Der Bundesrat hat in seiner 832. Sitzung am 30. März 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Überlegungen der Kommission und die Überprüfung der gemeinschaftlichen Strategie zur Minderung der CO₂-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, um erforderliche Korrekturen hinsichtlich der Auswahl und Wirkung der verschiedenen Maßnahmen einleiten zu können.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass etwa 12 % der gesamten CO₂-Emissionen in der EU von Pkw freigesetzt werden, die Notwendigkeit mit Hilfe von nachhaltigen Maßnahmen die Treibhausgas-Emissionen aus dem Straßenverkehr zu senken.
- 3. Der Bundesrat zeigt sich besorgt, dass trotz nachgewiesener Verbesserungen im Bereich der Energieeffizienz von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, die CO₂-Emissionen aus dem Straßenverkehr im Zeitraum 1995 bis 2004 um 26 % gestiegen sind.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend sind, um das Ziel der EU, eine Absenkung der durchschnittlichen CO₂-Emission der Neufahrzeugflotte auf 140 g CO₂/km bis 2008/09 bzw. auf 120 g CO₂/km bis 2012, zu erreichen.
- 5. Er hält den integrierten Ansatz, der technische und nichttechnische Maßnahmen kombiniert zur Erreichung des 120/130-g-Ziels einsetzt, für einen Kompromiss, der sowohl die weitere technologische Entwicklung unterstützt als auch alle Verkehrsbeteiligten einbindet.
- 6. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, bei der Ermittlung der CO₂-Emission von Fahrzeugen den Beitrag flankierender Maßnahmen (z.B. Einsatz von Biokraftstoffen) mit bis zu 10 g CO₂/km anzuerkennen.
- 7. Er begrüßt insbesondere die Ausführungen der Kommission, dass der geplante rechtliche Rahmen zur Erreichung der Durchschnittsziele für Neufahrzeuge so ausgestaltet sein soll, dass wettbewerbsmäßig neutrale, sozial ausgewogene und nachhaltige Verminderungsziele sichergestellt werden, die der Vielfalt der europäischen Automobilhersteller gerecht werden und die jegliche ungerechtfertigte Verzerrung der Konkurrenz zwischen den Automobilherstellern vermeiden. Diesem Ziel werden am ehesten differenzierende Ansätze gerecht.
- 8. Um eine Reduzierung der CO₂-Emissionen durch den Autoverkehr zu erreichen und dadurch eine nachhaltige Mobilität sicherstellen zu können, unterstützt der Bundesrat die Fortführung der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen hinsichtlich der Fahrzeugtechnik:
- - Entwicklung einer effizienteren Motorentechnologie,
- - Steigerung des Einsatzes von Biokraftstoffen (insbesondere saubere Kraftstoffe der 2. Generation, BTL),
- - Verbesserung der Reifen- und Karosserietechnologie,
- - Minimierung des Energieeinsatzes für Klimaanlagen.
- 9. Er unterstützt die Bestrebungen der Kommission, bei der Besteuerung von Pkw die CO₂-Emissionen stärker zu berücksichtigen, und bekräftigt seinen Beschluss vom 14. Oktober 2005 (vgl. BR-Drucksache 590/05(B) ), in dem gefordert wird, neben den CO₂-Emissionen auch weitere Luftschadstoffe wie NOx und Feinstaub im Rahmen der EURO-Normen europaweit als Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer zu berücksichtigen. Damit können die Bemühungen in der Luftreinhaltepolitik wesentlich unterstützt werden.
- 10. Flankierend sollten nach Auffassung des Bundesrates u. a. folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- - Förderung von Schulungen zur Etablierung kraftstoffsparender Fahrweisen (Ecodriving),
- - Verbesserung von Verkehrsleitsystemen,
- - Verbesserte Kennzeichnung von Neuwagen hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs und des CO₂-Ausstoßes (u. a. detaillierte Angaben zu Verbrauch und Emissionen inkl. Angabe von entsprechenden Vergleichswerten, differenzierte Effizienzklassen).
- 11. Der Bundesrat unterstützt die Bestrebungen der Kommission, Zielwerte über das Jahr 2012 hinaus zu formulieren, um für die Automobilindustrie Anreize zur Weiterentwicklung von Fahrzeugen mit hoch energieeffizienten Antriebs-, Karosserie- und Reifentechnologien zu schaffen.
- 12. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Absicht der Kommission, ein besonders umweltfreundliches leichtes Nutzfahrzeug (LEEV) zu definieren, das anspruchsvolle Werte sowohl bei den Schadstoffemissionen als auch beim CO₂-Ausstoß einhält. Die in der Mitteilung der Kommission genannte Zielmarke von 120 g CO₂/km ist freilich allenfalls für die leichtesten der leichten Nutzfahrzeuge technisch realistisch. Insofern wäre hier wie bei Pkw eine Staffelung der Zielwerte - entsprechend den geltenden Regelungen für Haushaltsgeräte - erforderlich, z.B. nach Gewichts- oder Leistungsklassen.
- 13. Der Bundesrat unterstützt die Haltung der Bundesregierung, bei der CO₂-Reduzierung eine Regelung anzustreben, die die unterschiedlichen Fahrzeugkategorien bei der Festlegung von Anforderungen berücksichtigt.
- 14. Der Bundesrat nimmt die Ankündigung der Kommission, die Möglichkeit einer Einbindung des Straßenverkehrs in den Emissionshandel ab der dritten Zuteilungsperiode ab dem Jahr 2013 zu untersuchen, zur Kenntnis. Da Artikel 11 Unterabsatz 3 der novellierten EG-Wegekostenrichtlinie (Richtlinie 1999/62/EG i. d. F. der Richtlinie 2006/38/EG) die Kommission zur Vorlage eines Modells zur Bewertung externer Kosten bis zum 10. Juni 2008 auffordert, erscheint es nicht sinnvoll, zuvor ein konkurrierendes System zur Internalisierung solcher Kosten ins Werk zu setzen.
- 15. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung außerdem darauf hinzuwirken, dass bei der von der Kommission angekündigten Fortschreibung der europäischen Fahrzeugstandards auch Vorgaben für die Lärmemissionen von Fahrzeugen und Reifen entwickelt werden, insbesondere für den Bereich der Nutzfahrzeuge.
- 16. Der Bundesrat weist auf den Beschluss der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder vom 22. Februar 2007 hin. Darin wird dem Bund vorgeschlagen, dass dieser die Kfz-Steuer in eigener Steuerhoheit übernimmt und dafür den Ländern einen adäquaten, vollständigen, dauerhaften und dynamischen Ausgleich gibt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, darüber unverzüglich mit den Ländern in Gespräche einzutreten. Damit wäre dem Bund als Inhaber sowohl der Gesetzgebungs- als auch der Ertragshoheit zur Kfz-Steuer die Möglichkeit eröffnet, auf die Ambitionen der EU zur Minderung der CO₂-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen selbst schnell und angemessen reagieren zu können.