Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 104489 - vom 12. April 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. März 2010 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus, insbesondere seine Entschließung vom 17. Dezember 20091,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" vom 17. November 2009 zu Belarus, mit denen die Visumsperre für hohe belarussische Amtsträger - Präsident Alexander Lukaschenko eingeschlossen - weiterhin ausgesetzt wird und die restriktiven Maßnahmen bis Oktober 2010 verlängert werden,
- - unter Hinweis auf das Ergebnis der 2996. Tagung des Rates "Auswärtige Angelegenheiten" vom 22. Februar 2010 und auf die Erklärung der Hohen Vertreterin, Baroness Catherine Ashton, zur Lage des Bundes der Polen in Belarus vom 16. Februar 2010,
- - in Kenntnis der Erklärung, die der Europäische Rat am 19. März 2009 zur Östlichen Partnerschaft abgegeben hat, und der Gemeinsamen Erklärung, die auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft am 7. Mai 2009 in Prag abgegeben wurde,
- - unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen des Europarates vom 1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten,
- - unter Hinweis auf die Grundsätze und Normen des Völkerrechts bezüglich der Rechte nationaler Minderheiten, insbesondere jene, die in den internationalen Übereinkommen über die Menschenrechte, wie der Schlussakte von Helsinki vom 1. August 1975 (Teil 1.VII), dem Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE vom 29. Juni 1990 und der Charta von Paris für ein neues Europa vom 21. November 1990 enthalten sind,
- - unter Hinweis auf seine Aussprache zu Belarus vom 24. Februar 2010 und den Besuch einer Adhoc-Delegation des Europäischen Parlaments in Belarus vom 25. bis 27. Februar 2010 und deren Erkenntnisse,
- - gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in Belarus am 15. Februar 2010 40 Aktivisten, hauptsächlich Mitglieder des Bundes der Polen in Belarus (ZPB), festgenommen wurden, darunter auch And¿elika Borys (Vorsitzende des ZPB), Igor Bancer (Sprecher des ZPB), Mieczys³aw Jakiewicz (stellvertretender Vorsitzender), Andrzej Poczobut (Vorsitzender des ZPB-Aufsichtsrates) und Anatol Labiedka, Vorsitzender der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei in Belarus, um sie an der Teilnahme an der Gerichtsverhandlung über das Polnische Haus in Iwjanez zu hindern, und in der Erwägung, dass die Aktivisten bis zum 20. Februar ausnahmslos freigelassen wurden,
B. in der Erwägung, dass der ZPB, zu dessen Vorsitzender And¿elika Borys zweimal (2005 und 2009) demokratisch gewählt worden ist, von staatlicher Seite nicht anerkannt wird und seit 2005 regelmäßig Drangsalierungen und Verfolgungen ausgesetzt ist, sowie in der Erwägung, dass seine Mitglieder immer wieder rechtswidriger Betätigung beschuldigt und strafrechtlich belangt werden,
C. in der Erwägung, dass die belarussischen Behörden 2005 in Grodno und 2010 in Iwanjez die Polizei gegen ZPB-Mitglieder eingesetzt haben,
D. in der Erwägung, dass die belarussischen Behörden Vertreter des ZPB, die vor Gericht als Zeugen für Teresa Sobol, die Vorsitzende des ZPB-Regionalverbands in Iwanjez, erscheinen sollten, an der Teilnahme an dem Prozess gehindert haben,
E. in der Erwägung, dass die Diskriminierung des von And¿elika Borys geleiteten Bundes der Polen, der die größte in Belarus tätige nichtstaatliche Organisation ist, für den allgemeinen Umgang mit der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition in Belarus symptomatisch ist,
F. in der Erwägung, dass das in Grodno ansässige und von And¿elika Borys geleitete Unternehmen Polonica, die einzige Geldquelle des ZPB, wegen angeblicher Steuervergehen mit einer Geldbuße von 71 Millionen Rubel belegt wurde und nun von Insolvenz bedroht ist,
G. in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane Stanis³aw Siemaszko als rechtmäßiges Oberhaupt des Bundes der Polen betrachten und der Organisation unter seiner Führung, die von der polnischen Volksgruppe als unrechtmäßig angesehen wird, Unterstützung zugesagt haben,
H. in der Erwägung, dass Vertreter der EU-Organe, darunter Jerzy Buzek, der Präsident des Europäischen Parlaments, Baroness Ashton, die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, und Cecilia Malmström, für Inneres zuständiges Mitglied der Kommission, sowie das polnische Parlament und das französische Außenministerium angesichts des jüngsten Vorgehens der belarussischen Behörden gegen den ZPB Besorgnis geäußert und den Polizeieinsatz gegen seine Mitglieder verurteilt haben,
I. in der Erwägung, dass die belarussischen Behörden mit diesem Vorgehen gegen die Normen des Völkerrechts in Bezug auf den Schutz von nationalen Minderheiten verstoßen, wie sie unter anderem im Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 verankert sind, wobei Belarus seine Maßnahmen gegen die Mitglieder dieser Organisation weiter verschärft hat,
J. in der Erwägung, dass es in Absatz 1 der Gemeinsamen Erklärung zur Östlichen Partnerschaft, zu deren Unterzeichnern Belarus zählt, heißt: "Die Teilnehmer des Prager Gipfeltreffens kommen überein, dass die Östliche Partnerschaft auf dem Bekenntnis zu den Grundsätzen des Völkerrechts und den Grundwerten, einschließlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten [...] beruhen wird",
K. in der Erwägung, dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 17. November 2009 anerkennt, dass sich neue Möglichkeiten für einen Dialog und eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Belarus mit dem Ziel eröffnen, echte Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie und zur Achtung der Menschenrechte zu fördern, und seine Bereitschaft bekräftigt, die Beziehungen der Europäischen Union zu Belarus zu vertiefen, sofern Belarus weitere Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit macht, sowie das Land dabei zu unterstützen, diese Ziele zu erreichen,
- 1. zeigt sich ernsthaft besorgt über die jüngsten Menschenrechtsverletzungen in der Republik Belarus, die sich gegen Vertreter der Zivilgesellschaft und insbesondere gegen Mitglieder des Bundes der Polen richten, und bekundet seine Solidarität mit jenen Bürgern, denen es verwehrt wird, ihre bürgerlichen Rechte uneingeschränkt wahrzunehmen;
- 2. verurteilt den Einsatz der Polizei und die rechtlichen Schritte, die gegen den Bund der Polen unternommen werden, sowie jegliche Versuche der belarussischen Behörden, der polnischen Volksgruppe eine neue Führung vorzugeben; fordert die belarussischen Behörden auf, den Bund der Polen in Belarus (ZPB) unter dem Vorsitz von And¿elika Borys wieder zuzulassen und dafür Sorge zu tragen, dass der Organisation ihr Eigentum unverzüglich zurückerstattet wird;
- 3. bekräftigt sein Interesse an einem offenen, strukturierten Dialog mit Belarus, unter der Voraussetzung, dass die Demokratisierung des politischen Systems in Belarus zu konkreten Ergebnissen führt und die Menschenrechte sowie die Rechtsstaatlichkeit geachtet werden;
- 4. fordert Belarus nachdrücklich auf, im Hinblick auf den Schutz und die Förderung von Minderheitenrechten seinen Verpflichtungen im Rahmen der OSZE und des Völkerrechts nachzukommen; fordert die Behörden gleichzeitig auf, die Voraussetzungen für eine funktionierende Zivilgesellschaft insbesondere in Bezug auf die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Situation unabhängiger Medien, einschließlich des Zugangs zum Internet, und die Registrierung nichtstaatlicher Organisationen mit Blick auf die Vorbereitung und Durchführung freier und fairer Kommunalwahlen am 25. April zu verbessern;
- 5. bekräftigt seine im Rahmen der jüngsten Entschließungen, insbesondere vom 15. Januar und 17. Dezember 2009, geäußerte Forderung, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und Religionsfreiheit zu gewährleisten und sicherzustellen, dass politische Parteien wie die Belarussische Christdemokratische Partei (BDC) zugelassen werden, sowie günstige Bedingungen für die Tätigkeit zivilgesellschaftlicher Einrichtungen, nichtstaatlicher Organisationen (wie des Menschenrechtszentrums "Viasna") und unabhängiger Medien in Belarus zu schaffen;
- 6. fordert die belarussischen Behörden dringend auf, politische Aktivisten wie Andrei Bandarenko und Gefangene aus Gewissensgründen wie Iwan Michailau und Aristyom Dubski freizulassen, die restriktiven Maßnahmen gegen zivilgesellschaftlich engagierte Personen wie Taciana Schaputka, eine Teilnehmerin am Forum der Zivilgesellschaft im Rahmen der Östlichen Partnerschaft, aufzuheben und von Maßnahmen abzusehen, mit denen Inhalte belarussischer Websites beeinflusst werden sollen;
- 7. betont, dass der Dialog der EU mit Belarus von beiderseitigem Nutzen sein kann, und ist der Überzeugung, dass Belarus darin unterstützt werden kann, den größtmöglichen Nutzen aus der Östlichen Partnerschaft zu ziehen, insbesondere im Hinblick auf die optimale Nutzung der im Rahmen dieses Programms zugeteilten Mittel für Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Gesellschaft und die Anwendung anderer Instrumente und politischer Maßnahmen der EU, sofern die belarussischen Behörden sich zu einem tatsächlichen Wandel im Bereich der Freiheiten, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie der Achtung der Menschenrechte und insbesondere der Rechte nationaler Minderheiten verpflichten;
- 8. weist darauf hin, dass die Europäische Union sich für eine Annäherung an Belarus bereits sehr offen gezeigt hat, was auch in der Aufnahme von Belarus in die Östliche Partnerschaft zum Ausdruck kommt; weist darauf hin, dass der Erfolg dieser Annäherung von Schritten zur Demokratisierung und zur Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Minderheitenrechte durch die Regierung von Belarus abhängt;
- 9. weist darauf hin, dass Belarus unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden staatlichen Stellen den grundlegenden Kriterien in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie Folge leisten, von Folgendem profitieren wird:
- - dem Abschluss und der Ratifizierung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und Belarus,
- - der wirksamen Nutzung von EU-Finanzierungsinstrumenten wie der Europäischen Investitionsbank (EIB) und dem Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI),
- - der Fortführung der Finanzierung von Projekten in Belarus mit Beteiligung staatlicher Stellen durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE),
- - dem erneuten Zugang für Belarus zum Allgemeinen Präferenzsystems der EU (APS+),
- - einer weiteren Tranche des Stabilisierungsdarlehens des Internationalen Währungsfonds (IWF),< /li>
- - der Wiederaufnahme der Verhandlungen über den Beitritt von Belarus zur WTO,
- - der Unterstützung für die Fortführung des OECD-Programms für Belarus;
- 10. misst der Liberalisierung des politischen und zivilgesellschaftlichen Lebens in Belarus große Bedeutung bei und betont, dass weitere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien in Belarus zu einer Überprüfung der Haltung der EU gegenüber Belarus führen könnten, einschließlich der erneuten Verhängung der Sanktionen;
- 11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarates, dem Sekretariat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten sowie dem Parlament und der Regierung von Belarus zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P7_TA(2009)0117.