Der Bundesrat hat in seiner 810. Sitzung am 29. April 2005 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Deregulierung des Saatgutrechts
Der Bundesrat stellt fest, dass das geltende Saatgutrecht im Hinblick auf die Anforderungen für den Verkehr mit Saatgut einen viel zu hohen Verwaltungsaufwand verursacht und Regelungen beinhaltet, die besser dem Privatrecht und der Saatgutwirtschaft überlassen werden sollten. Dabei muss die Saatgutqualität im Hinblick auf die Saatgutverbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit der Saatgutwirtschaft erhalten werden.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf die dringend notwendigen Änderungen des europäischen Saatgutrechts hinzuwirken mit dem Ziel, die rechtliche Grundlage für
- 1. die Reduzierung der Arten, die unter die saatgutverkehrsrechtlichen Regelungen fallen,
- 2. die Reduzierung der Kontrolle bei der privaten Feldbestandsprüfung durch die Anerkennungsstelle,
- 3. die Reduzierung der Prüfung auf Beschaffenheit von Saatgut bei anderen Pflanzen als Getreide analog der dort bereits angewandten Regelung,
- 4. den Verzicht auf die amtliche Anerkennung bei der Kategorie "Zertifiziertes Saatgut" (Z-Saatgut) und
- 5. das Inverkehrbringen von Saatgut zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen
zu schaffen.
Mit diesen Maßnahmen werden große Einsparungen in den Verwaltungen erreicht und die Verantwortung der Saatgutwirtschaft für eine einwandfreie Beschaffenheit der von ihr angebotenen Ware gestärkt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, über die Ergebnisse innerhalb von zwei Jahren erneut einen Bericht vorzulegen.
Des Weiteren sieht der Bundesrat die Notwendigkeit, zeitnah eine Konzentration der Saatgutanerkennungsstellen sowie der Saatgutprüfstellen unter Beachtung regionaler Bezüge vorzunehmen. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, unter Einbeziehung der Länder und der Fachverbände eine entsprechende Novellierung des Saatgutrechts schnellstmöglich zu veranlassen.
Begründung
Das Saatgutrecht hat sich historisch entwickelt zu einem Gebiet mit hoher Regelungsdichte und weitreichender staatlicher Aufsicht. Es bedarf einer weiteren Deregulierung und Privatisierung. Der mit dem Vollzug des Saatgutrechts verbundene Aufwand bei Bund und Ländern ist nicht länger vertretbar.
Besonders die Einschränkung der bislang sehr ausgeprägten staatlichen Mitwirkung bei der Festlegung und Kontrolle der Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Saatgut ist überfällig. Der Staat sollte sich darauf beschränken, international einheitliche Normen für den Verkehr mit Saatgut festzusetzen und zu überwachen. Die Saatgutwirtschaft ist imstande, die Qualität ihrer Ware in Eigenverantwortung sicherzustellen, so wie dies bei nahezu allen anderen Warenbereichen längst guter Brauch ist.
Die Bundesregierung schlägt in ihrem Bericht über die Überprüfung des Saatgutrechts (BT-Drucksache 015/2381) verschiedene Maßnahmen zur Verringerung der staatlichen Beteiligung beim Zertifizierungsverfahren von Saatgut bis zum gänzlichen Verzicht auf die Anerkennung von Zertifiziertem Saatgut (Z-Saatgut) vor. Unter den heute gegebenen Bedingungen der Saatgutproduktion ist es denkbar, völlig auf staatliche Aktivitäten in Form der Saatgutanerkennung zu verzichten bzw. alternativ die Zertifizierung auf freiwilliger Basis (bei voller Kostendeckung) zu ermöglichen. Die Abschaffung der amtlichen Z-Saatgut-Anerkennung (bei Beibehaltung der amtlichen Anerkennung für Vorstufen- und Basissaatgut) ist ein erster Schritt in diese Richtung.
Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Vereinfachung des Verwaltungshandelns und der Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die Saatgutwirtschaft besteht national die Notwendigkeit, die Anzahl der eigenständig operierenden Saatgutanerkennungs- und Saatgutprüfstellen zu reduzieren. Hierbei sollten allerdings regional gewachsene Strukturen und Besonderheiten hinreichende Beachtung finden.