Gesetzesantrag der Länder Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland, Thüringen
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag
der Länder Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland, Thüringen
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 3. Februar 2005


An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck


Sehr geehrter Herr Präsident,

die Hessische Landesregierung und die Regierungen der Länder Bayern, Hamburg, Saarland und Thüringen haben beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß § 76 Abs. 1 Grundgesetz zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 18. Februar 2005 aufzunehmen.


Mit freundlichen Grüßen

Roland Koch


Anlage

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlosssen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt geändert worden ist durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes

Das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2646), das zuletzt geändert worden ist durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Zitiergebot

Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit ( Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) wird durch dieses Gesetz eingeschränkt.

Artikel 4
Übergangsvorschrift

Artikel 2(Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes) ist nicht anzuwenden, wenn die Verurteilung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtskräftig geworden oder die das Strafverfahren auf andere Weise abschließende Entscheidung vor diesem Zeitpunkt ergangen ist.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

Seit der Einstellung von Vorschriften über die DNA-Analyse in die Strafprozeßordnung durch das Strafverfahrensänderungsgesetz - DNA-Analyse ("Genetischer Fingerabdruck") vom 17. März 1997 (BGBl. I S. 534) hat sich die Bedeutung dieses Mittels der Tataufklärung in der Praxis der Strafverfolgung erheblich gewandelt. Mehr und mehr wird die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks mit dem Ziel des Nachweises der Identität eines Spurenlegers zu einer Standardmaßnahme staatsanwaltschaftlicher und polizeilicher Ermittlungstätigkeit. Als besonders erfolgreich erweist sich dabei die bisher in § 81g StPO sowie § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz zugelassene Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters zu Zwecken künftiger Strafverfahren und die Nutzung der DNA-Datei des Bundeskriminalamtes. Bei nach wie vor steigenden Trefferzahlen wird hierdurch in zahlreichen Fällen eine sehr schnelle und zuverlässige Identifikation von Spurenlegern ermöglicht. Aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden besteht daher ein dringendes Bedürfnis, den Aufbau und die Pflege der DNA-Analyse-Datei auf eine breitere Grundlage zu stellen und damit die Effizienz der Tataufklärung weiter zu verbessern. Diesem Anliegen trägt der Entwurf Rechnung, indem er den Anwendungsbereich der DNA-Analyse für die Zwecke künftiger Strafverfahren erweitert und den im geltenden Recht für die Durchführung sonstiger erkennungsdienstlicher Maßnahmen vorgesehenen materiellen Voraussetzungen angleicht. Auch das Verfahren zur Erhebung des genetischen Fingerabdrucks soll erleichtert werden.

Anders als die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 81b zweite Alt. StPO unterwirft das geltende Recht die molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen zu Zwecken künftiger Strafverfahren in § 81g StPO und § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz in mehrfacher Hinsicht materiellen und verfahrensrechtlichen Schranken:

Mit diesen Einschränkungen will das bisherige Recht der besonderen informationellen Sensibilität von Untersuchungen der menschlichen DNA und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Die Vorschriften sind dabei vor allem durch die Befürchtung einer Offenlegung der eigentlich persönlichkeitsrelevanten Erbinformationen motiviert.

In der Praxis erweist sich jedoch, dass diese Befürchtung nicht begründet ist. Die in der StPO geregelte molekulargenetische Untersuchung zielt auf die Feststellung der Identität und ggf. des Geschlechts des Spurenlegers. Andere Untersuchungen sind nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der § 81e Abs. 1 und § 81g Abs. 2 Satz 2 StPO nicht zulässig. Die Erhebung des Identifizierungsmusters und dessen Abgleich mit den Vergleichsdaten etwa aus der DNA-Datei hat über die Geschlechtsbestimmung hinaus keinerlei qualitative Auswertung der in der DNA enthaltenen Erbinformation, sondern ausschließlich eine Überprüfung auf Übereinstimmung oder Abweichung zum Gegenstand.

