Punkt 15 der 908. Sitzung des Bundesrates am 22. März 2013
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die mit dem Gesetz verfolgten Ziele. Die Vereinheitlichung des Verfahrensrechts für Planfeststellungen, die teilweise Bereinigung der betroffenen Fachgesetze sowie der vorsichtige Einstieg in eine verbesserte Beteiligung der Öffentlichkeit im Planfeststellungsverfahren, sind Schritte in die richtige Richtung. Eine gesetzliche Regelung, die diesen Zielen in adäquater Weise Rechnung trägt, verbessert die Übersichtlichkeit der für das Vorhaben maßgeblichen Normen und damit auch die Vorhabenplanung selbst. So könnte auf diese Weise mehr Transparenz und Akzeptanz von Genehmigungs- und Planfeststellungsentscheidungen geschaffen werden. Hervorzuheben ist hier die Möglichkeit einer öffentlichen Bekanntmachung im Internet, welche zu einer größeren Transparenz des Verwaltungshandelns führt.
Gleichzeitig beantwortet das Gesetz aber nicht die aus Sicht des Bundesrates wesentliche Frage, wie die Öffentlichkeit in Verfahren so einbezogen werden kann, dass die sie interessierenden Themen verhandelt werden können, bevor sie schon in vorgreiflichen Verfahren abschließend entschieden worden sind. Der Bundesrat muss daher feststellen, dass ein Kernanliegen des Gesetzes, durch eine breite und frühzeitige Beteiligung dazu beizutragen, die Entstehung von Konflikten zu vermeiden sowie bestehende Konflikte zu beseitigen und damit das nachfolgende Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren zu entlasten sowie die Realisierung von Großvorhaben zu beschleunigen, sicher nicht erreicht werden kann.
- 2. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Ziel einer vereinheitlichenden Rückholung von Sonderrecht aus den einzelnen Fachgesetzen in das VwVfG auch dort, wo keine speziellen Gründe des Fachrechts entgegenstehen, nur partiell erreicht wird. So hält das VwVfG an einem verpflichtenden Erörterungstermin fest, während das Allgemeine Eisenbahn Gesetz oder auch das Fernstraßengesetz den Erörterungstermin in das Ermessen der zuständigen Behörde stellen.
- 3. Der Bundesrat bezweifelt ferner, ob die Ausgestaltung der Regelung zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in § 25 Absatz 3 VwVfG die mit ihr bezweckte Transparenz tatsächlich erreicht. Die hier normierte Öffentlichkeitsbeteiligung wird zu großen Teilen in das Ermessen des Vorhabenträgers gestellt, was zur Folge haben könnte, dass sie keine Anwendung findet. Gerade vor dem Hintergrund der vielfältigen Diskussionen im Zusammenhang mit Stuttgart 21 wäre eine tatsächliche frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe mit dem Vorhabenträger und der zuständigen Behörde notwendig gewesen.
Zudem wird die Vielzahl der unbestimmten Rechtsbegriffe voraussichtlich zu Umsetzungsproblemen und einer uneinheitlichen Rechtspraxis führen. Vor dem Hintergrund vieler offener Fragen, insbesondere hinsichtlich des Umgangs mit Ergebnissen von Beteiligungsverfahren, besteht die Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheit. Dies kann im Ergebnis verfahrensverzögernd wirken und somit ein Ziel des Gesetzes - die Beschleunigung von Vorhaben - konterkarieren.
- 4. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei gleichzeitiger Wahrung eines zügigen Verwaltungsvollzugs eine besondere Schwierigkeit darstellt. Aus Sicht des Bundesrates ist es, um den Zielen des Gesetzes auf Dauer und vollumfänglich gerecht zu werden, erforderlich, über einzelne Stellschrauben im Verwaltungsverfahrensgesetz hinaus zu denken. Er bittet daher die Bundesregierung, unverzüglich zu einem Bund-Länder-Dialog einzuladen.