Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den von der Kommission vorgelegten Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern.
- 2. Der Bundesrat ist mit der Kommission der Auffassung, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein gemeinsamer Wert der EU und eine Voraussetzung zur Erreichung der EU-Ziele für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt ist und begrüßt insoweit grundsätzlich das mit der Mitteilung verfolgte Anliegen, für den Zeitraum 2006 bis 2010 Schwerpunkte für EU-Maßnahmen zur Gleichstellung zu definieren und festzulegen.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass die Mitteilung der Kommission im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Mehrfachdiskriminierung (vgl. Teil I Nummer 1.6 der Vorlage) die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen nicht ausdrücklich erwähnt. Auch ihre Situation ist häufig noch schlechter als die von Männern. Ein Schwerpunkt der EU-Politik für den Bereich Gleichstellung sollte sich deshalb auch mit Fragen der Gleichstellung und Teilhabe von Frauen mit Behinderungen beschäftigten.
- 4. Der Bundesrat betrachtet mit Sorge, dass zu den von der Kommission geplanten
Maßnahmen auch die Erstellung EU-weit vergleichbarer Daten zur Gleichstellung sowie zum Ausmaß geschlechtsbezogener Gewalt und geschlechterbezogenen Menschenhandels zählen, insbesondere mit Blick auf die Absicht,
- - vergleichbares Datenmaterial zu erstellen, um jährlich das Ausmaß des Menschenhandels in den einzelnen Ländern zu bewerten (Nummer 4.2),
- - noch im Jahr 2006 eine "Mitteilung zur Einrichtung eines Systems für vergleichbare statistische Daten zu Verbrechen, Opfern und Strafjustiz" vorzulegen und
- - die Fortschritte auf EU-Ebene zu überwachen (Nummer 4, Zentrale Aktionen).
Auch vor dem Hintergrund, dass das "Europäische Institut für Gleichstellungsfragen", dessen Schaffung der Bundesrat kritisch sieht - vgl. BR-Drucksache 188/05(B) -, unter anderem die Aufgabe haben soll, "objektive, zuverlässige und auf EU-Ebene vergleichbare Daten zu erheben und auszuwerten und neue methodische Instrumentarien zu entwickeln", befürchtet der Bundesrat, dass etwaige Legislativvorschläge in erheblichem Umfang die Erhebung neuer Daten und Informationen erfordern und auch für die Gerichte/Justizverwaltungen umfangreiche Mitteilungspflichten für statistische Erhebungen statuiert werden die für die damit jeweils verfolgten Ziele nicht zwingend benötigt werden und - auch unter Berücksichtigung etwaiger zeitlicher Vorgaben - einen weiteren Bürokratieaufwand nach sich ziehen.
- 5. Der Bundesrat bekräftigt seine Forderung nach einer verantwortungsvollen Gesetzesfolgenabschätzung bei EU-Vorhaben und verweist auf seine Stellungnahmen vom 8. Juli 2005 - BR-Drucksache 286/05(B) - zur Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament: "Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union", KOM (2005) 97 endg. und vom 4. November 2005 - BR-Drucksache 699/05(B) - zum Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz, KOM (2005) 375 endg. Er fordert die Kommission auf sich bei etwaigen Legislativvorschlägen konkret mit den Auswirkungen auf die Haushalte in den Mitgliedstaaten zu befassen und jeweils eine belastbare Kosten-Nutzen-Analyse zu statistischen Anforderungen vorzulegen.