Das Verfahren des genetischen Fingerabdrucks stützt sich auf den Vergleich so genannter Längenpolymorphismen. Es handelt sich dabei um Teile der DNA, die in den unterschiedlichen Zellen einer Person zwar konstante Längen, in der Bevölkerung aber Variationen aufweisen. Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit wird das DNA-Identifizierungsmuster durch Markierung festgelegter Abschnitte (short tandem repeats (STRs)) unterschiedlicher Chromosomen erhoben. Diese Teile der DNA finden sich ausschließlich und mit besonders deutlicher Varianz in den sogenannten nicht kodierenden Bereichen, die überwiegend aus sich wiederholenden Sequenzen spezifischer Basenabfolgen (DNA-Blöcke) bestehen. Unter dem Begriff der "nicht kodierenden Bereiche" werden die Teile der DNA verstanden, die gerade keine genetisch kodierten Erbinformationen enthalten.

Die Identitätsfeststellung unter Einsatz molekulargenetischer Untersuchungen hat daher nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik weder in der Zielrichtung noch im unmittelbaren Objekt der Untersuchung eine qualitative Exploration der Erbinformation zum Gegenstand. Vielmehr ergibt sich, dass die Maßnahme hinsichtlich der informationellen Eingriffsintensität weitgehend mit dem in § 81b StPO geregelten daktyloskopischen Fingerabdruck zu vergleichen ist. Beide Methoden führen ausschließlich zur Feststellung von Kongruenz oder Divergenz der Muster - seien diese in den Papillarlinien der Fingerspitzen oder einer Sequenzwiederholung in der DNA enthalten.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht unter dem Blickwinkel etwaiger Missbrauchsgefahren. Soweit dabei die generellen Möglichkeiten des Missbrauchs der für die Untersuchung gesicherten Körperzellen betroffen sind, handelt es sich nicht um eine speziell der DNA-Analyse anhaftende Gefahr - diese Möglichkeit besteht etwa bei jeder Blutprobe. Gerade im Bereich des genetischen Fingerabdrucks wird aber dem Missbrauch durch die Anonymisierung der DNA-Proben und die im Gesetz geregelten Anforderungen an den Sachverständigen entgegengewirkt. Schon das geltende Verfahrensrecht enthält im Übrigen in § 81e Abs. 1 Satz 1 und 3 StPO eindeutige Verbote hinsichtlich der Gewinnung und Nutzung von Überschussinformationen, die die missbräuchliche Erhebung solcher Daten schon mit Blick auf die fehlende Verwertbarkeit als Beweismittel sinnlos macht. Der Entwurf schlägt zu diesen Schranken keine sachlichen Änderungen vor.

Die mitunter diskutierte Möglichkeit, auch dem nicht kodierenden Bereich und damit unmittelbar dem DNA-Identifizierungsmuster ließen sich über die Individualität hinaus personenbezogene Informationen zum äußeren Erscheinungsbild entnehmen, ist nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht hinreichend gesichert und in der Sache selbst kaum als intensiver Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anzusehen. Soweit hier überhaupt Aussagen zur genetischen Disposition für das Aussehen eines Menschen möglich sind, handelt es sich nicht um eine Decodierung von Erbinformationen, sondern vielmehr ausschließlich um eine Zuordnung statistischer Häufungen. Die dabei zu erzielenden Deutungen - etwa hinsichtlich einer ethnischen Zugehörigkeit - sind als Wahrscheinlichkeitswerte einer kriminalistischen Nutzung in der gerichtlichen Praxis nicht zugänglich.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1
(Änderung der StPO):

Zu Nummer 1
( § 81a StPO):

In der geltenden Fassung der Vorschrift regelt § 81a Abs. 1 StPO die Befugnis unter anderem zur Entnahme von Körperzellen ausschließlich zu Zwecken der Untersuchung im Anlassverfahren. Hinsichtlich der Erhebung des genetischen Fingerabdrucks zu Zwecken künftiger Strafverfahren enthält § 81g Abs. 1 StPO eine eigenständige Ermächtigung zur Entnahme von Körperzellen. Die Aufgabe der Einschränkungen für die vorsorgende Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters und die Angleichung der Voraussetzungen an die erkennungsdienstlichen Maßnahmen des § 81b StPO legt es nahe, die bisher in zwei Vorschriften geregelten Befugnisse zusammenzuführen. Der Entwurf fügt daher die Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren durch Abgleich von DNA-Mustern als zugelassenen Zweck der Entnahme von Körperzellen bei dem Beschuldigten in einem neuen Satz 3 dem bisherigen Absatz 1 der Vorschrift an. Dabei wird klargestellt, dass eine Entnahme von Körperzellen nur dann unter § 81a StPO fällt, wenn sie mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

Entsprechend der Befugnisnorm des Absatz 1 wird auch die Verwendungsregelung in Absatz 3 angepasst und die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks für die Zwecke künftiger Strafverfahren bereits hier berücksichtigt. Durch die Aufnahme der vorsorgenden Erhebung von DNA-Mustern als zugelassenem Zweck in Absatz 1 ist im Übrigen zugleich die Geltung des schon bisher in Absatz 3 bestimmten Vernichtungsgebotes auch für die insoweit entnommenen Körperzellen gewährleistet.

Das Verfahren zur Anordnung der Entnahme von Körperzellen wird im Kern nicht verändert. Wie bei allen körperlichen Untersuchungen bedarf es nach Absatz 2 einer richterlichen Anordnung, die nur bei Gefahr im Verzug durch die Anordnung der Staatsanwaltschaft bzw. deren Ermittlungspersonen ersetzt werden darf. Neu ist eine Antragstellung durch die Polizei in den Fällen des § 81e Abs. 2 Nr. 3, die im Hinblick auf die in diesen Fällen künftig von der Polizei eigenverantwortlich zu treffende Entscheidung über die DNA-Analyse folgerichtig ist.

Zu Nummer 2
( § 81e StPO):

Die vorgeschlagene Neufassung der Absätze 1 und 2 der Vorschrift führt die bisher in zwei Vorschriften - §§ 81e und 81g StPO - enthaltenen Regelungen über die materiellen Voraussetzungen der molekulargenetischen Untersuchung zu Zwecken des Strafverfahrens zusammen und ordnet sie neu.

Absatz 1 regelt künftig ausschließlich die Zulässigkeit der molekulargenetischen Untersuchung der bei dem Beschuldigten nach § 81a Abs. 1 entnommenen Körperzellen, soweit dies dem Zweck der Tataufklärung im Anlassverfahren dient. Satz 1 übernimmt dabei die bisherige Formulierung des § 81g StPO insoweit, als dort präziser die Gewinnung des DNA-Identifizierungsmuster als Gegenstand der Untersuchung genannt wird.

Absatz 2 enthält die Befugnis zur molekulargenetischen Untersuchung

Während Nr. 1 und 2 den bisherigen Regelungsgehalt des § 81e Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 StPO unverändert übernehmen, wird die in § 81g StPO enthaltene Ermächtigung zu einer vorsorgenden Erhebung des DNA-Identitätsmusters in Nr. 3 neu geregelt. Die Vorschrift verzichtet auf die im geltenden Recht vorgesehenen Beschränkungen eines qualifizierten Anlassverdachts und einer ebenfalls qualifizierten Negativprognose. Es wird damit die Konsequenz aus der Neubewertung der Eingriffsintensität des genetischen Fingerabdrucks und dessen auch vom Bundesverfassungsgericht angenommener Nähe zum Daktylogramm (BVerfGE 103, 21, 32; BVerfG in NJW 1996, 771, 773) gezogen. Anders als eine - nach geltendem Recht wie auch nach dem Entwurf nicht zugelassene - Erforschung der in der menschlichen DNA verschlüsselten Erbinformation beschränken sich die hier betroffenen Maßnahmen auf die Erstellung von Mustern und deren Abgleich nach den ausschließlichen Kriterien von Übereinstimmung oder Abweichung. Allein mit der Feststellung des Geschlechts wird eine persönlichkeitsrelevante Information gewonnen, die jedoch aufgrund ihrer Augenscheinlichkeit keines besonderen Schutzes vor der Offenlegung im Strafverfahren bedarf.

Wie im Falle der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b zweite Alt. StPO setzt die Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters daher nach dem Entwurf einen Tatverdacht voraus; dies folgt aus der Beschuldigteneigenschaft der von der Maßnahme betroffenen Person. Weiterer Einschränkungen des Anlassverdachts bedarf es jedoch auch mit Blick auf das Übermaßverbot nicht.

Die Neuregelung verzichtet auch auf die bisher in § 81g Abs. 1 StPO enthaltene Qualifikation des zu erwartenden, künftig gegen den Beschuldigten zu führenden Strafverfahrens, die die Prognose des Verdachts einer Straftat von erheblicher Bedeutung voraussetzt. Die Zulässigkeit der Erhebung des DNA-Musters für Zwecke künftiger Verfahren setzt nach dem Entwurf allein voraus, dass wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren zu führen sind, ohne dass insoweit weitere Einschränkungen vorgesehen sind. Auch bei Verdachtstaten in einem niedrigschwelligen Bereich kann der Einsatz des genetischen Fingerabdrucks unabdingbare Voraussetzung der Tataufklärung sein oder zumindest deren Erleichterung und damit dem Allgemeininteresse an einer effektiven Strafverfolgung dienen. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Tataufklärung auch minderschwerer Kriminalität ist unabweisbar.

