und die Mitgliedstaaten Einfluss nehmen können. Die Kommission hat sich darum bemüht, geeignete Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellen, dass diesem Anliegen gebührend Rechnung getragen und gleichzeitig eine effektive und effiziente Governance und Funktionsweise des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" gewährleistet wird. Den Mitgliedstaaten würde auf mehreren Ebenen eine wichtige Rolle zufallen:

Erstens müsste der Rat der Europäischen Union den "Shift2Rail"-Masterplan billigen - den strategischen Fahrplan, in dem die zentralen Prioritäten und die grundlegenden operationellen und technologischen Innovationen genannt werden, die von allen Interessenträgern im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" verlangt werden. Dieser Masterplan würde als Grundlage für die Entwicklung der detaillierten Arbeitsprogramme des Gemeinsamen Unternehmens dienen. Die Kommission würde im Rahmen eines Konsultationsprozesses einen Vorentwurf des Masterplans erstellen. Im Mai 2014 ist eine offene Anhörung aller Interessenträger geplant. Die Kommission wird alle Beiträge der Bundesregierung und der Länder mit größtem Interesse prüfen. Der Entwurf des Masterplans würde anschließend dem Gemeinsamen Unternehmen "Shift2Rail", sobald dieses gegründet ist, zur Weiterentwicklung übergeben.

Zweitens könnten die Mitgliedstaaten - und gegebenenfalls auch deren Länder bzw. Regionen - über die Gruppe der nationalen Vertreter Einfluss nehmen. Aufgabe dieser Gruppe wird es sein, Empfehlungen und Vorschläge zur strategischen Ausrichtung von "Shift2Rail", zu den Arbeitsprogrammen, zu technischen, verwaltungstechnischen und finanziellen Fragen sowie zur Verknüpfung mit nationalen oder regionalen Forschungs- und Innovationsprogrammen an den Verwaltungsrat des Gemeinsamen Unternehmens zu richten.

Drittens hätte das Gemeinsame Unternehmen "Shift2Rail", wie in der Stellungnahme des Bundesrates unterstrichen, die Möglichkeit, nach Anhang I Klausel 14 des Verordnungsvorschlags verschiedene Arbeitsgruppen zu bilden, in die nationale und regionale Vertreter entsandt werden können. Nach Auffassung der Kommission verdienen die Vorschläge des Bundesrates, eine Arbeitsgruppe "Lärmminderungstechnik" und eine Arbeitsgruppe "Einführung innovativer Güterwagen" zu bilden, eine eingehendere Prüfung, da Lärmminderung und eine stärkere Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene wesentliche Ziele des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" sind. Für die Einrichtung derartiger Arbeitsgruppen wäre jedoch selbstverständlich ein Beschluss des Verwaltungsrates des Gemeinsamen Unternehmens "Shift2Rail" erforderlich.

Was schließlich den Aspekt der Patente anbelangt, würden für das Gemeinsame Unternehmen "Shift2Rail" die allgemeinen Vorschriften von "Horizont 2020" über die Rechte des geistigen Eigentums gelten. In die im Rahmen des Projekts geschlossenen Konsortialvereinbarungen könnten spezifische Bestimmungen aufgenommen werden, wie es in der Regel beim Rahmenprogramm der Fall ist. Allgemein gilt, dass ein Unternehmen, das eine Lösung entwickelt, auch die Rechte für die Nutzung dieser Lösung innehätte. Wird eine Lösung gemeinsam entwickelt, ist sie gemeinsames Eigentum. Würden die betreffenden Lösungen im Rahmen anderer Tätigkeiten genutzt, müssten die Eigentümer sie entweder unentgeltlich oder gegen eine Lizenzgebühr zur Verfügung stellen. In jedem Fall wird die Kommission bestrebt sein, dafür zu sorgen, dass aus öffentlichen Geldern finanzierte Erfindungen im öffentlichen Interesse geschützt werden.

Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag, der derzeit im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens im Europäischen Parlament und im Rat - in dem auch die Regierung Ihres Landes vertreten ist - erörtert wird.

Die Kommission hofft, mit diesen Ausführungen zur Klärung der in der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Punkte beigetragen zu haben, und sieht der Fortsetzung unseres politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung