Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 1338 - vom 11. März 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 21. Februar 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus, insbesondere seine Entschließung vom 6. April 2006 zur Lage in Belarus nach den Präsidentschaftswahlen vom 19. März 20061,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission vom 21. November 2006, in der sie die Bereitschaft der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht hat, ihre Beziehungen zu Belarus und seiner Bevölkerung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu erneuern,
- - unter Hinweis auf seinen Sacharow-Preis für geistige Freiheit, der im Dezember 2004 dem belarussischen Journalistenverband und im Dezember 2006 Aleksander Milinkewitsch verliehen wurde,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass es wiederholt die fehlgeschlagenen Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen in Belarus verurteilt hat,
B. in der Erwägung, dass es den Rat und die Kommission aufgefordert hat, Vorschläge zu unterbreiten um die Regierung Lukaschenko in internationalen Organisationen weiter unter Druck zu setzen, und forderte, dass ein umfassendes Paket von konkreten und gezielten "klugen" Sanktionen - die die für die Unterdrückung Verantwortlichen gezielt treffen, ohne den Bürgern von Belarus weiteres Leid zuzufügen - vorgelegt wird
C. in der Erwägung, dass es insbesondere die Tatsache verurteilt, dass die Demokratie auf lokaler Ebene, die der Eckpfeiler einer demokratischen Staatsführung und Ausdruck des Willens der Bürger ist, ihre wirklichen Hoffnungen und Erwartungen erfüllt zu sehen in Belarus missachtet und vernachlässigt wird,
D. in der Erwägung, dass durch den anhaltenden politischen und administrativen Druck auf Nichtregierungsorganisationen in Belarus deren Existenz gefährdet und ihre Unabhängigkeit untergraben wird,
E. in der Erwägung, dass es im Januar eine Reihe von Unternehmerprotesten in Minsk gab und die Anführer dieser Demonstrationen festgenommen und oft misshandelt wurden,
F. in der Erwägung, dass in jüngster Zeit positive Entwicklungen im Hinblick auf die Einrichtung der Delegation der Europäischen Kommission in Minsk zu verzeichnen waren
- 1. bedauert zutiefst, dass sich die Lage in Belarus in Bezug auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht verbessert; weist darauf hin, dass die weiterhin stattfindenden willkürlichen Festnahmen von Mitgliedern der Zivilgesellschaft und Oppositionellen, insbesondere die zeitweilige Festhaltung von Aleksander Milinkewitsch sowie der Druck auf die unabhängigen Medien den jüngsten Aussagen der belarussischen Regierung widersprechen, die ihren Wunsch nach einer Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union zum Ausdruck brachte;
- 2. bedauert die Tatsache, dass der Journalist Aliaksandr Sdwischkow zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, hält dies für eine ungerecht harte Strafe und fordert die belarussische Regierung auf, die Entscheidung nochmals zu überprüfen;
- 3. nimmt zur Kenntnis, dass vor kurzem mehrere demokratische Oppositionelle, darunter auch die Anführer der Jugendorganisation der Belarussischen Volksfront und der Malady Front (Junge Front), freigelassen wurden, verurteilt gleichzeitig jedoch die Inhaftierung dieser Aktivisten, die 15 Tage in Haft gehalten und von der Universität verwiesen wurden, nachdem sie am 16. Januar 2008 in Minsk an friedlichen Demonstrationen teilgenommen hatten, um den Tag der Solidarität mit den inhaftierten Oppositionellen von Belarus und den Angehörigen verschwundener prominenter Belarussen zu begehen;
- 4. fordert die Staatsorgane von Belarus nachdrücklich auf, den noch verbliebenen politischen Gefangenen, Aleksandr Kosulin, unverzüglich und bedingungslos freizulassen und Einschüchterung, Belästigung, gezielte Festnahmen und politisch motivierte Verfolgungen von Anhängern der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus zu unterlassen;
- 5. begrüßt die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Übereinkommen zur Einrichtung der Delegation der Europäischen Kommission in Minsk als positiven Schritt auf dem Wege zur Erneuerung des Dialogs mit der Europäischen Union; ermutigt die Kommission, aus der Einrichtung der Delegation größtmöglichen Nutzen zu ziehen;
- 6. erinnert daran, dass die Europäische Union im November 2006 ihre Bereitschaft erklärt hat ihre Beziehungen zu Belarus und dessen Bevölkerung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu erneuern, sobald die belarussische Regierung ihren Respekt für die demokratischen Werte und die Grundrechte des belarussischen Volkes unter Beweis stellt;
- 7. unterstreicht, dass Belarus, um einen substanziellen Dialog mit der Europäischen Union aufzunehmen, die restlichen Bedingungen erfüllen muss, die in dem "Non-Paper" zum Thema "Was die EU Belarus bringen könnte" festgelegt wurden, darunter die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Abschaffung der Todesstrafe, freie Medien und die freie Meinungsäußerung, die Unabhängigkeit der Justiz und die Achtung demokratischer Werte sowie der Grundrechte des belarussischen Volkes;
- 8. verurteilt die Tatsache, dass Belarus das letzte Land in Europa ist, das noch immer die Todesstrafe vollstreckt, was im Widerspruch zu den europäischen Werten steht;
- 9. fordert die belarussischen Staatsorgane nachdrücklich auf, den Erlass Nr. 70 vom 8. Februar 2008 aufzuheben, dessen Bestimmungen das Recht der belarussischen Bürger auf Bildung missachten, indem sie Hindernisse für den Zugang zu Hochschuleinrichtungen errichten;
- 10. fordert die Regierung von Belarus nachdrücklich auf, bei der Durchführung der bevorstehenden Parlamentswahlen, die für den 28. September 2008 geplant sind, OSZE-Standards anzuwenden; fordert die Regierung auf, den Vertretern der demokratischen Opposition Zugang zu den Wahlkommissionen in den Bezirken zu gewähren die Registrierung aller Parlamentskandidaten und ihrer Beobachter zuzulassen und keine Hindernisse für eine umfassende und vollständige internationale Wahlbeobachtungsmission zu errichten;
- 11. fordert den Rat und die Kommission auf, weitere Schritte im Hinblick auf die Erleichterung und Liberalisierung der Visaverfahren für belarussische Bürger zu unternehmen da nur ein solches Vorgehen dazu beitragen kann, das Hauptziel der EU-Politik gegenüber Belarus zu erreichen, das darin besteht, die Kontakte zwischen den Völkern zu erleichtern und zu intensivieren und das Land zu demokratisieren; fordert in diesem Zusammenhang mit Nachdruck, die Möglichkeit eines Verzichts auf die Visagebühren für belarussische Bürger für deren Einreise in den Schengen-Raum zu erwägen da nur so eine zunehmende Isolierung von Belarus und seiner Bürger verhindert werden kann;
- 12. fordert die Mitgliedstaaten im Schengen-Raum auf, alle verfügbaren Instrumente (nationale Visagebühren) zu nutzen, um die Bewegungsfreiheit belarussischer Bürger innerhalb jedes Mitgliedstaates zu erleichtern;
- 13. fordert den Rat und die Kommission sowie die gesamte internationale Gemeinschaft auf der Zivilgesellschaft in Belarus verstärkt Unterstützung zukommen zu lassen und insbesondere die Finanzhilfe für die unabhängigen Medien, für Nichtregierungsorganisationen und die im Ausland studierenden belarussischen Studenten zu erhöhen; begrüßt die finanzielle Unterstützung, die die Kommission der Europäischen Humanistischen Universität in Vilnius (Litauen) gewährt; fordert den Rat und die Kommission auf, eine finanzielle Unterstützung des bestehenden Projekts zur Gründung des unabhängigen belarussischen Fernsehsenders BELSAT ins Auge zu fassen
- 14. bekundet seine Solidarität mit der vereinigten demokratischen Opposition von Belarus und dem Anführer der demokratischen Bewegung, Aleksander Milinkewitsch, sowie allen belarussischen Bürgern, die sich für ein unabhängiges, offenes und demokratisches Belarus auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit einsetzen; ermutigt die Anführer der Opposition, bei den bevorstehenden Parlamentswahlen Einigkeit und Entschlossenheit unter Beweis zu stellen;
- 15. bedauert die Entscheidung der Staatsorgane von Belarus, die Mitgliedern des Europäischen Parlaments und nationalen Parlamentariern in den letzten zwei Jahren wiederholt Einreisevisa verweigert haben; fordert die Behörden von Belarus auf, der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Belarus keine weiteren Hindernisse in den Weg zu stellen, damit sie das Land besuchen und in Belarus Erfahrungen und Beobachtungen aus erster Hand sammeln kann;
- 16. verurteilt die Restriktionen, die die belarussischen Staatsorgane gegen ausländische Geistliche verhängt haben, indem sie ihre Einreise in das Land zur Unterstützung religiöser Organisationen beschränkten, und fordert die belarussischen Behörden auf, diese Restriktionen aufzuheben;
- 17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarates sowie den belarussischen Staatsorganen zu übermitteln.
- 1 ABl. C 293 E vom 2.12.2006, S. 304.