Die Regelung über die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks zu Zwecken des Erkennungsdienstes übernimmt die in § 8 Abs. 6 Nr. 1 BKAG enthaltenen Formulierungen einer allgemeinen Negativprognose, die ihrerseits auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 81b zweite Alt. StPO zurückgeht (st. Rspr. seit BVerwGE 26, 169; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl. 2004, § 81b Rdnr. 4). Sie trägt damit dem im Verhältnismäßigkeitsprinzip enthaltenen Grundsatz der Erforderlichkeit Rechnung, weil die Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters in den hier betroffenen Fällen ausschließlich in Ansehung der beabsichtigten Speicherung in der DNA-Datei des Bundeskriminalamtes und deren Funktion als Ermittlungsinstrument in künftigen Strafverfahren erfolgt.

Die Angleichung der DNA-Analyse für Zwecke künftiger Strafverfahren an die entsprechende Regelung über die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen führt konsequenterweise dazu, die Entscheidung in den Fällen des § 81e Abs. 2 Nr. 3 der Polizei eigenverantwortlich zu übertragen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 13). Der Gesetzentwurf bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass er auf die Prognoseentscheidung der Polizei abstellt.

Zu Nummer 3
( § 81f StPO):

Durch die materielle Gleichbehandlung der Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters mit den klassischen Maßnahmen des Erkennungsdienstes entfällt die im bisherigen Recht vorgegebene Bewertung von Anlassverdacht und prognostiziertem künftigen Verfahren nach dem Kriterium der Straftat von erheblicher Bedeutung und die damit verbundenen Verhältnismäßigkeitsabwägungen. Die Maßnahme unterliegt einer allgemeinen Negativprognose im Sinne der Erwartung künftig gegen den Betroffenen zu führender Verfahren, wie sie den Behörden des Polizeidienstes bereits im geltenden Recht für die klassischen erkennungsdienstlichen Maßnahmen aufgegeben ist (vgl. Begründung zu Nr. 2).

Es liegt damit für die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks - jedenfalls jenseits einer Zwangsanordnung für körperliche Eingriffe - auch der Verzicht auf das richterliche Anordnungsverfahren nahe, das in den geltenden Vorschriften der §§ 81f, 81g StPO und § 2 DNA-IFG vornehmlich durch die gesteigerten Vorgaben zur Verhältnismäßigkeit motiviert ist. Der Entwurf schlägt diese Änderung durch Streichung des bisherigen Absatz 1 in § 81f StPO vor und ermöglicht dadurch eine nicht unwesentliche Entlastung der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden durch Vereinfachung des Anordnungsverfahrens. Unter der Bedingung einer Duldung der Zellentnahme kann die Erhebung des Identifizierungsmusters im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen eingeleitet werden. Für die zwangsweise Entnahme von Körperzellen hält der Entwurf freilich in § 81a StPO an dem Vorbehalt einer richterlichen Anordnung unverändert fest.

Der Verzicht auf den Richtervorbehalt gilt für alle Fälle der Erhebung eines Identifizierungsmusters durch molekulargenetische Untersuchung im Strafverfahren und damit für den gesamten Regelungsbereich des neu gefassten § 81e StPO. Die begrenzte Eingriffsqualität der Maßnahme unterscheidet sich nicht danach, ob sie an Körperzellen des Beschuldigten zur Tataufklärung im Anlassverfahren, zu Zwecken künftiger Strafverfahren, an Spurenmaterial oder ausnahmsweise auch an den bei Dritten entnommenen Körperzellen erfolgt.

Zu Nummer 4
( § 81g StPO):

Mit der Streichung wird die bisher eigenständige Vorschrift für die DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfahren aufgegeben. Durch die Gleichbehandlung des genetischen Fingerabdrucks mit dem Daktylogramm und den Verzicht auf die limitierenden Merkmale des qualifizierten Anfangsverdachts sowie der qualifizierten Negativprognose wird der verbleibende Regelungsgehalt in die neugefassten §§ 81a, 81e StPO übernommen.

