Europäische Kommission Brüssel, den 19.4.2018
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister Michael Müller
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin
Deutschland
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates (COM (2017) 489 final).
Dieser Vorschlag wurde als Teil des am 13. September 2017 vorgelegten Maßnahmenpakets zur Verbesserung der Cybersicherheit in der Europäischen Union angenommen.
Mit diesem Maßnahmenvorschlag kommt die Kommission ihrer in der Europäischen Sicherheitsagenda (COM (2015) 185 final) eingegangen Verpflichtung nach, den aus dem Jahr 2001 stammenden Rechtsrahmen der Europäischen Union zu prüfen und die festgestellten Lücken zu schließen.
Die Europäische Union hat bereits eine Reihe von Instrumenten zur Verbesserung der Sicherheit von Online-Zahlungen geschaffen. Auch haben die Mitgliedstaaten den Betrug im bargeldlosen Zahlungsverkehr in die Prioritäten der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden im Rahmen des EU-Politikzyklus einbezogen. Das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität von Europa! hat in jüngster Vergangenheit mehrere erfolgreiche Einsätze unterstützt und mitgetragen.
Die technischen Entwicklungen haben zu erheblichen Veränderungen bei bargeldlosen Zahlungen geführt und so findet Betrug zunehmend online statt. Daher muss sich das Strafrecht weiterentwickeln, damit gewährleistet ist, dass Straftaten auch dann wirksam verfolgt werden können, wenn sie mit neueren Zahlungsinstrumenten begangen werden. Dasselbe gilt für Handlungen zur Vorbereitung von Betrug im bargeldlosen Zahlungsverkehr, wie z.B. Diebstahl und Verkauf von Sicherheitszugangsdaten.
Um die festgestellten Lücken zu schließen, wurden die folgenden Ziele in den Vorschlag für eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln aufgenommen:
- 1) Aktualisierung des Rechtsrahmens, um sicherzustellen, dass auch mit neuen Zahlungsinstrumenten begangene Straftaten wirksam verfolgt werden können, die ja zurzeit in den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht in gleicher Weise und unter Umständen überhaupt nicht strafbar sind.
- 2) Beseitigung operativer Hindernisse, um Informationen im Rahmen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit schneller bereitzustellen, die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten zu verbessern sowie die Zahl der Meldungen an die Strafverfolgungsbehörden zu steigern.
- 3) Verbesserung der Prävention und der Unterstützung der Opfer sowie Förderung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor - bei der noch immer Lücken in Bezug auf den Informationsaustausch bestehen - im Hinblick auf die wirksame Bekämpfung und Verhütung von Straftaten und im Hinblick auf Maßnahmen, die verhindern, dass Straftäter das mangelnde Wissen der Opfer ausnutzen.
Hinsichtlich der fachlicheren Anmerkungen aus der Stellungnahme verweist die Kommission auf den beigefügten Anhang.
Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat angesprochenen Aspekte mit diesen Ausführungen geklärt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Frans Tmmermanns Dimitris Aviamopoulos
Mitglied der Kommission Erster Vizepräsident
Anhang
Die Kommission hat alle in der Stellungnahme des Bundesrates dargelegten Bedenken sorgfältig geprüft und merkt dazu Folgendes an:
- 1. Die Kommission stimmt mit dem Bundesrat darin überein, dass die Angleichung der Strafrechtsvorschriften der Mitgliedstaaten durch das Strafrecht der Europäischen Union verhältnismäßig und für die wirksame Umsetzung der Politik der Union in diesem Bereich unbedingt erforderlich sein muss. Inwieweit der Vorschlag den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entspricht, wurde sorgfältig analysiert und in der Folgenabschätzung sowie im Text des Vorschlags erläutert.
- 2. Erklärtes Ziel des Vorschlags ist es, einen technologieneutralen strafrechtlichen Rahmen sicherzustellen. Angesichts der raschen technologischen Entwicklung der Zahlungssysteme sieht die Kommission dies als einzige Möglichkeit, um ihn wirklich zukunftssicher zu gestalten. Dies kann nur erreicht werden, wenn zumindest alle bekannten Zahlungsmittel erfasst werden, einschließlich virtueller Währungen, die einen beispiellosen Marktwert erreicht haben'. Die Tatsache, dass Straftäter die Anonymität, die einige virtuelle Währungen bieten, missbrauchen, um nicht entdeckt zu werden, wie sie dies auch mit mehreren anderen Technologien tun, sollte kein Grund sein, vielen rechtmäßigen Nutzern den strafrechtlichen Schutz zu verweigern.
- 3. Die in den letzten Jahren auf EU-Ebene vorgenommenen Bewertungen der Bedrohungslagen zeigen regelmäßig auf wie es das Geschäftsmodell " Verbrechen als Dienstleistung", bei dem Straftäter ihre illegalen Produkte und Leistungen online ein- und verkaufen, ermöglicht, mit immer weniger Kapazitäten in die Cyberkriminalität einzusteigen, und innerhalb der kriminellen Netzwerke mit geteilten Rollen zu operieren. Aus diesem Grund ist die Kommission der Auffassung, dass Tätigkeiten zur Vorbereitung von Betrug als eigenständige Straftatbestände unter Strafe gestellt werden sollten. Diese Tätigkeiten (z.B. Verkauf Verbringung oder allein der Besitz gestohlener oder gefälschter Zahlungsinstrumente) sind an und für sich schädlich und stellen eine Verletzung der Privatsphäre dar.
- 4. Die Tatsache, dass Betrug häufig online stattfindet, stellt das traditionelle Konzept der Territorialität infrage, da Informationssysteme von überall genutzt und ferngesteuert werden können. Daher sollten die zuständigen Behörden ihre gerichtliche Zuständigkeit anerkennen, wenn der Täter ein Staatsangehöriger ihres Landes ist oder sich physisch im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats aufhält. Um sicherzustellen, dass geeignete Strafverfolgungs- und Justizmaßnahmen in dem Land ergriffen werden können, in dem die Meldung der Straftat durch die Opfer am wahrscheinlichsten ist, sollte eine gerichtliche Zuständigkeit auch auf der Grundlage des Hoheitsgebiets, in dem der durch die Straftat verursachte Schaden eintritt, geltend gemacht werden können.
- 5. Bei der Folgenabschätzung, die die Kommission zur Vorbereitung des Vorschlags vorgenommen hat, trat der akute Datenmangel zutage, der es schwierig macht, diese Straftaten wirksam zu bekämpfen. Der Kommission ist bewusst, dass die Erhebung von Statistiken eine zusätzliche Belastung für die nationalen Verwaltungen darstellt. Diese Belastung wurde in der Folgenabschätzung anhand einer Mindestzahl von Indikatoren und statistischen Daten geschätzt. Ohne eine Mindestzahl statistischer Daten ist es schwierig, die Wirksamkeit der zur Bekämpfung dieser Straftaten eingesetzten Instrumente zu bewerten.
- 1. Am 5. Dezember 2017 belief sich der Marktwert der wichtigsten virtuellen Währungen auf rund 200 Mrd. USD (siehe https://blockchain.info/charts/market-cap).
- 2. Zum Beispiel: Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der organisierten Kriminalität im Internet (IOCTA) für 2017: https://www.europol.europa.eu/activities-services/mainreports/intemet-organisedcrimethreatassessmentiocta-2017) und Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der Europäischen Union (SOCTA) 2017: https://www.europol.europa.eu/activities-services/mainreports/european-unionseriousand-organisedcrimethreatassessment-2017)