Hin zu einer europäischen Governance-Strategie für Finanzstatistiken
KOM (2004) 832 endg.; Ratsdok. 5049/05
Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Februar 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Der Bundesrat
- - unterstützt das Ziel der Kommission, die Qualität und die Zuverlässigkeit der statistischen Daten zur öffentlichen Haushaltslage zu verbessern;
- - betont die auch durch die neue EU-Verfassung bestätigte und am Grundsatz der Subsidiarität ausgerichtete Zuständigkeit und Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für die Statistiken;
- - unterstützt deshalb die Forderung der Kommission, die wissenschaftliche Unabhängigkeit, Integrität und Verantwortlichkeit der nationalen statistischen Ämter durch europäische Mindeststandards zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Eurostat und den nationalen statistischen Ämtern zur Verbesserung der Qualität finanzstatistischer Daten zu vertiefen;
- - hält dagegen Vorschläge, die über die vertraglich verankerte wissenschaftliche Unabhängigkeit hinausgehend eine organisatorische Verselbstständigung der nationalen statistischen Ämter und die Schaffung eines ministerialfreien Raums vorsehen, für nicht zielführend. Die wissenschaftliche Unabhängigkeit, auf die es in diesem Zusammenhang ankommt, ist durch den EU-Vertrag und den zukünftigen EU-Verfassungsvertrag sowie im konkreten Fall durch den "Kodex bewährter Vorgehensweisen" gewährleistet. Die darüber hinausgehenden Vorschläge sind dagegen im Hinblick auf das verfassungsrechtlich verankerte Demokratieprinzip bedenklich und abzulehnen;
- - unterstützt die Anstrengungen der Kommission zu einer Verbesserung der Überprüfung gemeldeter Daten, hält jedoch die in der Mitteilung aufgeführten umfassenden Kontrollrechte von Basisdaten der öffentlichen Haushalte für äußerst problematisch;
- - verweist auf die bereits bestehenden Kontrollrechte der Kommission bei der Überwachung der nationalen Haushaltsdaten im Rahmen des Defizitverfahrens nach dem "Kodex bewährter Vorgehensweisen" (Schlussfolgerungen des Rates vom 18. Februar 2003), von denen die Kommission bereits jetzt Gebrauch macht und die von ihr noch konsequenter angewendet werden könnten und sollten;
- - betrachtet vor diesem Hintergrund die geforderten erweiterten Kontrollrechte von Eurostat als sehr kostenaufwändig und wenig effizient, da sie allgemein zu einer zusätzlichen Bürokratisierung führen und für diejenigen Mitgliedstaaten, deren statistische Verfahren und Methoden den geforderten Standards bereits entsprechen, nur zu beträchtlichen Mehrbelastungen führen und ansonsten ins Leere laufen;
- - spricht sich vor dem Hintergrund der in jüngster Vergangenheit beschlossenen neuen Statistiken zur Haushaltsüberwachung (Statistik zu den vierteljährlichen finanziellen Transaktionen; Statistik zu den vierteljährlichen nichtfinanziellen Transaktionen; Statistik zu den vierteljährlichen Schulden), die zu einer erheblichen Belastung der Auskunftspflichtigen führen und für deren Verwertbarkeit erst noch Erfahrungen gesammelt werden müssen, gegen eine Einführung weiterer Statistiken und Berichtspflichten aus;
- - kann eine finanziell verbesserte Ausstattung von Eurostat und der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen nur dann unterstützen, wenn sie durch Umschichtungen im EU-Haushalt, also ohne Bereitstellung zusätzlicher Mittel durch die Mitgliedstaaten, erfolgt;
- - verweist im Übrigen auf den Beschluss des Bundesrats vom 14. Februar 2003 zur "Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament und den Rat über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten, die Qualität der statistischen Daten zur öffentlichen Haushaltslage zu verbessern" (BR-Drucksache 918/02(Beschluss) );
- - bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass bei Änderungen im Bereich der europäischen Finanzstatistiken die genannte Position des Bundesrats berücksichtigt wird.