Zu Artikel 2 (Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes): Zu Nummer 1 (Überschrift):

In der Praxis hat sich für das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz die Kurzbezeichnung "DNA-IFG" eingebürgert. Sie sollte auch formal zugelassen werden.

Zu Nummer 2
(§ 2 DNA-IFG):

Zu a)

Mit der in Absatz 1 geänderten Verweisung auf § 81e Abs. 2 Nr. 3 StPO (anstatt wie bisher auf § 81g StPO) wird der geänderten Verortung der DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfahren in der StPO Rechnung getragen. Zugleich wird in der Konsequenz des Verzichts auf die besonderen Anforderungen des Anlassverdachts in § 81e Abs. 2 Nr. 3 StPO auch für die hier geregelten Fälle der Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters nach rechtskräftiger Verurteilung bzw. nach einer in Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit begründeten Verfahrensbeendigung die entsprechende Einschränkung durch Qualifikation der Anlasstat gestrichen. Die materiellen Voraussetzungen der vorbeugenden Erhebung des genetischen Fingerabdrucks werden daher - wie bisher - für alle Verfahrensstadien gleichgeregelt.

Zu b)

Die Verweisung auf die Vorschriften der StPO wird den dort vorgenommenen Änderungen angepasst. Neben der Streichung des § 81g StPO ist als Folge insbesondere hinsichtlich der Entnahme der Körperzellen die Vorschrift in § 81a StPO insgesamt in Bezug zu nehmen.

Zu Nummer 3
(§ 3 DNA-IFG): Zu a)

Mit der Änderung der Verweisung auf § 81e Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 3 StPO (anstatt bisher auf § 81g StPO) werden bereits in Satz 2 alle Fälle der Erhebung von DNA-Identifizierungsmustern bekannter oder im Falle von Spurenmaterial unbekannter Beschuldigter erfasst. Wie im bisherigen Recht erstreckt sich die Befugnis zur Datenspeicherung nicht auf die nach § 81e Abs. 2 Nr. 2 StPO-E i.V.m. § 81c StPO durch molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen dritter Personen gewonnenen DNA-Muster.

Zu b)

Die Streichung des bisherigen Satz 3 der Vorschrift begründet sich durch den Wegfall der im geltenden § 81g StPO vorgesehenen Beschränkungen des qualifizierten Anfangsverdachtes und der qualifizierten Negativprognose. Der bisher vorgegebenen Übertragung dieser Limitierungen auf den Fall der "Umwidmung" von Identifizierungsmustern, die zunächst mit repressiver Zielsetzung und daher unter weiteren Voraussetzungen erhoben worden sind, ist durch die im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen der §§ 81e, 81g StPO und des § 2 DNA-IFG die Grundlage entzogen.

Zu Artikel 3
(Zitiergebot)

Mit der Vorschrift wird dem in Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Zitiergebot Rechnung getragen.

Zu Artikel 4
(Übergangsvorschrift)

Die Vorschrift enthält eine Übergangsregelung für die durch die Änderungen in Artikel 2 Nr. 2 betroffene Erhebung von DNA-Identifizierungsmustern nach rechtskräftiger Verurteilung bzw. nach einer in Schuld- oder Verhandlungsunfähigkeit begründeten Verfahrensbeendigung nach § 2 DNA-IFG. Es wird klargestellt, dass die auch insoweit vorgesehenen Erweiterungen nicht auf solche Fälle anzuwenden ist, in denen eine rechtskräftige Verurteilung oder eine sonstige in § 2 DNA-IFG vorgesehene Verfahrenserledigung vor Inkrafttreten der Änderungen erzielt wurde. Für die anderenfalls insoweit erneut entstehenden "Altfälle" in beträchtlicher Anzahl wäre eine retrograde Rückerfassung weder praktisch durchführbar noch erforderlich. Nachdem die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden die Aufarbeitung der abgeschlossenen, aus dem Bundeszentralregister aber noch nicht getilgten Verfahren im bisher zugelassenen Bereich der Straftaten von erheblicher Bedeutung weitgehend bewältigt haben, reicht es aus, wenn die erweiterte Befugnis zur vorbeugenden Erhebung des DNA-Identifizierungsmusters nur für die Zeit nach Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen eröffnet wird.

Zu Artikel 5
(Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.