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Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 26. Januar 2012 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
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Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefasst:
- 1. Der Bundesrat unterstützt die Zielsetzung des Gesetzes, die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems gewährleisten zu wollen. In der aktuellen Situation sieht er die Notwendigkeit, im Rahmen des abgestimmten Vorgehens auf EU-Ebene die Stabilität des Banken- und Finanzsektors durch geeignete Maßnahmen zu bewahren und die bankenaufsichtsrechtlichen Befugnisse zu stärken.
- 2. Der Bundesrat erkennt an, dass der Bundestag wichtige Länderanliegen - wie etwa die Stärkung der Kompetenz der BaFin gegenüber der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) - aufgegriffen hat. Er beanstandet aber, dass schwerwiegende Bedenken im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden sind.
- 3. Der Bundesrat lehnt aus folgenden Gründen die weitere Mithaftung der Länder für Garantien und Rekapitalisierungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsfonds ab:
- - Es gibt erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel, ob die im Gesetz vorgesehene Mischfinanzierung von Bund und Ländern im Rahmen der Lastenverteilung des Fonds mit dem Grundgesetz vereinbar ist. - Die im Herbst 2008 von den Ländern im Rahmen des ersten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes übernommenen Ausfallrisiken erstrecken sich lediglich auf Maßnahmen der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA), die bis Ende des Jahres 2010 ergriffen wurden. Die vorgesehene zeitliche und finanzielle Erweiterung der Ermächtigungen der FMSA ist von der damaligen Entscheidung nicht gedeckt.
- - Der Bund hat durch die FMSA die alleinige Verwaltungs- und Entscheidungskompetenz über Stabilisierungsmaßnahmen. Den Ländern steht - abgesehen von dem von ihnen benannten Mitglied des Leitungs- sowie des Lenkungsausschusses - kein signifikanter Einfluss zu. Eine solche Konstellation, in der Bund und Länder haften, der Bund aber die alleinige Entscheidungsbefugnis hat, muss auf die damalige Ausnahmesituation beschränkt bleiben und darf nicht durch wiederholte Übung zur Regel erhoben werden.
- - Den Ländern ist - angesichts der Spar- und Konsolidierungszwänge in den öffentlichen Haushalten, die sich insbesondere aus der Befolgung der Schuldenbremsen ergeben - eine weitere Belastung durch neue Garantien und Rekapitalisierungen nicht mehr zuzumuten. Für die Risiken aus neuen Rettungsmaßnahmen muss daher der Bund alleine einstehen, nachdem er sich dafür entschieden hat, den Finanzmarktstabilisierungsfonds mit aufgestockten Ermächtigungen als aktuelles Kriseninstrument einzusetzen. 4. Der Bundesrat hat erhebliche Zweifel an der Auffassung, dass das Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf:
- - Nach Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes bedürfen Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, der Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes, das mit dem vorliegenden Gesetz geändert werden soll, war unter anderem deshalb zustimmungspflichtig, weil es in § 14 FMStFG eine Befreiung des Finanzmarktstabilisierungsfonds von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer enthält.
- - Da es sich bei dem vorliegenden Gesetz im Wesentlichen um die Wiedereinsetzung des Finanzmarktstabilisierungsfonds handelt, der nicht ohne die Steuerbefreiung beurteilt werden kann, wirkt die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes für das vorliegende Gesetz fort.
- 5. Angesichts der besonderen Bedeutung des Gesetzes für die Stabilität des Finanzsystems sieht der Bundesrat von der Anrufung des Vermittlungsausschusses ab. Dieser Schritt ist an die Erwartung geknüpft, dass die Bundesregierung die durch die weitere Mithaftung den Ländern entstehenden Belastungen an anderer Stelle entsprechend zum Ausgleich bringt.