Der Bundesrat hat in seiner 933. Sitzung am 8. Mai 2015 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Zielrichtung des Richtlinienvorschlags und die damit verbundene Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs. Der Vorschlag schafft größere Transparenz über die Steuerpraktiken der Mitgliedstaaten der EU.
- 2. Es darf zukünftig nicht mehr möglich sein, dass andere Staaten in Europa Steuervermeidungsmodelle durch verbindliche Absprachen billigen und/oder sogar begünstigen. Durch den verpflichtenden Austausch könnte unlauteren Steuerpraktiken einzelner EU-Staaten entgegengewirkt werden. Allerdings wird der Vorschlag nicht allein dafür sorgen, das Problem des unfairen Steuerwettbewerbs zu beseitigen. Hauptproblem bleiben insbesondere gesetzliche (Sonder-) Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Im Rahmen der Vorbescheide wird hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der jeweiligen nationalen (Steuer-) Rechtsvorschriften in Bezug auf eine grenzüberschreitende Transaktion eine hoheitliche Aussage getroffen. Es wird verbindlich festgestellt, wie die (geplante) grenzüberschreitende Transaktion nach den geltenden nationalen Steuergesetzen zu behandeln ist. Eine etwaige - darin zum Ausdruck kommende Binnenmarktbeeinträchtigung hätte ihre Ursache in den nationalen Steuergesetzen, die den Inhalt des Vorbescheides oder der Vorabverständigungsvereinbarung materiellrechtlich zulassen. Entsprechend hat es die Kommission bereits jetzt in der Hand, die gesetzlichen Grundlagen zu prüfen.
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich gegenüber der Kommission für Änderungen am Richtlinienvorschlag einzusetzen, um dem Subsidiaritätsgrundsatz ausreichend Rechnung zu tragen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Informationsbedarf und Datenschutz sicherzustellen und den aus der Richtlinie resultierenden Verwaltungsaufwand zu begrenzen.
- 4. Dazu sind insbesondere Änderungen in folgenden Bereichen notwendig:
- - Der Informationsaustausch sollte sich auf die von dem "Tax Ruling" (Vorbescheid) betroffenen Mitgliedstaaten beschränken. Nur für diese Mitgliedstaaten besteht Informationsbedarf. Es sind keine überzeugenden Gründe ersichtlich, warum die Informationen auch an die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten weitergegeben werden sollten. Die Übermittlung sämtlicher Vorbescheide ohne konkreten Anlass, zumal diese bezogen auf das Steuerrechtssubjekt sensible Daten (unter anderem Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisse) enthalten, ist nicht verhältnismäßig; die Ziele des Richtlinienvorschlags sind auch mit verhältnismäßigeren Mitteln - durch Prüfung der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsgrundlagen - zu erreichen. Gleiches gilt auch für die Einrichtung eines Zentralverzeichnisses durch die Kommission, welches für alle Mitgliedstaaten und die Kommission zugänglich ist.
- - Die Informationspflicht sollte nur für zukünftig erteilte "Tax Rulings" gelten. Auf die Informationspflicht für bereits in der Vergangenheit erteilte "Tax Rulings" sollte aus verwaltungsökonomischen Gründen verzichtet werden. Darüber hinaus stellt die rückwirkende Information auch einen nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Steuerpflichtigen dar, da dieser zum Zeitpunkt der Erteilung keine Kenntnis vom Informationsaustausch hatte - im Gegensatz zu künftigen, nach etwaigem Erlass der Richtlinie erteilten Auskünften.
- 5. Vor dem Hintergrund der geplanten Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht bis zum 31. Dezember 2015 fordert der Bundesrat die Kommission und die Bundesregierung darüber hinaus auf, die noch offenen Fragen der praktischen Umsetzung zu klären, die Länder frühzeitig in die Diskussion einzubeziehen und den Zeitplan gegebenenfalls anzupassen.
Vorlagenbezogene Vertreterbenennung
- 6. Der Bundesrat benennt gemäß § 6 Absatz 1 EUZBLG in Verbindung mit Abschnitt I der Bund-Länder-Vereinbarung für die Beratungen der Vorlage in den Gremien des Rates einen Vertreter des LandesNordrhein-Westfalen, Finanzministerium (RD Marcus Spahn).
Direktzuleitung an die Kommission
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.