831. Sitzung des Bundesrates am 9. März 2007
A
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die mit dem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 93/109/EG des Rates verfolgten Ziele, den Unionsbürgern die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts zu erleichtern, dabei doppelte Stimmabgaben und doppelte Kandidaturen zu verhindern und gleichzeitig den hierfür erforderlichen Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
- 2. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass diese Ziele mit der vorgeschlagenen Richtlinienänderung nicht in dem gewünschten Maß erreicht werden können:
Die Vorstellung, die Einführung von Sanktionen sei mit einem Präventiveffekt verbunden, mit dem dem Verbot der doppelten Stimmabgabe ausreichend Rechnung getragen werden könne, erscheint über die Maßen optimistisch. Es besteht Anlass zur Sorge, dass in Ausführung des neuen Artikels 13 der Richtlinie nationale Sanktionsnormen geschaffen werden, deren Tragweite sich darin erschöpft, dass sie in den amtlichen Bekanntmachungen zitiert werden; tatsächliche Möglichkeiten, Verstöße gegen das Verbot der doppelten Stimmabgabe mit einem vertretbaren Aufwand zu ermitteln, dürften kaum bestehen. Sollten die in Artikel 13 Abs. 2 des Richtlinienvorschlags vorgesehenen Informationen über die vorgesehenen Sanktionen zudem jedem nichtdeutschen Unionsbürger zugestellt werden müssen, wird das einen neuen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der die angestrebte Verfahrenserleichterung in Frage stellt.
- 3. Der Zielkonflikt zwischen einer erleichterten Wahlbeteiligung der Unionsbürger, einer Verhinderung doppelter Wahlbeteiligungen und der Einrichtung eines schlanken, in dem engen Zeitrahmen der Wahlvorbereitung funktionierenden Behördenverfahrens könnte dadurch aufgelöst werden, dass für die Ausübung jedenfalls des aktiven Wahlrechts zum Europäischen Parlament ausschließlich das Wohnsitzprinzip vorgesehen wird. Der Bundesrat regt eine Prüfung dieser Möglichkeit zur Änderung der Richtlinie 93/109/EG an und bittet die Bundesregierung, diesen Gesichtspunkt in ihre Verhandlungsposition aufzunehmen.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union widerspricht dieser Empfehlung mit folgender Begründung:
Die Verfolgung dieses Ziels würde eine Änderung von Artikel 19 Abs. 2 EGV voraussetzen, die, selbst wenn man ein reines Residenzwahlrecht für sachgerecht hielte, völlig unrealistisch ist. Darüber hinaus gibt es aber auch sachliche Gründe gegen ein reines Residenzwahlrecht: Es ist zu bedenken, dass dadurch der berechtigte Wunsch vieler Unionsbürger, weiterhin an der Wahl der Abgeordneten des EP in ihrem Herkunfts-Mitgliedstaat teilzunehmen, missachtet würde.
B
- 4. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.