868. Sitzung des Bundesrates am 26. März 2010
A.
- 1. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung in nachfolgender Fassung anzunehmen:
- a) Der Bundesrat bekennt sich zur Zeitarbeit, die betriebliche Auftragsspitzen abfängt oder im Falle von Urlaub und Krankheit Vertretungen bereitstellt.
Die Nutzung des Instruments der Zeitarbeit zum Ersatz von "Stammbelegschaften" lehnt der Bundesrat ab.
- b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, welche Gesetzesänderungen erforderlich sind, um den unerwünschten Auswüchsen in der Zeitarbeitsbranche entgegen zu treten.
Begründung
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeitsbranche sind durch eine grundlegende Überarbeitung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) durch das erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt im Jahre 2003 erheblich erweitert worden. Insbesondere durch die
- - Aufhebung des Synchronisationsverbots,
- - Aufhebung des Verbots der wiederholten Befristung,
- - Aufhebung der Begrenzung der maximalen Verleihdauer auf 24 Monate,
- - Aufhebung des Wiedereinstellungsverbots,
- - Möglichkeit, durch Tarifvertrag vom Grundsatz des "equal pay" (Gleiche
Entlohnung wie Stammbelegschaft im Entleihbetrieb) abzuweichen, ist der Zeitarbeit ein deutlich größerer Anwendungsbereich eröffnet worden.
Dies hat unbestritten zu einem ganz erheblichen Beschäftigungsaufbau in der Zeitarbeitsbranche geführt. Allerdings hat sich dabei gezeigt, dass Gestaltungen durch die gesetzlichen Regelungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden die im Ergebnis der ursprünglichen Intention des Gesetzes, nämlich flexible Möglichkeiten für die Arbeitgeber in Ausnahmefällen zu schaffen zuwiderlaufen. Diese Gestaltungen, wie sie zum Beispiel im Fall Schlecker aufgetreten sind und die mit den Stichworten "Umgehung der formalen Voraussetzungen für einen Betriebsübergang", "konzerninterne Leiharbeit" und "Ersetzung der Stammbelegschaft" umschrieben werden können sind unerwünscht und sollen verhindert werden.
Da die Begriffe "Stammbelegschaften" oder auch "konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung" jedoch interpretationsfähig sind, sollten diese in einer gesetzlichen Regelung nicht verwandt werden.
Die Bundesregierung sollte in ihre Überlegungen einen Vorschlag mit einbeziehen wonach eine prozentuale Obergrenze für die maximale Anzahl an Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in einem Betrieb festgelegt werden soll. Die Bezugsgröße für die Anzahl der Beschäftigten in einem Betrieb sollte in Vollzeitäquivalenten ausgedrückt werden.
Dabei sollte auch geprüft werden, ob eine Ausnahmeregelung für kleinere Betriebe erforderlich ist.
Es ist besser, für jeden Betrieb auf die Zahl der Vollzeitäquivalente abzustellen. Hierunter fallen alle im jeweiligen Betrieb Beschäftigten, unabhängig davon ob sie befristet beschäftigt, Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte sind. Durch eine solche Regelung würde einerseits die nötige Flexibilität für die Arbeitgeber - Stichwort "atmende Belegschaft" - gewährleistet, andererseits aber verhindert, dass ein Betrieb in großer Anzahl das vorhandene Personal durch Leiharbeitskräfte ersetzen kann.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der ursprüngliche Entschließungstext erscheint in seinen Eckpunkten zu weitgehend da hierdurch die Möglichkeiten zum Einsatz der Leiharbeit stark eingeschränkt würden. Die Leiharbeit sollte als Instrument für den Aufbau von Beschäftigung weiterhin genutzt werden können. Dem trägt die vorliegende Fassung des Antrags Rechnung.
- a) Der Bundesrat bekennt sich zur Zeitarbeit, die betriebliche Auftragsspitzen abfängt oder im Falle von Urlaub und Krankheit Vertretungen bereitstellt.
B.
- 2. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung nicht zu fassen.